Jean-Pierre Kermanchec

Ligurischer Urlaub


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Paddington. „Es sei denn, Sie erinnern sich daran, dass ich Sie schon gestern kurz sprechen wollte. Sie zeigten aber gestern wenig Interesse, wenn ich das so sagen darf.“

      Clara sah ihn von oben bis unten an. Er trug ein braun und weiß gestreiftes Hemd. Durch die Querstreifen wirkte sein Bauch noch mächtiger als er bereits war. Sein Gesicht war unrasiert und verstärkte noch den abstoßenden Eindruck, den die ganze Person vermittelte.

      „Nun, können wir es kurz machen, da ich eigentlich mit meinem Freund etwas Ruhe suche.“ Clara schielte dabei zu Henri.

      „Ja, sicher. Also es geht um die Kaschmirweberei, die Sie in England, ich meine natürlich in Schottland kaufen wollen. Sie haben dabei mit Sir Wilson verhandelt, der allerdings ein ziemliches Schlitzohr ist. Ich wollte Sie nun davor warnen, das Geschäft zu tätigen. Sie dürften dabei vermutlich Millionen verlieren, sehen Sie....."

      Clara untergebrach seinen Redefluss.

      „Also, Herr..., wie war doch Ihr Name, sehen Sie, ich kümmere mich nicht um solche Einzelheiten. Auch Sir Wilson kenne ich nicht persönlich. Ich habe nur bei einigen Sitzungen seinen Namen gehört. Wenn mir meine Mitarbeiter den Erwerb einer Firma empfehlen, dann haben sie in der Regel alles überprüft. Ich hatte bis jetzt noch keinen Grund mich über die Arbeit der Mitarbeiter zu beschweren. Ich denke, wir können das Gespräch damit beenden. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“

      "Aber Sie können doch nicht...“

      Paddington bemerkte, dass Clara ihm nicht weiter zuhörte und sich bereits wieder mit Henri unterhielt. Er drehte sich um und ging zu seiner Frau. Sein Gesicht war heute noch roter vor Wut als gestern. Als er sein Zimmer betrat schnaubte er wie ein wilder Stier und stieß die fürchterlichsten Flüche aus.

      „Ich sollte sie einfacher umbringen!“ waren seine letzten Worte bevor Alice über ihn verbal herfiel.

      „Du bist doch der größte Ochse den ich kenne. Bestimmt hast du es wieder mit deinem bekannten Charme versucht und bist mit der Tür ins Haus gefallen. Man kann dich doch wirklich Nichts alleine machen lassen.“

      Alice überlegte bereits, wie sie die Sache noch retten könnte. Diesmal war es wirklich das letzte Mal, dass sie Richard mit einer Aufgabe betraute.

      Henri Medernach hatte die Worte von Paddington ebenfalls mitbekommen und überlegte, inwieweit dieser unangenehme Mitbürger etwas mit dem Anschlag zu tun haben könnte. Für ihn stand fest, dass es ein Mordversuch gewesen ist. Sein Problem war nur, dass ein solches Seidentuch, wie er es gefunden hatte nicht zu Paddington passte. Ausschließen kann man aber bekanntlich nichts.

      Viviane Lemogne betrat den Balkon und Clara zeigte auf einen leeren Stuhl am Tisch um sie auf den noch freien Platz aufmerksam zu machen. Viviane trat an den Tisch und begrüßte Clara und Henri in ihrer freundlichen Art.

      „Was macht dein kleiner Hund?“ fragte Clara.

      „Ich hoffe, dass er nicht gerade dabei ist, das Zimmermädchen zu beißen. Ich musste ihn im Zimmer lassen. Es ist leider nicht erlaubt ihn ins Restaurant mitzunehmen.“

      „Viviane hast du Lust uns beide nach Portofino zu begleiten? Henri hat sich gerade einverstanden erklärt mitzukommen. Ich wollte ein wenig in den kleinen Boutiquen bummeln. Wir nehmen meinen Wagen, Henri ist mit der Bahn gekommen. du kannst deinen Hund mitnehmen.“

      „Das muss ich auch Clara, ich kann ihn unmöglich den ganzen Tag alleine im Zimmer lassen.“

      Viviane trank eine Tasse Kaffee, aß etwas Müsli und ging dann auf ihr Zimmer um sich fertig zu machen. Auch Henri kehrte noch einmal in sein Zimmer zurück.

      Kapitel 5

      Jean-Paul Delacroix stand in der Halle des Hotels und sah wie eine Gruppe Japaner durch die Drehtür das Hotel betrat. Er wartete auf seine Frau Janine um mit ihr nach Portofino zu fahren. Sie hatten sich vorgenommen gemütlich spazieren zu gehen. Der Weg zur Spitze der Halbinsel, bis zum dort gelegenen Leuchtturm schien genau der Richtige zu sein. Von dort hatte man einen herrlichen Blick über die gesamte Bucht bis hinüber an die Küste des Cinque Terre.

      Als seine Frau die Halle betrat ging er auf sie zu, reichte ihr die Hand und gemeinsam verließen sie das Hotel. Sie gingen über den Vorplatz zu ihrem Wagen, der unweit vom Eingang abgestellt war. Als die Beiden die Auffahrt hinunter fuhren öffnete sich unbemerkt ein klein wenig ein Fenster. Irgendjemand hatte die Beiden beim Verlassen des Hotels beobachtet.

      Wenig später verließen auch Clara, Viviane und Henri das Hotel. Viviane war in Begleitung ihres schwarzen Hundes. Die drei bestiegenen Claras Auto, einen dunkelblauen Mercedes-Benz und fuhren nach Portofino. Für Henri war alleine schon die Fahrt über die Uferstraße nach Portofino ein Genuss. Die Straße führte über den Panoramaweg am Meer entlang und sie hatten beständig den Golf vor Augen. Motoryachten und Segelschiffe aller Größen beherrschten das Bild. Clara steuerte den Wagen in das Parkhaus am Ortseingang. Der Ort selber war autofrei. Es wäre auch nicht einfach durch die kleinen Gassen zu fahren, geschweige denn dort auch noch zu parken. Sie gingen gemütlich die Straße zum Hafen hinunter. Die beiden Frauen sahen sich die Boutiquen von Hermes, Louis Vuitton, Cartier und anderen Couturiers an.

      Viviane fand einen Schal und Clara war von einem kleinen Portemonnaie entzückt. Henri fand, dass es nicht viel Spaß machte stundenlang die Auslagen der Geschäfte anzusehen. Aber die beiden Frauen waren davon begeistert. Er machte gute Miene zum Ganzen und tat so, als ob es ihn durchaus auch interessierte.

      „Was haltet ihr von einer Kleinigkeit zu essen?“ fragte Clara zu Henri und Viviane gewandt.

      „Oh sehr viel!“ erwiderte Henri, der sich nun gerne etwas ausgeruht hätte.

      „Lass uns ins 'Il Pitosforo' gehen.“ schlug Clara vor.

      „Dorthin kann ich leider nicht mitgehen.“ meinte Viviane „Benji darf dort nicht hinein. Auch bei 'Delfino' sind Hunde nicht erlaubt. Wenn es euch nichts ausmacht, dann gehen wir zu 'Da Puny'. Das ist eines der wenigen Restaurants, wohin mein kleiner Freund mich begleiten darf.“

      Henri sah auf den kleinen schwarzen Terrier hinab. Der ließ seine Zunge weit heraushängen. Man konnte ihm ansehen, dass der Durst ihn plagte und auch er von dem vielen Gehen müde geworden war.

      „Kein Problem, Viviane ich gehe gerne ins Da Puny.“ meinte Clara.

      Henri konnte nicht mithalten. Ihm waren alle diese Lokale fremd. Er hätte keine Empfehlung aussprechen können.

      So gingen die drei in die Pizzeria, die in unmittelbarer Nähe des Hafens lag und setzten sich unter die grüne Markise. Benji brachte der Kellner sofort eine Schale Wasser. Er begann sogleich genussvoll zu trinken.

      Henri hatte sich ein Bier bestellt. Ein 'Becks' wurde ihm gebracht, das einzige ausländische Bier auf der Karte. Die beiden Frauen tanken Mineralwasser.

      Während Clara und Viviane sich über die Kleider unterhielten, die sie am Morgen gesehen hatten und sich überlegten, ob sie nicht nach dem Essen doch noch das eine oder andere anprobieren sollten um es eventuell zu erwerben, sah Henri sich die Menschen an, die am Restaurant vorbeikamen oder in den anderen Restaurants saßen. Er bemerkte einen Herren, der die ganze Zeit zu ihnen herüber sah. Da er eine Sonnenbrille trug konnte er ihn nicht so richtig erkennen. Henri hatte dennoch das Gefühl ihn schon einmal gesehen zu haben. Als sich ihre Blicke trafen sah der Mann sofort zur Seite. Henri versuchte sich sein Gesicht einzuprägen. Aber auf die Entfernung war das nicht so leicht möglich. Der Kellner brachte ihnen ihr Essen und Henri ließ den Mann für einen Augenblick aus den Augen. Als er erneut hinsah war dieser bereits verschwunden. Henri versuchte ihn zu entdecken und ließ seinen Blick über den gesamten Platz schweifen, allerdings ohne Erfolg.

      Sie beendeten ihre Mahlzeit und nach etwa zwei Stunden verließen sie die Pizzeria. Sie gingen noch einige Zeit von Boutique zu Boutique, kehrten dann zum Auto zurück und wollten nach Santa Margherita zurückfahren. Die Uhr zeigte bereits sechs als sie das Parkhaus erreichten. Sie bezahlten am Automaten und verließen das Parkhaus. Die Schranke an der Ausfahrt