Manuela Tietsch

Im Bann des Bernsteins


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würde seine Wohnung, nur für ein oder zwei Tage Feierlichkeiten, in dieser Form umbauen oder einrichten. Die Stuben waren eng, dunkel, mit kleinen Holzmöbeln, wie Hocker, Truhen und je einem Holztisch in der Mitte. Selten stand eine Kerze oder Öllampe auf den Tischplatten. Ihr fröstelte es. Hatte sie je schon einmal ein so echt gespieltes Mittelalter erlebt?

      Nein nie, wenn sie ehrlich mit sich war. Kein Mittelaltermarkt war jemals so wirklichkeitsnah gewesen. Und immer wieder streiften sie misstrauische, oder gar anzügliche Blicke.

      In einiger Entfernung lief Lovis hinter ihr her. Er wunderte sich sehr über diese seltsame Frau. Gehörte sie womöglich zu den Leuten um Hans Bunting? Er musste ihn unbedingt fragen. Hoffentlich bemerkte sie nicht, dass er ihr folgte; er war so neugierig, was sie wohl als nächstes vorhatte. Vielleicht würde sie böse werden, wenn sie ihn bemerkte. Doch sie gefiel ihm so sehr. Eine solche Frau hatte er noch nie gesehen, wenn sie auch mit ihren albern kurzgeschnittenen Haaren recht eigenartig aussah. Ebenso ihre seltsame Bekleidung; so rannte keine anständige Frau herum, und doch hatte sie ihm ihr Brötchen geschenkt, einfach so. War das denn nicht anständig? Solch eine Mutter zu haben, wäre bestimmt sehr schön!

      Amber blickte verstohlen auf ihre Armbanduhr. Tatsächlich traute sie sich nicht öffentlich einen Blick darauf zu werfen, aus Angst vor den Leuten. Das blöde Ding war stehen geblieben, genau um zwölf Uhr. So ein Mist, dachte sie ärgerlich. Sie musste doch irgendwo eine Kirchturmuhr finden. Wo sie auch hinschaute, sie fand keine Uhr. In einiger Entfernung konnte sie zwar einen Turm entdecken, aber keine Uhr. Das war zu lächerlich, nach Lächeln war ihr andererseits überhaupt nicht zu Mute.

      Und wenn er doch Recht hatte! Wenn, ja, wenn! Wenn es der Wahrheit entsprach, und sie sich im Mittelalter befand, dann gab es natürlich keine Kirchturmuhren. Erschöpft von den Gedanken, die sie so sehr verwirrten und vom Umherirren in der Stadt, die sie zwar als Hameln wiedererkannte, aber nicht als jenes, in dem sie aufgewachsen war, ließ sie sich ein weiteres Mal auf einem dieser eckigen Steine nieder, die an den Gassenrändern standen. Wofür die wohl waren, fragte sie sich erst, obwohl sie diese schon in der Nacht bemerkt hatte.

      Müde wanderte ihr Blick über den Platz, an dessen Rand sie saß. Anscheinend war sie auf dem alten Marktplatz gelandet. Vielleicht konnte sie am Stand der Sonne die Uhrzeit erkennen? Sie schirmte die Augen mit der Hand ab, derweil sie nach oben schaute. Hm, vermutlich Mittag?

      Enttäuscht über ihre eigene Unfähigkeit, ließ sie die Hand wieder sinken. Warum nur hatte sie so wenig Anteilnahme an solchen Dingen gezeigt, als sie in der Schule die Gelegenheit dazu hatte! Jetzt könnte sie davon Gebrauch machen. Hinterher war man immer klüger!

      Enttäuscht ließ sie ihre Augen über den Platz wandern und entdeckte zwei Paare, die schlendernd auf sie zukamen. Nicht so schlendernd, wie sie es von den Liebespaaren ihrer Zeit gewohnt war, sondern eher im Sinne von langsam, überlegte sie.

      Das war die Gelegenheit, einen Versuch wollte sie noch wagen. Entschlossen stand sie auf, um ihnen entgegen zu gehen. Die vier warfen ihr argwöhnische Blicke zu. Wieder einmal mehr fühlte sie sich unwohl in ihrer Haut, völlig fehl am Platze. „Hallo, entschuldigen sie bitte, aber könnten sie mir die Uhrzeit sagen? Und den kürzesten Weg zur nächsten Gaststätte?“

      Der große Mann mit dem roten Schnauzbart und einer braunen samtenen Weste blickte abfällig auf Amber hinunter. Unter seinem Blick fühlte sie sich winzig, zerbrechlich und vollkommen nackt. Warum eigentlich dachte sie trotzig, sie hatte doch nichts verbrochen, noch etwas zu verbergen.

      „Was wollte wohl so eyne wie sie im Gasthaus? Sie hätt an eynem anständigen Orte nichts zu suchen, Weyb! Geh sie zu ihres gleychen, vor die Stadt. Pack zu Pack!“

      Amber spürte wie die Wut in ihr stieg. Was erlaubte sich dieser blöde Fatzke eigentlich. So höflich, wie es ihr noch möglich war, fragte sie. „Bitte?“

      Der zweite Mann mischte sich ein. Er war gut einen Kopf kleiner als der andere. Seine blonden, künstlich gewellten Haare lagen perfekt um seinem Kopf, liefen in einer leichten Rolle auf der Schulter aus. Er trug ein rotes Samtkostüm, was seinen gepflegten Gesamteindruck auf andere nur verstärkte. „Gehe sie zum Armenhaus, Frau, vielleycht findet sie dort eyn Mahl und eyne Unterkunft. Dort werden sie wohl kaum eynen Unterschied zwischen eynem Bettler, oder eynem treuelosen Eheweyb machen.“

      Sie konnte es nicht fassen. Was hatte der Kerl eben zu ihr gesagt, treuloses Eheweib? Sein Ton war zwar bedeutend freundlicher, als der des anderen, aber er dachte kein Stück besser von ihr. Sie blickte zu den beiden Frauen hinüber, die einige Schritte weiter weg standen, in sicherer Entfernung. Keine von beiden wagte einen Blick zu ihr. Hatte sie etwa die Pest? Sie schüttelte fassungslos den Kopf.

      „Treulose Eheweiber, ihr habt sie wohl nicht mehr alle!“

      Die Männer tauschten überhebliche Blicke, während die Frauen noch einen weiteren Schritt zurück wichen.

      „Ich rufe sogleych nach den Bütteln, wenn sie uns weyter belästigte.“

      Sie fand keine Worte mehr. Die benahmen sich ungeheuerlich, diese Kerle.

      „Sie fänd das Armenhaus am Stadtrand. Und wenn ich ihr eynen guten Rat geben sollt, Frau, so bedecke sie ihr Haupthaar!“

      Der größere von beiden blickte den anderen scharf an. „Herr Gerret, ich müßt mich doch schwer wundern. Was verteylet ihr noch Ratschläge, an solch eyn Pack?“

      Gerret schien es nicht zu stören, dass ihn der Große rügte. Er deutete mit dem Ausgestreckten Arm, Amber den Weg nach rechts und nickte ihr tatsächlich noch aufmunternd zu.

      Als er zu seiner Frau ging, um ihren Arm zu führen, hatte diese einen hochroten Kopf. Beschämt blickte sie zur Seite, als ihr Mann sich ihr zuwandte.

      Amber konnte es nicht glauben. Sie blickte den vieren unangenehm berührt hinterher.

      Als sie außer Sicht waren, schritt sie mutig in die angezeigte Richtung. Es dauerte allerdings noch eine ganze Weile, ehe sie durch die Gassen, die so fremd wirkten, den Weg bis zum Armenhaus fand. Ganz abseits, damit auch ja niemand sonst gestört wurde. Fast wie bei uns Zuhause, schoß es ihr durch den Kopf. Was dachte sie da, sie wollte doch nicht etwa glauben, dass sie sich in einer anderen Zeit befand!?

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