Matthias Hahn

Wächter des Paradieses - Teil 2


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      Matthias Hahn

      Wächter des Paradieses - Teil 2

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 7: Richard Kronaus erster Fund

       Kapitel 8: Wieder in Würzburg

       Kapitel 9: Post von der heiligen Inquisition

       Kapitel 10: Die Folgen eines Dienstreiseantrags

       Kapitel 11: Mord am Käppele

       Kapitel 12: Fahrt nach Frankreich

       Kapitel 13: Klöster und Großstädte

       Kapitel 14: Briefe und Bekenntnisse

       Kapitel 15: Der Garten der Feen

       Impressum neobooks

      Kapitel 7: Richard Kronaus erster Fund

      Richard verbrachte den größten Teil des Tages im Tiefschlaf. Als er erwachte, verlieh die spätnachmittägliche Sonne den Zeltwänden einen warmen Schimmer. Richard fühlte sich wesentlich frischer, aber immer noch schwach. Als er sich streckte und versuchte aufzustehen, nahm er eine vertraute Gestalt wahr, die neben seinem Schlafsack saß und ihn beobachtete.

      „Hallo“, grüßte Günther Mehl. „Das sind ja schlimme Geschichten, die man da von dir hört.“

      „Das Schlimmste hab’ ich hoffentlich hinter mir“, brummte Richard. „Das ist ja eine Überraschung! Bist du extra hergekommen, um zu sehen, wie es mir geht?“

      „Und um dich nach Saloniki zurückzubringen. Schließlich bin ich als dein älterer Kollege für dich verantwortlich.“

      „Aber das wäre doch nicht nötig gewesen“, stammelte Richard, den die plötzliche Fürsorge des Faluktätsmitarbeiters doch sehr verwunderte. Hatte Günther plötzlich Bedenken, dass Richard ihm durch seinen Einsatz hier vor Ort den Rang ablaufen könnte?

      „Das ist doch selbstverständlich“, erwiderte Günther. „Also, pack’ deine Sachen zusammen, wir fahren in zwanzig Minuten.“

      Das war Günther Mehl, wie er leibte und lebte. Nur so rasch wie möglich wieder aus dem Zeltlager weg. Aber Richard hatte hier noch einiges zu klären.

      „Heute noch?“, fragte er erschrocken. „Ich bin krank. Der Arzt hat gesagt, ich soll noch mindestens ein oder zwei Tage im Bett bleiben.“

      „In Saloniki hast du es viel bequemer als hier. Du musst dich erholen. Schließlich geht es bald zurück nach Deutschland.“

      „Aber Papadopoulos und Kilic … Wissen die Bescheid? Ich wollte ihnen noch den Eingang zu einer Höhle zeigen, die ich entdeckt habe.“

      „Die beiden Professoren sind momentan unterwegs. – Was für eine Höhle denn?“

      „Ich …“, begann Richard, dann unterbrach er sich, als ihm bewusst wurde, dass er diese Höhle ja nur im Traum gesehen hatte. Einen Moment überlegte er, ob er Günther von seinen Erlebnissen berichten sollte, aber dann befand er, dass das keine gute Idee war. Günther würde alles anzweifeln, und wenn Richard sich auf eine nervtötende Diskussion mit seinem Kollegen einließ, wäre das seiner Gesundung bestimmt nicht zuträglich.

      „Nicht so wichtig“, murmelte er deshalb nur.

      „Dann pack deine Koffer.“

      „Ich möchte erst mal raus, frische Luft schnappen. Ich fühl’ mich nicht gut. Wenn es mir danach besser geht, dann können wir von mir aus fahren.“

      „Wenn es unbedingt sein muss“, stimmte Günther zu, „aber bleib nicht zu lange weg. Ich will hier nicht übernachten.“

      Richard nickte und stand langsam auf. Ein Schwindelgefühl erfasste ihn, nur kurz, dann ging es ihm wieder besser, aber Richard beschloss, seine Schwäche noch ein wenig auszuspielen, denn nichts wollte er weniger, als an diesem Abend noch nach Saloniki fahren. „Danke, geht schon“, wehrte er mit brechender Stimme ab, als Günther ihn stützen wollte, und tastete sich langsam aus dem Zelt.

      Draußen sog er tief die milde Abendluft ein und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. So viel hatte sich in den letzten Tagen ereignet, zu viel, um es einfach so verarbeiten zu können. Für ein bloßes Hirngespinst erschienen ihm seine Erlebnisse letzte Nacht eindeutig zu realistisch, aber … die Gänge durch die Erde, die leuchtenden Schriftzeichen, der Rabe, der sich in einen Menschen verwandelt hatte, seine Schöne … das konnte doch nie und nimmer tatsächlich geschehen sein. Allein die Tatsache, dass er ausgerechnet ihr begegnet war. Es war sicher wahrscheinlicher, den Jackpot im Lotto zu gewinnen, als diese Frau zuerst in Würzburg und nur wenige Tage später noch einmal hier in dieser abgelegenen Gegend zu treffen. Ganz abgesehen von ihren Zauberkräften. Diese fantastischen Ereignisse gestern Nacht waren alles andere, nur keine Realität. Es widersprach jedem Naturgesetz, jedem gesunden Menschenverstand. Es musste einfach ein Traum gewesen sein.

      Richard blickte sich um. Auf und um den Grabungshügel waren die Arbeiter gerade damit beschäftigt, ihre Werkzeuge zusammenzupacken. Vielleicht würde er einige Antworten auf seine Fragen erhalten, wenn er auf den Hügel gehen und einen Blick in die Altarhalle werfen würde? Doch er fürchtete, dass der Aufstieg noch zu anstrengend für ihn war. Vielleicht morgen? Heute wäre es sicher besser, in der Ebene zu bleiben. Und so lenkte Richard seine Schritte um den Hügel herum. Wieder spukten ihm die Geschehnisse der letzten Nacht durch den Kopf.

      Richard blieb stehen und setzte sich auf das Gras am Wegrand. Langsam begann der Eindruck der Erinnerung zu verblassen, er spürte, wie er zurück in die wirkliche Welt fand. Er schaute sich um. Im Westen versank die Sonne hinter dem Horizont und erhellte mit ihren warmen rötlichen Strahlen die Seite des Hügels, wo er im Traum den Zugang zur Altarhalle entdeckt hatte. Im Norden erkannte er die Hütten des Dorfs, in dem er übernachtet hatte.

      Warum war ihm alles so real vorgekommen, wenn das, was er erlebt hatte, keine Realität war? Richard erinnerte sich an eine Grippe, die ihn vor vier Jahren erwischt hatte. Auf über 40 Grad Celsius war seine Temperatur gestiegen. Auch damals hatte ihm ein Fiebertraum beängstigend reale Bilder vorgegaukelt. Diesmal hatte ihn das Fieber wesentlich heftiger erwischt, der wahnwitzige Traum war ihm logischerweise noch wahrhaftiger erschienen. Ja, so musste es gewesen sein. Alles war nur ein Traum, einschließlich der unbekannten Schönheit. Er hatte sie in seinem Traum gesehen, weil sie für ihn die Frau seiner Träume war, und nicht Tabea oder wer auch immer. Sie war ihm erschienen, weil er sich in sie verliebt hatte. Deshalb hatte sie ihn von seiner Krankheit geheilt, und deshalb hatte sie ihn geküsst. Richard zitterte, als er diesen Kuss in seiner Erinnerung noch einmal durchlebte. Er liebte sie, das wusste er jetzt, und aufgrund seines Fiebertraums liebte er sie umso mehr. Er spürte, er würde nicht mehr ohne sie leben können, es war zu spät für eine Umkehr.

      Aber hatte er nicht auch eine völlig andere Seite von ihr erblickt? Eine furchterregende, schreckliche Seite? Als sie in der Höhle ihre flammenden Augen auf ihn gerichtet hatte, bevor sie ihn erkannte? Als sich ihr sonst so liebliches Gesicht in eine