Heinz Plomperg

Alter Postplatz


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      Heinz Plomperg

      Alter Postplatz

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1869, Prolog,

       1873, Weltausstellung

       1881, Alles gerettet!

       1893, Die orientalische Nacht

       1908, Die Byzantiner

       1919, Rot-Weiß-Rot

       1927, Pontremoli

       1938, Die Königskinder ...

       1947, Hurra, wir leben noch!

       1956, Qué Será, Será

       1968, Madre de Israel

       1979, Café Heinz

       Impressum neobooks

      1869, Prolog,

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       Wien I, Innere Stadt, Alter Postplatz, (2005)

      Der Alte Postplatz heißt so, wiewohl es in Wien keinen dazugehörigen neuen oder auch nur eigentlichen Postplatz gibt.

      Er heißt so, weil sich im dort befindlichen ehemaligen Kloster der Augustiner-Chorfrauen St. Nicola, das unter Kaiser Joseph II aufgelöst worden war, eine gewisse Zeitlang die Wiener Hauptpost befunden hatte. Aus unerfindlichen Gründen hatte sich eben diese kurze und eher unbedeutende Periode im Namen des Platzes eingeprägt, der einer der ältesten der Stadt war und dessen jedes einzelne Gebäude darauf Grundmauern aus der Zeit der Babenberger aufwies.

      Unter Heinrich Jasomirgott, dem ersten Herzog von Österreich aus der Familie der Babenberger, der schon als Markgraf die Residenz nach Wien verlegt hatte und seiner zweiten Gattin, der byzantinischen Kaisernichte Theodora Komnena, war das erste Kloster auf dem heutigen Platz entstanden, möglicherweise damals noch außerhalb der Mauern aus der Römerzeit gelegen. Jedenfalls spricht eine sehr frühe Urkunde, - bis heute in der Bibliothek von Klosterneuburg zu besichtigen -, von ursprünglich weitläufigen Gärten in der unmittelbaren Umgebung.

      Die vielleicht seit den Tagen der Herzogin Theodora ohne Unterbrechung existente griechische Gemeinde in Wien behauptet gerne, - wenn auch unbewiesen- , an Stelle St. Nicolas habe sich im Ursprung ein byzantinisches, also griechisch-orthodoxes Kloster befunden, aber die Wiener Griechen behaupten auch, mit Theodora Komnena sei die erste Katze nach Wien gekommen, sowie so ureigene Bestandteile der Wiener Küche, wie der Striezel oder die Palatschinke.

      Immerhin war die Klosterkirche dem Hl. Nikolaus geweiht, einem Heiligen kleinasiatischen Ursprungs und die eigentümliche Schreibweise „St. Nicola“ wies auf einen sehr alten Ursprung hin.

      Die Platzmitte war leer, kein Brunnen, kein Denkmal, keine Grünfläche lenkte den Blick von den Fassaden der Bauwerke ab, deren verschiedene Eigentümer in stillschweigendem Einverständnis nur Sand-, Ocker-, Gelb- oder Weißtöne für die Außengestaltung verwendeten. Zur Zeit wurde er übrigens eben neu gepflastert, um dem Flickwerk der letzten Jahrhunderte endlich Herr zu werden.

      Der Platz war auch nie sehr frequentiert, weder fand jemals ein Markt darauf statt, noch stand er mit den Hauptverkehrsstraßen in Verbindung. Alles in allem war es ein sehr stiller Ort, abgelegen, ein wenig verschlafen, wie die Piazza einer italienischen Kleinstadt während der Siesta. Im Norden endete die Falknergasse im Platz, südlich davon überquerte ihn die Herzoghofgasse und führte über den Platz zur Braunbastei und zur Franz-Josefs Kaserne, beides schmale, mittelalterliche Gassen, mit meist schmalen, mittelalterlichen Häusern, die spätere Generationen mit zeitgemäßeren Fassaden versehen hatten.

      Jenes ehemalige Klostergebäude, mit seiner zurückhaltenden Renaissance-Fassade, nahm die gesamte Ostseite des fast quadratischen Platzes ein, reichte im Hintergrund des Platzes mit zwei Höfen zur Braunbastei und führte mit einem Torbogen sogar noch über die Herzoghofgasse hinweg zu den Bürgerhäusern an der Südseite, was dem ganzen Platz einen ausgesprochen intimen Charakter verlieh.

      Jetzt, im Jahre 1869, nach wechselnder Verwendung, befand sich darin ein „Institut des Demoiselles“, eine Schule, in der „Töchter der höheren Stände“, wie es im hauseigenen Prospekt hieß, auf die Ehe und die Führung eines standesgemäßen Haushalts vorbereitet wurden, dabei aber auch ein Grundwissen jener Unterrichtsfächer vermittelt bekamen, wie sie die Söhne derselben höheren Stände ganz selbstverständlich im Gymnasium erhielten. Es war die modernste Mädchenschule Wiens, privat geführt und entsprechend exklusiv.

      Im Erdgeschoss des Hauses logierten einige Geschäfte, für das Parterre einer Schule ein wenig unpassend. Zur Zeit waren es eine Buchhandlung, ein Goldschmied, eine Modistin und eine Drogerie. Das ganze Gebäude gehörte der Erzdiözese Wien, wie ja die meisten ehemaligen Wiener Klöster und dazugehörigen Grundstücke, alles an Gebäuden, Weingärten und Ackerflächen in den Vororten, nach deren Auflösung ganz allgemein an die Kirche gefallen waren.

      Die Mietverträge der Geschäftslokale liefen jedoch aufgrund jahrhundertelang verbriefter und irgendwie nie veränderter Rechte über die Pfarre St. Nicola, daher ergab sich, dass der jeweilige Mieter des ganzen einstigen Klosterkomplexes keinen Einfluss auf die Vermietung jener vier Geschäftslokale zum Platz hin hatte.

      Ein schmaler Trakt führte um die Ecke zur ehemaligen Klosterkirche und war als Pfarrhaus abgetrennt worden.

      Die Kirche selbst, einer der schönsten Barockbauten Wiens, mit einer sehr gelungenen Trompe-l’œil Scheinkuppel, nahm die restliche Nordfront des Platzes ein und schloss den Platz ab, mit dem Beginn der Falknergasse, wo sich danach eben all jene mittelalterliche Häuser mit Renaissance- und Biedermeierfassaden aneinander reihten. Nach Auflösung des Klosters war St. Nicola nämlich eine etwas überdimensionierte Pfarrkirche geworden und bisher hatte noch jeder Pfarrer aufgrund der phänomenalen Akustik, der hohen Erhaltungskosten und der geringen Pfarreinnahmen dort zu Chören und Konzerten gebeten.

      Die Wiener gingen gerne zu den Konzerten in St. Nicola, wo auch so mancher ausländischer Solist auftrat. Man war sich einig über die geniale Akustik ebenso, wie über die unglaubliche marmorne Kälte im Inneren der Kirche, die selbst im heißesten Sommer ungemütlich war, im Winter erst recht das Tragen von Pelzen und die Mitnahme von Plaids erforderte.

      Aber das Wiener Kulturpublikum ist seit jeher hart im Nehmen und pilgert an die unmöglichsten Orte, wenn es etwas geboten bekommt.

      An der Südseite des Platzes, an den Torbogen des Klosters anschließend, standen zwei eher schlichte Bürgerhäuser,