Frank Claudy

Sommer mit Ben


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Frühindustrialisierung war. Hier wohnten auch heute noch die Geschäftsführer der ehemaligen Familienunternehmen und ein paar Politiker, eben die Führungsriege unserer Stadt. Katjas Eltern schienen auch dazu zu gehören, der Name ihres Vaters tauchte häufiger in den Zeitungen auf im Zusammenhang mit einem großen Pharma-Unternehmen, einem der Hauptarbeitgeber unserer Stadt. Aber ihre Eltern waren ja zum Glück dieses Wochenende unterwegs. Ich stehe eh nicht so auf Eltern, aber in Gegenwart von Katjas Eltern hätte ich mich bestimmt nicht wohl gefühlt. Meinen Eltern ging es zwar finanziell auch nicht schlecht, aber sie waren halt ganz normale Angestellte. Bei uns zu Hause wurde nicht viel Wert auf Formen gelegt und in Häusern, in denen es förmlich zuging, fühlte ich mich immer unsicher und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, was ich dadurch ausglich, dass ich mich einfach zurück zog, wodurch ich auf Außenstehende sehr arrogant wirkte.

      Fünf Minuten zu spät klingelte ich bei Katja, die so schnell die Tür öffnete, dass sie vermutlich schon auf mich gewartet hatte. Noch im Flur stehend küssten wir uns erst einmal lang und ausgiebig. Dann zeigte Katja mir das Haus, das mir wirklich riesig vorkam. Alleine das Wohnzimmer schien so groß zu sein wie unsere ganze Wohnung. Es gab einen offenen Kamin und eine Seite des Zimmers bestand nur aus einer großen Fensterscheibe, durch die man in den Garten und, natürlich, auf den Pool sehen konnte. Mensch, ich hatte noch nie jemand gekannt, der einen Pool besaß. So etwas kannte ich nur aus dem Fernsehen.

      Katja zeigte mir noch den Rest des Hauses, im Keller gab es eine Sauna und einen Fitnessraum, in dem auch eine Sonnenbank stand, der ‚Hobbyraum’ ihres Bruders, es gab zwei wunderschöne Gästezimmer mit eigenem kleinen Bad und am Schluss zeigte mir Katja ihr Zimmer, das aussah wie ein riesengroßes Himbeerbonbon. Alles war irgendwie rosa und sah zuckersüß aus. Sie hatte sogar einen rosafarbenen Computer, ich wusste noch gar nicht, dass es so etwas überhaupt gab. Katja lachte, als ich mich umsah: „Meine Mutter hat mein Zimmer eingerichtet. Als ich klein war, stand ich total auf rosa, und irgendwie hat sie noch nicht kapiert, dass ich jetzt andere Farben mag.“ Ich muss gestehen, dass ich schon erleichtert war, dass dieses Zimmer nicht ihrem Geschmack entsprach.

      Ich schaute mir die Bücher an, die auf dem rosafarbenen Regal standen. Kerouacs ‚On the Road’ im Original, Ginsberg und Borroughs, Klaus Mann, ein paar englische Autoren, von denen ich noch nie gehört hatte wie Edmund White‚ und natürlich 'der Fänger im Roggen’, auch im Original. „Wow, hast du die auf Englisch gelesen?“ fragte ich beeindruckt. „Mmh. Wir haben ein paar Jahre in der Nähe von London gelebt. Ich bin dort auf eine internationale Schule gegangen.“ – „Ich hätte nicht gedacht, dass noch jemand in meinem Alter solche Bücher liest.“ – „Du kennst meinen Bruder noch nicht. Von ihm habe ich die meisten Bücher bekommen. Er selber hält sich jetzt an griechische Philosophen.“ – „Ich würde ihn gerne kennen lernen. Wo ist er denn?“ – „Er wird schon noch auftauchen.“

      Katja stand ganz einfach viel zu dicht neben mir, ich konnte nicht anders, als sie in die Arme zu nehmen und zu küssen. Wir standen eine Weile vor ihren Büchern, küssten und streichelten uns. Doch als ich versuchte, sie langsam in Richtung ihres rosafarbenen Betts mit Baldachin zu drängen, das aussah wie das Bett einer Prinzessin oder einer Barbiepuppe oder eher noch wie das einer Prinzessinnen-Barbie, löste sie sich von mir: „Ich hol uns mal was zu trinken.“ Und weg war sie.

      Zu ihrem Zimmer gehörte ein kleiner Balkon, von dem aus man auch auf den Pool sehen konnte. Am Pool saßen inzwischen zwei Männer in Badehosen, ein Blonder, der mir nicht besonders gut gefiel. Er war eher schmal und wirkte sehr jung. Und ein Dunkelhaariger, der mir den Atem raubte. Er war groß und kräftig, sein ganzer Körper schien nur aus Muskeln zu bestehen, und er hatte ein wunderschönes Gesicht. So viel dazu, dass ich seit Katja dachte, ich stände doch nur auf Frauen. Dieser Mann war einfach so schön, dass ich mir wünschte, ihn kennen zu lernen.

      Die beiden saßen am Beckenrand, ließen die Beine ins Wasser baumeln und unterhielten sich. Plötzlich beugte sich der Dunkle zu dem Blonden und küsste ihn. Er küsste ihn so richtig auf den Mund, nicht wie ein Kuss unter Freunden, sondern ein richtig leidenschaftlicher Kuss. Ich rieb mir die Augen und dachte, dass meine Phantasie mir einen Streich spielt, doch es blieb dabei, dass die beiden sich küssten. Ich hatte noch nie gesehen, wie zwei Männer sich küssen. Klar, in meinen Träumen war das häufiger vorgekommen, aber in der Realität war es etwas völlig Neues für mich. Und es machte mich an. Mein Schwanz war so hart, dass es wehtat. Ich stand auf dem Balkon, starrte auf die beiden und wünschte mir, ich wäre der Blonde.

      Dann stand Katja mit einer Flasche Cola und zwei Gläsern im Zimmer. Ich riss mich zusammen und ging auch zurück ins Zimmer.

      „Da unten am Pool sitzen zwei Männer und küssen sich“, sagte ich zu Katja. „Das wird Ben sein mit seiner neuesten Errungenschaft. Er schleppt ständig irgendwen an.“ Sie lief auf den Balkon und rief nach unten: „Hey, Ben. Wie lange bist du schon hier?“

      Die beiden Männer lösten sich voneinander und guckten hoch zu uns, ich stand inzwischen neben Katja. Der Dunkelhaarige winkte uns zu und lachte: „Kommt doch runter zu uns.“ Katja erkannte jetzt den Blonden: „Hallo Andreas, dich habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen.“ Sie guckte mich an: „Du wolltest doch meinen Bruder kennen lernen, oder?“ Sie nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. „Was sagen denn deine Eltern dazu, dass dein Bruder Jungs mit bringt?“ fragte ich sie. „Die haben natürlich keine Ahnung. Oder zumindest tun sie so, als wüssten sie nichts, obwohl Ben noch nie ein Mädchen mitgebracht hat.“

      Als wir am Pool ankamen, stand Ben auf und zog den Blonden ebenfalls hoch. Katja lief zu ihrem Bruder und nahm ihn in den Arm: „Hey, wie lange seid Ihr denn schon hier?“ fragte sie. Dann nahm sie auch Andreas in den Arm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

      Ben musterte mich von oben nach unten. Ich hatte den Eindruck, dass sein Blick einen Moment in meinem Schritt hängen blieb, dann guckte er mir in die Augen und grinste: „Du musst Frank sein. Ich bin Ben.“ Er hielt mir die Hand hin. „Hallo Ben. Ich habe schon viel von dir gehört.“ Ich nahm seine Hand und drückte sie kurz, doch er hielt sie fest und blickte mir weiter in die Augen, bis ich den Blick senkte. „Bestimmt nicht so viel wie ich von dir.“ Ich hatte den Eindruck, dass seine Stimme zweideutig klang, als er das sagte. Ich wusste gar nicht, wo ich hingucken sollte und war total verlegen. Meine Hand in seiner wurde ganz warm und schwitzig. Mir war überhaupt ganz schön warm geworden, obwohl die Sonne hinter dünnen Wolken hing. Ich entzog Ben meine Hand und hielt sie Andreas hin: „Hallo Andreas.“ Ich war erstaunt, dass meine Stimme so normal klang.

      Ben hatte inzwischen den Arm um Katja gelegt: „Warum kommt Ihr nicht mit ins Wasser?“ fragte er. Dabei guckte er mich wieder an. Ich spürte, dass sich bei mir schon wieder etwas regte. Ben kam mir vor wie der Teufel persönlich, der mich verführen wollte. Vermutlich war da eine Menge Wunschdenken dabei, denn Ben wandte sich schon wieder Andreas zu, gab ihm einen kurzen Kuss auf den Mund und warf ihn in den Pool, um gleich hinterher zu springen. Die beiden tobten durch das Wasser wie Kinder. Ben versuchte, Andreas unter Wasser zu drücken, doch der wich aus, tauchte unter Ben durch und drückte ihn nach oben. Sie hatten richtig viel Spaß und lachten. Ich wäre gerne dabei gewesen und war eifersüchtig auf Andreas, dass er Ben so unbeschwert berühren konnte. Katja guckte mich an: „Magst du?“ – „Ich habe doch keine Badehose.“ – „Ich könnte dir eine von meinem Bruder geben.“ Puh, alleine schon die Vorstellung, eine Badehose von Ben zu tragen, die vorher seine Haut berührt hatte, …. „Nee, ist schon gut. Später vielleicht. Lass’ uns wieder hoch gehen. Oder möchtest du vielleicht schwimmen?“ - „Nein. Ich glaube, die zwei sind jetzt auch lieber alleine.“ Sie schaute lachend zu Ben und Andreas, die sich jetzt im Wasser küssten und sich dabei ganz eng aneinander drückten. Mann, ich war gleich wieder erregt. Ich versuchte, unter der Wasseroberfläche etwas erkennen zu können, aber die beiden drückten sich zu fest aneinander, und das Wasser um sie herum bewegte sich zu sehr. Ich stellte mir vor, Andreas zu sein und Bens harten Schwanz an meinem zu spüren.

      Katja zog mich mit ins Haus: „Starr doch nicht so dahin“, lachte sie. „Ich hoffe, du hast kein Problem damit, dass mein Bruder schwul ist.“ – „So’n Quatsch. Natürlich nicht.“ Doch, hatte ich. Ich hatte gedacht, ich stände auf Katja, und jetzt stand ich auf ihren Bruder. Dabei mochte ich Katja total