Tanja Lauber

Fabelfeuer


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für mich. Wie du ja nun weißt habe ich eine äußerst wichtige Position in der Zwergengesellschaft; ich karre ja immer wieder neues Wissen an, das die Zwerge zu neuen Erkenntnissen führt.“ Zwerg Schlampel Pampel rückte sich seine Zwergenmütze zurecht, denn im hitzigen Eifer seiner Erzählung, vor lauter Begeisterung über seine eigenen Worte, hatte er zu schwitzen begonnen, dadurch war seine Mütze auf den glitschigen Schweißperlen verrutscht. Der Riesenbabyzwerg Schlampel Pampel lutschte am Daumen. Durch die Leidenschaft, die er in seinen Vortrag gelegt hatte, war er nun sehr müde. Wenn der Zwerg müde war lutschte er am Daumen. Da räusperte sich jemand hinter ihm. Alpaka Fidibus hatte nun mit seinem überdurchschnittlich gemächlichen Schritttempo endlich die beiden erreicht; sofort ergriff es das Wort: „Lutscht er wieder am Daumen, dann hat er wohl gerade einen Vortrag gehalten über die Fabeltierwelt und ist jetzt sehr müde das Riesenbaby“, wendete sich Fidibus halb an Schlampel Pampel, doch mehr an Tuday. „Wenn es um Fabler geht, kann er sich ausnahmsweise gut ausdrücken. Dabei vergisst er seine ansonsten grobschlächtige, bisweilen rüppelhafte Sprache. Am Daumen lutschend schläft das Forscherbaby eh man sich`s versieht ein. Babys brauchen ja bekanntlich viel Schlaf.“ Schon hatte sich Schlampel Pampel auf dem Boden ausgebreitet, streckte alle Viere von sich und schnarchte.

      Der spinnenbeinige Echsenkopf

      „Er kann in den bizarrsten Situationen einschlafen. Ihn zu wecken ist so gut wie unmöglich, da er so tief und fest schläft wie ein Mormeldier im Winterschlaf. Einmal haben wir gegen einen spinnenbeinigen Echsenkopf gekämpft. Echsenkopf war so groß wie drei wuchtige Melonen, getragen von 16 haarigen Spinnenbeinen, ohne Körper dazwischen. Echsenköpfe haben in jedem ihrer Beine eine Art Minihirn. Sie denken also mit den Beinen, reagieren auf jede Vibration, die sie am Boden mit ihren tausendfachen Haaren ihrer Laufwerkzeuge spüren. Sie haben weder Augen noch Ohren, auch keinen Geruchssinn. Ihr Kopf ist hohl, hat eine echsenhafte Gestalt und dient nur dazu, das scharfzähnige Maul zu halten. Manchmal surren auch Fliegen in seinem Kopf herum, die so klein sind, dass das Echsenmaul sie nicht zerschneiden kann. Die Zähne drehen sich im Maul wie an einer Drehscheibe befestigt, zermahlen was ihnen zwischen kommt. Echsenkopf kann sein Maul nicht schließen. Zermalmt nur deshalb, weil er nichts anderes kann. Für ihn selbst ist das malmende Zähnedrehen nichts Schlimmes. So ist der Echsenspinnige wohl an sich nicht als einfach nur bösartig zu bezeichnen. Er läuft wie ein Motor, der funktioniert, doch keine Ahnung davon hat was er tut; er riecht, hört und sieht es nicht.“, schloss Fidibus seine Ausführung zu dieser langbeinigen Hohlkopfgattung. So ein sinneferner Automatismus – fällt mir spontan dazu ein. „So wie ein Roboter“, warf Tuday ein. „Was ist ein Roboter? Ist das auch ein Fabeltier?“ fragte Fidibus, nun sehr neugierig geworden. „Nein, ein Roboter ist kein Fabeltier, Roboter gibt es wirklich.“ „Woher kommen Roboter?“ Fidibus war begierig darauf etwas Neues zu lernen. „Roboter werden von Menschen erfunden.“ „Dann gibt es sie doch gar nicht wirklich, dann sind sie doch nur erfunden“, erdachte und sprach Fidibus interessiert verblüfft. Schlampel Pampel sprang plötzlich auf: „Ich habe ausgeschlafen, können wir jetzt weitergehen! Ich habe zu forschen.“ „Immer langsam Herr Schlampel Pampel, ich berichtete dem jungen Tuday gerade von unserem Abenteuer mit dem Echsenkopf und das Wichtigste habe ich noch nicht erzählt; nämlich wie sie den spinnenbeinigen Kopf tollkühn, mit außergewöhnlicher Schläue, besiegt haben.“ „Du wirst schon wieder frech Fidibus, willst dich schon wieder über mich lustig machen.“ Fidibus schaute wirklich überheblich grinsend zu dem 2-Meter-Zwerg hoch, welcher dem Blick des Alpakas mit grummeliger Miene begegnete. „Aber nein geschätzter Herr Schlampel Pampel, wie könnte ich sie denn veralbern, so groß und stark wie sie sind. Tuday interessiert sich bestimmt für ihren Siegeszug. Also, der Echsenkopf kam auf unsere Spur; mit seinen 16 Spinnenbeinen hat er unsere Bewegungen gewittert. Als ich ihn bemerkte, bin ich natürlich sofort ruhig stehengeblieben, was das einzig sinnvolle in so einer Situation ist. So verliert der Echsenkopf sofort die Spur, er kann ja nur mit den Beinen denken, indem er die Vibrationen am Boden aufnimmt. Herr Schlampel Pampel hat den Echsenkopf schon mehrmals aus weiter Ferne studiert und kannte seine Eigenart genauso wie ich. Doch wie es seinem Naturell entspricht, blieb der Riesenbabyzwerg nicht stehen so wie ich, sondern er wurde ganz hektisch, rannte zuerst im Kreis herum, was er üblicherweise macht, wenn er hektisch wird und nicht klar denken kann. Der scharfzähnige Hohlkopf hatte sich ihm schon weiter genähert, seine spitzen Schneidewerkzeuge routierten im Kreis. Herr Schlampel Pampel rannte so schnell er konnte, woraufhin auch der Echsenkopf das Tempo erhöhte, denn er konnte den Herrn Zwerg durch dessen schnelle Fortbewegung ausgezeichnet wittern. So ein 2-Meter-Zwerg-Koloss kann sehr schnell werden, das hast du ja selbst vorhin bemerkt. Er war dem echsengesichtigen Spinnenbein nur noch ein ganz kleines Stück voraus. Und dann kam der Clou. Herr Schlampel Pampel steckte mitten im Rennen den Daumen in den Mund, ließ sich mit seinem gut gepolsterten Po auf den Boden plumpsen, legte sich hin, streckte alle Viere von sich und schlief im Nullkommanichts, auf der Stelle ein. So wie vorhin, einfach weil er müde geworden war vom Rennen. Herr Schlampel Pampel ist seinem Schlafbedürfnis wirklich sehr verbunden. Der augen-und ohrenlose Vielzähnige blieb im Nullkommanichts, auf der Stelle stehen; da seine haarigen Beine den schlafenden Schlampel Pampel nicht mehr wittern konnten. Es war nur noch das laute Summen einer Fliege zu hören, die sich in dem großen hohlen Kopf verirrt hatte. Ach, da war außerdem noch etwas zu hören: Das Schnarchen des heldenhaften Herrn Schlampel Pampel, der wahrscheinlich davon träumte wie er den Echsenkopf mit bloßen Händen besiegte. Doch die 16 haarigen Spinnenbeine trugen den surrenden Kopf schon in eine andere Richtung, dahin wo sie eine neue Witterung aufgenommen hatten. Herr Schlampel Pampel hatte schlafend gesiegt. Man könnte also sagen der dicknäsige Riesenbabyzwerg lebt nach dem Motto: Daumen in den Mund, so bleib ich rund und gesund.“

      Fidibus zeigt Zähne

      Fidibus kicherte. Tuday kicherte. Schlampel Pampel war einfach weitergelaufen, er hatte jetzt keine Zeit für die kindischen Spötteleien seines Begleiters; schließlich warteten bedeutungsvolle Forschungsstudien auf ihn; es gab Fabeltiere zu entdecken. Vielleicht würde er bahnbrechende Entdeckungen machen und so der berühmteste Forscherzwerg aller Zeiten werden; der berühmteste Forscherzwerg Teandernals. Schlampel Pampel lächelte bei diesem Gedanken beseelt. Fidibus und Tuday liefen gemächlich hinterher. „Steig auf“. Tuday kletterte wie selbstverständlich auf den Rücken des Alpakas. Normalerweise lief Fidibus meist immer im selben gemächlichen Tempo, doch kaum saß der rothaarige Junge auf dem Tier trabte es los, als hätte jemand aufs Gaspedal gedrückt. Das Alpaka freute sich, denn es hatte noch nie einen Reiter getragen. Schlampel Pampel war ja viel zu groß und schwer. Würde der Riesenzwerg aufsteigen, könnte er gleich selbst mitlaufen, da seine Füße bis zum Boden reichten. Das Alpaka hatte den stämmigen Zwerg einmal auf den Rücken genommen, beide kamen sich dabei sehr lächerlich vor und so blieb es bei diesem einen kläglich Versuch. Schlampel Pampel stapfte mit geschäftigen Schritten weiter. Neben ihm Fidibus, der ihn im schnellen Galopp eingeholt hatte. Auf dem Rücken des Alpakas saß Tuday, ein schmächtiger Junge mit sommersprossigem Gesicht, und fühlte sich wie ein Prinz. Sein rote langes Haar und sein goldener Umhang flatterten sanft im Wind. Er fühlte sich wie ein Prinz, der hinauszog, um eine Welt zu entdecken. Eine Welt, die ihm mit jedem Tag ein bisschen vertrauter wurde. Tuday bewegte sich durch Teandernal, er war bereits mittendrin und fühlte sich stark. Schlampel Pampel hatte Tuday zwar nicht dazu eingeladen ihn und Fidibus zu begleiten, doch es war ihm völlig egal, dass der Junge sich ihnen so mir nichts dir nichts angeschlossen hatte. Tuday fand Schlampel Pampel und Fidibus sehr unterhaltsam und jeden auf seine Art liebenswert. Das genügte ihm, sich den beiden anzuschließen. Fidibus kam aus dem Grinsen gar nicht heraus, er freute sich so sehr, dass er nun mehr Gesellschaft hatte, als diesen ruppigen, oft brummeligen Riesenbabyzwerg. Fidibus fand Tuday einfach putzig, so einen kleinen Menschen hatte das Alpaka zuvor noch nie gesehen. Das rothaarige Menschenkind war ja wie dafür gemacht, auf seinem Rücken zu sitzen. Außerdem fand Fidibus diesen rothaarigen Menschenzwerg sehr nett, er konnte so gut zuhören, erschien ihm umgänglich und liebenswert. Fidibs hatte im Unterschied zu Schlampel Pampel, der sich ja nur für Fabeltiere interessierte, wirklich Lust Tuday besser kennenzulernen. So grinste Fidibus vor sich hin und kam sich dabei selbst etwas seltsam vor, denn er war nicht so geübt im Freuen. Fidibus hatte nur sehr wenig Erfahrung im Lächeln. Als Begleittier seines Chefs