Jean-Pierre Kermanchec

Ligurischer Urlaub


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Anhöhe sehen.

      Langsam bewegte sich das Schiff und sie fuhren in südliche Richtung. Von Clara hatte er erfahren, dass die Fahrt etwa bis zum Abend dauern würde. Der Kapitän hatte als Route eine Fahrt um die Halbinsel empfohlen. Erste Station sollte San Fruttuosa sein. Ein kleiner Ort, lediglich mit sechs Häusern und einer Kirche, aber malerisch in einer kleinen Bucht gelegen. Von dort sollte es weiter über Camogli und Recco in den Golf von Paradiso gehen und dann in einem großen Bogen zurück nach Portofino.

      Henri Medernach sah auf Portofino als Clara ihn ansprach: „Woran denken Sie Henri, mir scheint Sie sind mit ihren Gedanken weit entfernt.“

      „Oh Fräulein Clara, ich war in der Tat in Gedanken aber nicht weit von diesem kleinen Dorf. Sie kennen vielleicht das Gedicht von Christian Morgenstern über Portofino?“

      „Nein, das kenne ich nicht. Ich würde es aber gerne hören, wenn Sie es mir vortragen könnten?“

      Clara rückte ihren Sessel näher an Henri heran und saß nun aufmerksam vor ihm.

      „Ich habe es vor Jahren einmal gelesen und seither geht es mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich musste immer wieder daran denken. So kam es auch, dass ich meinen Urlaub hier verbringen wollte. Nun ich glaube ich bekomme es noch zusammen.

      Portofino kleiner Hafen

      da wir uns im Frühling trafen.

      Da geheim wie eine Mythe

      unverhofft ein Glück erblühte,

      Glück und Leid? Wer will es wissen?

      Wehrlos ward ich fortgerissen.

      Dass sich eine oder scheide

      was zu Glück ward oder Leide.

      Portofino kleiner Hafen

      da wir uns im Frühling trafen

      Du, was auch mein Schicksal werde,

      bleibst mir ewig teure Erde.

      „Das war ein kurzes Gedicht, nicht wahr?“

      „Aber ein schönes, sehr gefühlvoll.“ Clara hatte beim Zuhören die Augen geschlossen und sich ganz den Worten hingeben.

      Peter und Sarah standen am Bug des Schiffes um von den anderen nicht gehört zu werden.

      „Du starrst sie immerzu an, ich werde nicht mehr lange zusehen.“

      „Du siehst Gespenster, ich bin nur etwas freundlich zu ihr. Schließlich haben wir auch unseren Vorteil davon. Du solltest mir dankbar sein, anstatt mich ständig zu kritisieren.“

      „Ich kann sehr wohl zwischen Freundlichkeit oder Dankbarkeit unterscheiden aber ich sehe, dass du sie immer begehrlich anstarrst. Wenn du sie haben willst, sag es mir nur, dann können wir uns trennen. Aber du müsstest zuerst den Neuen ausstechen und ich meine, das durfte dir schwerfallen. Auch wenn er schon älter ist, hat er mehr Charme in seinem kleinen Finger als du je haben wirst.“

      Peter drehte sich beleidigt um, erwiderte aber nichts.

      Sarah ging, ihr Glas in der Hand haltend langsam zum Heck und gesellte sich wieder zu den anderen Gästen.

      „Señora Pellini?“ sprach eine Frau von etwa Mitte vierzig, mit kurzen braunen Haaren und dunklen Augen die dürre Dame an. In ihrer Begleitung war ein schottischer Terrier.

      „Wie geht es Ihnen, wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.“

      Señora Pellini wandte sich der Frau zu und lächelte.

      „Viviane, ach wie ich mich freue, Sie zu sehen. Benji ist auch dabei. Ist er immer noch so unfreundlich wie früher?“

      „Ein Hund mit Charakter, ohne Falschheit. Er zeigt sein wahres Wesen.“ erwiderte Viviane.

      „Wie geht es Ihrem Mann Gnädigste?“

      „Der musste nach Toronto zu einem Kongress. Ich habe vorgezogen hierher zu kommen. Ich brauche einfach die Sonne und das Meer. Clara rief mich gestern Abend an und hat mich zu der kleinen Kreuzfahrt eingeladen.“

      Viviane Lemogne lebte in Paris. Ihr Mann war ein angesehener Jurist und Claras Rechtsberater in Frankreich.

      „Haben Sie schon die Malcolms gesehen? Frau Malcolm hat zurzeit Besuch von ihrer Schwester und Clara hat daher alle drei eingeladenen.“ begann Señora Pellini ein neues Thema.

      „Die Schwester kenne ich nicht.“ antwortete Viviane.

      „Eine sehr korpulente Frau. Sie hat ein rundes Gesicht und einen Mund, der immerzu zu grinsen scheint, sogar beim Essen. Sie hat ihre langen grauen Haare zu einem Zopf geflochten und zu einem, verzeihen Sie mir den despektierlichen Ausdruck, Vogelnest gewunden.“

      Viviane wusste nur zu gut, dass für Señora Pellini beinahe jede Frau korpulent war, wenn sie auch nur etwas mehr wog als Señora Pellini es für richtig hielt.

      Sie kannte Lady Eileen Malcolm. Als sie nun in die, von Señora Pellini angedeutete Richtung sah konnte sie sie sofort erkennen. Die Frau neben ihr musste die Schwester sein. Ihre Figur war durchaus respektierlich für ihr Alter. Viviane schätzte sie auf etwa siebzig Jahre. Ihre beinahe weißen Haare hatte sie hochgesteckt. Ihr hübsches Gesicht konnte durchaus noch beeindrucken. In ihrer Jugend war sie bestimmt eine schöne Frau gewesen. David, Eileens Mann war Direktor einer Versicherung. Die beiden lebten abwechselnd in Santa Margherita, wo sie sich schon vor Jahren ein Haus gekauft hatten und in York.

      Henri wurde nach und nach allen vorgestellt, dabei vergaß Clara nie den Hinweis, dass er ein guter Freund sei. Die Fahrt war bei ruhiger See ein absoluter Genuss für Henri Medernach. Sie speisten hervorragend und genossen ausgezeichneten Wein.

      Peter fand Clara einen Augenblick alleine an der Reling stehen und war sofort auf sie zugegangen. Sarah unterhielt sich ein gutes Stück entfernt mit Freunden.

      „Tolles Wetter, findest du nicht auch?“ meinte er als er neben ihr stand.

      „Durchaus Peter, beinahe etwas zu warm.“ Clara machte Anstalten wieder zu den anderen zu gehen.

      „Was treibt dein Freund denn so, oder ist es ein Geheimnis?“

      „Absolut nicht, er beschäftigt sich mit sich.“ sagte Clara nichtssagend.

      „Ein Lebemann also, pass nur auf, dass er nicht von dir leben will!“

      „Peter, ich kann ganz gut auf mich aufpassen, allerdings bei Henri brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Er hat mein Geld nicht nötig. Sein Konto wird regelmäßig gefüllt. Er braucht sich nicht einmal darum zu kümmern. Ich denke, wir sollten zu den anderen zurückkehren.“ sagte Clara und ließ Peter stehen.

      Sie verbrachten noch angenehme Stunden miteinander. Henri hatte sich ausgiebig mit den Malcolms unterhalten und dabei Kathleen Albright, die Schwester von Eileen kennengelernt. Zuerst war er auch von ihrem leichten Grinsen irritiert gewesen, später hatte er dann gemerkt, dass sie eine sehr liebenswerte Frau war. Ihr Mann, so hatte sie ihm erzählt war früh gestorben und sie hatte sich eine Existenz als Galeristin aufgebaut. Heute gehörten ihr acht Galerien in ganz Europa.

      Als das Schiff sich wieder Portofino näherte stand für Henri fest, dass er diesen Urlaub, ganz gleich wie er sich noch entwickeln sollte nicht vergessen würde.

      Es war etwa 20 Uhr als der kleine Bus wieder die Auffahrt zum Hotel hinauf fuhr. Von seinem Fenster aus konnte Richard Paddington die Ankunft verfolgen. Er atmete erleichtert auf als er Clara aus dem Bus steigen sah. Den ganzen Tag über hatte er sich Vorwürfe gemacht, nicht auf seine Frau gehört zu haben.

      „Sie ist wieder da!“ sagte er zu Alice gewandt.

      „Ich werde es heute Abend versuchen.“

      „Stell dich aber nicht noch einmal so dumm an wie am Morgen. Etwas mehr Diplomatie könntest du schon an den Tag legen. Aber das war ja noch nie deine Stärke!“

      Alice drehte sich um und ging ins Badezimmer und kleidete sich für das Abendessen