Tanja Lauber

Fabelfeuer


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Boden entlang. Fidibus, das Alpaka, folgte ihm mit treuem Schritt. Zwerg Schlampel Pampel war klar, dass er auf heißer Spur war, denn der Geruch, den er riechwärts vernahm, wurde immer deutlicher. Seine Nasenflügel hoben und senkten sich gespannt in einem Rhythmus, so als gäbe der Geruch selbst einen Takt vor. Der Takt steigerte sich, ja er musste nah dran sein an einem Fabeltier. Der Riesenbabyzwerg sah nur den Boden unter sich, denn er war so sehr aufs Erschnuppern der Geruchsfährte konzentriert. Auf einmal hörte er wie Fidibus hinter ihm anfing unverständliche Laute von sich zu geben, es war eine Art Babygeplapper. Fidibus wollte eindeutig etwas sagen, doch vor Staunen fielen ihm die Worte nicht ein: „Bah Bah, huh, hem.“ Das war etwas Charakteristisches für das Alpaka. Wenn es eine Beobachtung machte, die es in höchstes Staunen versetzte, konnte es nur noch babyhafte Laute von sich geben; auch wenn Fidibus ansonsten einer äußerst eleganten Sprache habhaft war. Schlampel Pampel drehte sich zu Fidibus um: „Was siehst du Fidibus?“ „Hem, Huh, BahBah.“ Der Zweg wusste, dass er nun einfach dem Blick des Alpakas folgen musste, um das Beobachtungsobjekt ausfindig zu machen. Fidibus Blick fiel direkt vor die Füsse von Schlampel Pampel. Da lag sie, die blaue Feder, die Tuday während seiner Verwandlung in einen Jungen wohl irgendwie verloren haben musste. „Ha!“, riefen Fidibus und Schlampel Pampel gleichzeitig. „Ein Fund ersten Grades, lieber Fidibus“, ergänzte der Zwerg. „Ohne dich hätte ich die Feder auch gefunden, ich war ja direkt davor, aber sei jetzt nicht traurig Fidibus, denn alle großen Forscher brauchen große Begleiter. Fein Fidibus“, und er tätschelte dem stolzen Alpaka die Seite. Fidibus räusperte sich: „Nun, sie denken wohl ich sei nur ein mitwatschelnder Begleithund und sie würden alle Entdeckungen machen. Doch ich war es nicht, der wie ein Hund am Boden herumgekrochen ist. Ich hatte den Überblick und habe die Entdeckung zuerst gemacht. Verzeihen sie mein Babygeplapper, aber was soll ich sagen, wenn ich nur staunen kann.“ „Also gut, wir haben die Entdeckung zusammen gemacht Fidibus, bist du jetzt zufrieden?“ „Halbwegs“, ereiferte sich Fidibus und lächelte etwas selbstgefällig. „Und nur zu ihrer Information, sie müssen mich nicht tätscheln, ich brauche kein mitleidiges Lob.“ Während sie so miteinander herumkommunizierten, war ihnen nicht aufgefallen, dass sich ihnen in der Zwischenzeit jemand von der Seite her genähert hatte. Und gerade als sie ihn erblickten, hob das rothaarige, schmächtige Menschenwesen mit kühnem Blick die Feder auf. „Halt Junge, lass die Finger von diesem wertvollen Fundstück, das habe ich gefunden.“ „Herr Schlampel Pampel meint halbwegs wir haben sie gefunden und im Ganzen eigentlich ich. Darf ich mich vorstellen, Fidibus, kein Geringerer, als der lichtbringende Begleiter dieses schnell wütend werdenden Zwerges. Verzeihen sie seine barschen Worte, er verfügt über kein sehr gepflegtes Vokabular.“ „Klappe halten Fidibus, ich bin immer noch dein Vorgesetzter. Und was heißt hier kein gepflegtes Vokabular, wer lallt denn manchmal in Babysprache, du oder ich?!“ Schlampel Pampel wurde vor Wut schon rot. Was ihm häufig passierte. „Das hat er manchmal, aber sie müssen sich keine Sorgen machen wegen seiner roten Gesichtsfarbe, die verfliegt wieder, wenn er sich beruhigt hat.“ Unter der Mütze von Herr Schlampel Pampel, wie Fidibus ihn nannte, dampfte es schon. Das konnte auch vorkommen bei gewissen Wutgraden, je nachdem wie heiß er eben wurde vor Wut. „Schnauze Fidibus. Und jetzt zu dir Junge, her mit der Feder.“ Er wollte sie Tuday entreißen, doch noch bevor er sie fassen konnte, hatte der Junge sie schon in seine Tasche gesteckt und lief davon. „Fidibus! Verfolgung aufnehmen!“ schrie Herr Schlampel Pampel und stürmte los. Doch Fidibus hatte bisher nur sehr selten sein Tempo erhöht. Er stolzierte langsam und bedächtig weiter, im gleichen Schritt wie zuvor. Sollte doch Schlampel Pampel sich abmühen, er hatte das nicht nötig. Der Riesenbabyzwerg hatte Tuday schnell eingeholt. Schließlich war er 2 Meter groß und kräftig und konnte sich dementsprechend schnell voranbewegen. Er packte Tuday am Kragen: „Rück die Feder raus! Oder ich werde ungemütlicher.“ „Ok, ich gebe dir die Feder, wenn du mir sagst zu welchem Tier sie gehört und warum sie für dich so wichtig ist.“ „Ich hatte die Feder auf meinem Weg gefunden und auf meinem weiteren Weg ist sie mir wohl verloren gegangen. Hatte mich gefreut, als ich sie wieder gefunden habe.“

      Schlampel Pampel ließ ihn los und Tuday gab ihm die blaue Feder. „Also kleiner Rotschopf, erst mal zur Erklärung: Alle Sachen die Fabeltiere verlieren, also alle Fabeltierfundsachen, sind Eigentum der Zwerge. Es ist also völlig egal, ob du die Feder gefunden hast, sie ist Zwergeneigentum.“ „Wer bestimmt das?“ fragte Tuday. „Das bestimmen wir Zwerge selbst.“ „Dann bestimmt ihr also Sachen, die euch selbst nützen?.“ „Ja“, erwiderte Herr Schlampel Pampel stolz, denn er hielt solch eine Gesetzgebung für außerordentlich fortschrittlich. Tuday sah den Riesenzwerg skeptisch an. Doch der bemerkte das gar nicht, da er immer noch im Zwergenstolz schwelgte und sich nun ereiferte einen Vortrag zu halten, denn es kam nicht oft vor, dass er jemanden traf, der ihm Fragen stellte. Dass dies nun ein Mensch war, interessierte ihn nicht im Besonderen, da er sich als Forscherzwerg ausschließlich für Fabeltiere interessierte.

      Tungosh Federli

      „Die blaue Feder ist einer der kostbarsten Schätze auf den fabulösen Wegen von Teandernal. Sie heißt Tungosh Federli. Es gibt nur zwei Fabeltiere von denen sie stammen kann. Von welchem der beiden kann ich nur anhand der Feder nicht erkennen, denn beide Fabeltiere besitzen Tungosh Federlis. Zum einen die Blaufederkatze Mirror, die mit einem kompletten Federkleid aus diesen zauberhaften Federn ausgestattet ist. Zum anderen Mortima, die blaugeflügelte Schlange, deren zwei Flügel aus Tungosh Federlis bestehen. Die Federn beider Tiere besitzen das Wissen über die Heilkräfte und Gifte der Natur Teandernals. Die blauen Tungosh sind weder gut noch böse; sie sind neutrale Wissensträger der Naturwirkungskräfte, also der gefährlichen Segmente ebenso wie der heilsamen Inhaltsstoffe. Dieses Wissen können andere Lebewesen von Teandernal nur erfahren bzw. nutzen, wenn eines der beiden Fablern gewillt ist seine ihm anliegenden Tungosh Federlis zu befragen. Die Blaufedern sind deshalb so selten zu finden, da Mirror und Mortima ihre Federn nie einfach so verlieren. Sie wachsen direkt aus ihren Herzen. Nur mit äußerster Gewaltanwendung könnte jemand diesen Tieren eine Feder entreißen. Deshalb ist es so sternegreifend erstaunlich, dass solch eine Blaufeder auf einem fabulösen Weg lag. Katze Mirror habe ich schon einige Male eingehend studiert und dabei auch kennengelernt. Sie ist eines meiner Lieblingsfabeltiere; lebt in magischer Schönheit, die von ihrem Herzen ausgehend nach außen dringt; um sich herum versetzt sie ihre Umgebung, in der sie sich bewegt, in ein zauberhaftes Funkeln. Dieses Funkeln reicht dreizählige Teandernalkreise weit, das ist ganz schön weit. Mirror zieht sich auch manchmal tagelang zurück, nicht weil sie unglücklich wäre, sondern weil sie ab und an Kraft tankt aus einer Weite, die sie in sich selbst entfaltet. Doch sie genießt auch immer wieder die Gesellschaft anderer Fabelwesen, wie zum Beispiel auch meiner hochgeschätzten fabelhaften Person. Aber das nur am Rande. Die Blaufederkatze ist auch bisweilen dankbar für eine kleine Unterstützung anderer anderer Teandernalbewohner. Mirror mit dem bauen Federkleid legt Spiegeleier, Eier in denen man sich spiegeln kann. Die Eierschale der Spiegeleier besteht wohl aus spiegelndem Mineralstein. Was allerdings kein vollständig belegtes Wissen ist, da ich es nicht ganz feststellen konnte, ich weiß es nicht wirklich. Das Küken kann nur dann schlüpfen, wenn sich ein anderes Fabelwesen in der Spiegelschale spiegelt. Am Anfang ist das Küken eine Art Federball, ein herumspringender Ball, der rundum mit Federn bedeckt ist. Der Kükenfederball springt sich in Form. Das heißt, er entwickelt seine spätere Fabeltiergestalt erst nach tagelangem Springen. Nach und nach fallen ihm fast alle Federn aus. Bei den Küken verhält es sich anders als bei Mirror selbst. Bei ihnen wachsen die Federn nicht direkt aus ihren Herzen. Die Kükenfedern sind auch nicht blau, sondern lichtähnlich, also eher farblos; diese Federn leuchten wie Sonnenlicht. Wenn das Küken ausgefedert hat, der Federball beim Springen seine Fabeltierform entwickelt hat und dabei fast alle Federn verloren hat, bleiben schließlich nur noch eine Handvoll Federn übrig, die wie Haare aus dem Kopf wachsen. Niemand weiß wieviele Spiegeleier Mirror schon gelegt hat oder wieviele Küken schon geschlüpft sind. Das Spiegelei selbst ist unabhängig von Teandernals Raumzeit. Das kann ich nach meinen bisherigen Forschungsergebnissen sagen. Es kann Jahre, Jahrzehnte, auch Jahrhunderte daliegen, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich ein Fabeltier in ihm spiegelt und dem Federballküken so dazu verhilft, aus dem Spiegelei herauszuspringen. Die Ballküken entwickeln beim Springen überraschende Fabeltierformen. Kein aus einem Federball entstandener Fabler hat die gleiche Form wie ein anderes Fabelwesen aus einem Spiegelei. Mirror sehen sie schon gar nicht