Gabriela Hofer

Die verflixte dritte Leiche


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Jessie.“ Diese strahlte sie an, immer erfreut über ein Lob. „Danke, Feli. Es war aber auch nicht schwer, dieses kleine Kerlchen zu halten.“ Das kleine Kerlchen fand nun langsam, es hätte genug still halten müssen und fing an zu zappeln. „Hoppla“, lachte Jessica, „dann wollen wir mal dein Frauchen herein rufen.“ Sie nahm das Meerschweinchen gekonnt auf den Arm und ging Richtung Türe, als diese aufgestossen wurde. Beide Frauen erschraken, als sie Hanna erkannten, die kreidebleich auf sie zu kam. Verstört sagte sie: „Feli, Jessie, es ist etwas ganz schreckliches geschehen. Eine dieser von Romeo und Moon ausgebuddelten Leichen …“ sie stockte einen Moment, „ist mein verschwundener Ex-Mann Felix und er wurde ermordet!“ Felicitas und Jessica sahen sich überrascht an. Doch bevor eine von beiden etwas sagen konnte, traten die beiden Ermittler ins Sprechzimmer. „Sie!!“ Felicitas schrie es so laut heraus, dass alle Anwesenden erschrocken zusammen zuckten und das arme Meerschweinchen wie von der Tarantel gestochen wieder zu strampeln begann. Sein Frauchen war den beiden Fahndern ins Zimmer gefolgt. Besorgt um ihren Liebling, sagte sie nun: „Frau Doktor Moser, was soll dieser Auflauf hier? Was fehlt denn nun meinem Mäxchen?“ Da Felicitas nicht in der Lage war, auch nur ein Wort zu sagen, übernahm Jessica die Regie: „Es fehlt ihm nichts. Er hatte nur zu lange Zähnchen. Wir haben sie abgefeilt. Nun kann er wieder ganz normal fressen. Achten Sie doch bitte darauf, dass er zwischendurch immer wieder mal einen Knabberstengel bekommt.“ Sie übergab den kleinen Kerl an sein Frauchen, welche ihn überglücklich in Empfang nahm und ihn in den extra für Kleintiere gedachten Transportkorb setzte. Mit einem misstrauischen Blick auf die beiden Männer bedankte sie sich bei Feli und Jessica, verabschiedete sich und verliess eilig die Praxis. Marius starrte Felicitas unterdessen mit hartem Blick an. Felis Augen hingegen sprühten Blitze. Sicherheitshalber übernahm Roland die Regie: „Frau Moser, leider ist es so, wie Frau Peter gesagt hat. Bei einem der Toten handelt es sich um Felix Peter. Wir bearbeiten diesen Fall.“ Ohne den Blick von Marius Rötlin zu nehmen antwortete Felicitas: „Es ist schön, Sie wieder zu sehen, Herr Pfeiffer. Allerdings sind die Umstände weniger schön.“ Jessica hatte sich währenddessen der völlig verstörten Hanna gewidmet gehabt und fragte nun: „Wie wurde er denn ermordet?“ Rolands Blick glitt bewundernd über Jessicas Gestalt, dann: „Das ist Umstand der Ermittlungen. Sorry, dazu kann ich keine Angaben machen. Der Todeszeitpunkt war nicht mehr genau zu eruieren, doch meinte die Forensik, dass er dort sicher schon zwei Jahre gelegen hat.“ Hanna schaute entsetzt zu den beiden Ermittlern hin. Mit zittriger Stimme sagte sie: „Das ist genau der Zeitpunkt, als er verschwand. Wie Sie sicher wissen, gab ich eine Vermisstenanzeige auf.“ Marius betrachtete sie genau, als er nun die folgenden Worte sagte: „Sie haben sich aber sehr schnell getröstet, Frau Peter. Ein Jahr später waren Sie schon wieder mit jemandem zusammen.“ Hanna trat erschrocken zwei Schritte zurück, denn ihr wurde bewusst, dass ihr Verhalten verdächtig erscheinen musste. Schnell wollte sie eine Erklärung abgeben, doch Felicitas war schützend vor sie getreten. Ihre Stimme klang kälter als Eis, als sie nun Marius anschnauzte: „Natürlich, Herr ‚Alleswisser‘ hat schon wieder die falsche Person im Visier. Lassen Sie Hanna in Ruhe! Sie kann keiner Fliege was zuleide tun.“ Marius erstarrte, ein untrügliches Zeichen dafür, dass er jeden Moment aus der Haut fahren würde. Da Roland dies natürlich wusste, reagierte er sehr schnell. Er legte Marius die Hand auf den Unterarm, drückte diesen leicht und antwortete Felicitas beruhigend: „Frau Moser, Sie haben doch unterdessen ein bisschen Erfahrung im Ermitteln sammeln können und wissen, dass wir solche Fragen stellen müssen. Das hat überhaupt nichts mit ‚im Visier haben‘ zu tun. Allerdings hätte mein Partner die Frage etwas weniger provokativ stellen können.“ Der so genannte Partner schnaufte empört auf, sagte aber nichts weiter. Auch Felicitas wurde sich bewusst, dass sie überreagiert hatte. Eine leichte Röte überzog ihr apartes Gesicht: „Ja natürlich. Sorry. Wenn es um meine Freunde geht, bin ich eben sehr emotional.“ Roland lächelte sie an: „Aber das wissen wir doch, Dr. Moser.“ Er sprach sie das erste Mal wieder mit ihrem Doktortitel an. Gleichzeitig zog er Marius etwas in den Hintergrund. Dieser wehrte sich nicht, grummelte aber leise vor sich hin: „Emotional, ha! Eine Keifzange ist das.“ Gut hatte es Felicitas nicht gehört, Jessica hingegen schon. Sie musste ein Lächeln unterdrücken, verdrehte die Augen, sagte aber nichts. Roland sah ihre Reaktion. Das erinnerte ihn wieder daran, was für eine tolle Frau sie geworden war. Gleichzeitig begann er, sich etwas über Marius zu ärgern, denn dieser zeigte kein professionelles Verhalten. Warnend trat ihm Roland leicht auf den Fuss. Hanna hatte sich während dieses kleinen Intermezzos wieder etwas gefangen und sagte deshalb mit ihrer gewohnt ruhigen Stimme: „Um auf Ihre Frage zu antworten, ja, ich habe mich sehr schnell wieder verliebt und bin endlich glücklich. Felix war ein schrecklicher Mensch. Immer wenn er von seiner Sauftour zurück kam, suchte er Streit. Manchmal schlug er dann nach mir. Etwa zwei Monate bevor er verschwand, ging er dann das erste Mal mit einem Messer auf mich los. Das war zuviel. Ich verliess ihn, zog zu einer Freundin.“ Roland liess während der ganzen Aussage sein Diktaphon laufen. Die nächste Frage stellte Marius, der sich nun wieder völlig normal verhielt: „Wie haben sie denn gemerkt, dass er verschwunden war?“ Bevor Hanna antworten konnte, ging die Praxistüre auf und der nächste Patient trat ein. Jessie sprang in die Bresche, lief nach vorne, schnell die Türe zum Untersuchungszimmer hinter sich schliessend. Hanna nahm noch einmal einen Anlauf: „Ich hatte mich noch einmal mit ihm verabredet, um die Scheidung zu besprechen. Da ich Angst hatte, alleine zu gehen, begleitete mich meine Freundin. Es war sehr seltsam. Die Türe zur Wohnung war nur angelehnt. Felix war nicht zu Hause. So hinterliessen wir eine Nachricht, dass wir in einer Woche zur gleichen Zeit noch einmal vorbei kommen würden, verliessen die Wohnung wieder und dachten uns dabei natürlich zunächst nichts. Als wir dann aber eine Woche später wieder dieselbe Situation vorfanden und unsere Mitteilung immer noch auf dem Küchentisch lag, fanden wir es schon seltsam. Als dann auch noch unser Kater völlig abgemagert und kläglich miauend erschien, fanden wir es an der Zeit, die Polizei einzuschalten und Felix als vermisst zu melden. Leider hatte diese auch keinen Erfolg. Felix blieb verschwunden. Da sein Konto leer war, nahm die Polizei an, er hätte sich in ein anderes Land abgesetzt. Vor allem, da in der Wohnung keinerlei Zeichen von Gewalt gefunden wurde.“ Marius versuchte sein Glück noch einmal: „Ja, wir haben die Akten eingesehen. Hatte Ihr Mann irgendwelche Feinde von denen Sie vielleicht wissen?“ Die Stirn runzelnd, dachte Sie einen Moment nach. Dann schüttelte sie langsam den Kopf: „Nein, tut mir leid. Ich weiss von niemandem… oder doch, da wäre evtl. jemand! Wir hatten damals einen Hofarbeiter aus Polen. Felix hat ihn zwei Monate gratis arbeiten lassen und dann ohne Lohn entlassen. Stanislav war sehr wütend und hatte meinem Mann gedroht.“ Marius sah Hanna fragend an: „Wie war sein Nachname?“ „Stanislav …. Mhm… Warschec mit c geschrieben. Er ist allerdings damals zurück in seine Heimat. Da kommt mir noch etwas in den Sinn! Kurz nach unserer Heirat gab es einen Skandal auf der Gemeinde. Der damalige Gemeindepräsident Hauser wurde von Felix öffentlich des Betrugs bezichtigt und trat zurück, obwohl ihm nie etwas nachgewiesen werden konnte und da war noch der Gemeinderat Koller, ebenfalls zu dieser Zeit im Amt. Felix fand heraus, dass dieser eine unschöne Vergangenheit hatte. Herr Koller hatte vor Jahren jemanden angefahren.“ Bei ihren nächsten Worten konnte man die Abscheu deutlich heraus hören. „Diese beiden hatten meinem Mann immer wieder das Leben schwer gemacht, und so rächte er sich eben. Ja, das war mein Mann, immer freudig dabei, jemanden zu zerstören, sei es körperlich oder seelisch.“ Roland hatte fleissig alles per Diktaphon aufgenommen, stellte es nun ab und meinte: „Danke Frau Peter. Wir gehen diesen Hinweisen mal nach. Wir verlassen Sie jetzt, Dr. Moser, damit Sie sich wieder ihren Patienten widmen können. Wir melden uns wieder.“ Er schüttelte allen Anwesenden die Hand. Die von Jessica - diese war unterdessen ebenfalls wieder eingetreten - hielt er einen Moment länger fest, trat dann zurück, damit Marius es ihm gleich tun konnte. Doch dieser nickte nur allen kurz zu und verliess dann schnellen Schrittes die Praxis. Roland folgte ihm mit einem leicht verärgerten Zug um den Mund.

      Bei den zurückgebliebenen Frauen herrschte zunächst mal Stille, bis ein leises Klopfen an der Tür zum Untersuchungszimmer den Damm brach. „Es kommt gleich jemand zu Ihnen, Frau Bachmann, einen Moment noch, bitte!“ rief Felicitas laut, leiser zu den anderen: „Wir müssen das mal besprechen, aber jetzt haben wir zu arbeiten, also los.“ So ging jeder wieder seiner Arbeit nach, allerdings schweiften die Gedanken doch zwischendurch mal ab. Niemand der Anwesenden hatte auch nur für einen Moment den Gedanken, dass Hanna ernsthaft verdächtigt werden könnte.