Gert Podszun

Kater Frieda


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lese ich Ihnen vor:

      Vermächtnis.

      Ich, Ferdinand Drempel, geboren in Wies-baden, am 24. 05. 1934 verfüge hiermit über mein Vermögen wie folgt.

      Da ich keine leiblichen Kinder habe, vermache ich mein in einer Stiftung abgesichertes Vermögen meinem Neffen Edmund-Walter Drempel, wohnhaft in Wiesbaden, Deutschland. Das Vermögen beträgt zum Zeitpunkt der Erstellung des Vermächtnisses 3.750.000 US $. Da mir bekannt ist, dass mein Neffe in finanziell gesicherten Verhältnissen lebt, verfüge ich, dass dieses Vermögen seinen direkten natürlichen Nachkommen zusteht. Die Verfügung über das Vermögen durch die Vermächtnisnehmer tritt erst dann ein, wenn die Nachkommen nicht mehr durch meinen Neffen versorgt werden können, oder, um es zu konkretisieren, wenn er gestorben sein wird.

      Damit sichere ich in den angespannten Zeiten der Weltwirtschaftskrise die Zukunft der jüngsten Familiengeneration.

      Hartfort, Connecticut, 05. 02. 2011.“

      Dr. Breckhader nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse.

      „Das war es schon. Sie erhalten eine Kopie zu Ihrer Verwendung.“

      Eddi nickte. Sein Kaffee war nicht mehr warm. Er erschauerte. Wie kann es so etwa machen? Das ist ja pervers. Ich soll tot sein, damit die Kinder erben. Der Alte ist wohl verrückt geworden! Er blickte den Notar an:

      „Ist das nicht total verrückt? Sagen Sie, kann so etwas legal sein?“

      „Herr Drempel, ich bin nur der Bote, nicht die Botschaft. Jeder kann über seine Botschaft frei entscheiden.“

      Der Tag nahm Ferdinand wieder zu sich.

      Alexander spielte Gitarre und Ukelele. Er liebte die Musik mit seiner Band. Seine Kameraden besuchten mit ihm zusammen das Gymnasium am Mosbacher Berg. Peter, einer seiner Kameraden, nicht. Er wohnte in der Gegend am Hang zum Opelbad und war sehr begabt. Er hatte niemals Unterricht in Musik oder in der Handhabung eines Instrumentes erfahren. Alex hatte ihn vor ein paar Wochen im Opelbad kennengelernt. Die beiden fanden schnell heraus, dass sie Vergnügen an Musik hatten. Also hatte Alex Peter eingeladen, bei der Band mitzumachen. Peter konnte fast alle Instrumente sofort spielen. Er hatte ein natürliches Talent. Die Kameraden der Band hatten ihn sogleich ohne Probleme als Mitglied aufgenommen.

      Alex hatte schon vor Peters Aufnahme in die Band vorgeschlagen, dass sie der Band einen eigenen Namen geben und versuchen sollten, bei dem Weinfest in Wiesbaden aufzutreten. Sie hatten sich daraufhin schnell auf Crowns als Namen für die Band geeinigt. Peters Können war eine echte Bereicherung für das Repertoire der Band. Das beflügelte die Mitglieder umso mehr, beim Weinfest aufzutreten.

      Über die beabsichtigte Teilnahme der Band an dem bevorstehenden Weinfest informierte Alex seine Mutter.

      „Das ist ja ganz nett, so eine Band zu haben. Und gute Freunde. Aber ich bitte Dich noch einmal zu überlegen, ob Du nicht doch ein richtiger Musiker werden willst? Mit einen ordentlichen Instrument? Und wegen des Festes fragst Du bitte Papa.“

      Alex nickte und drehte sich langsam um, ohne eine Antwort zu geben. Eva schwieg. Ich komme mit dem Jungen nicht so richtig klar.

      Am späten Nachmittag kehrte Eddi von der Klinik nach Hause zurück. Eva-Maria konnte ihre Neugierde nur schwer verbergen.

      „Warst Du pünktlich bei diesem Notar?“

      „Ein cleverer Umweg zu Deiner eigentlichen Frage, nicht wahr?“

      „Nun ja, man geht ja nicht jeden Tag zu einem Notar.“

      „Darüber werde ich Dir gleich berichten.“

      Eddi holte eine Flasche Crémant aus dem Weinkühler und stellte zwei Gläser auf den Tisch. Dieser Tisch im großen Wohnzimmer war ein Erbstück. Ein Möbel, das handwerklich einzigartig war. Massives Holz, keine Schrauben, kein Metall, er fühlte sich warm an. Zu dieser Wärme fügte sich das zartgelbe Licht der späten nachmittäglichen Frühlingssonne und umarmte das Bild des Paares durch die gardinenverhangenen Fenster.

      „Wie war es denn nun beim Notar?“

      „Ich werde Deine Neugierde sofort befriedigen. Doch zunächst trinken wir einen Schluck zusam-men!“

      Der Crémant perlte leicht in den Gläsern. Sie nickten einander zu. Eddi genoss den ersten Schluck und berichtete.

      „Noch nie in meinem Leben habe ich solch eine irre Nachricht erhalten wie heute. Ich bin völlig konsterniert und kann mich noch nicht einmal wundern. Es ist unglaublich. Stelle Dir bitte vor, Onkel Ferdinand hat ein Vermächtnis geschrieben. Das hat mir der Notar heute eröffnet.“

      „Wie alt ist der Onkel jetzt?“

      „Er ist 77 Jahre alt.“

      „Ich weiß gar nicht mehr, wann wir uns zuletzt gesehen haben. Es muss mindestens 20 Jahre her sein. Aber egal, erzähle doch bitte, was er verfügt hat. Wieso ist die Nachricht irre?“

      Eddi nahm einen weiteren Schluck aus seinem Glas.

      „Es ist wirklich irre. Er macht mich zum Erben, aber ich darf nicht selber erben, sondern nur die Kinder, unsere Kinder. Also kurz gesagt: Wir erben ziemlich viel Geld, aber wir werden nichts davon haben, weil ich erst tot sein muss, damit das Erbe durch die Kinder angetreten werden kann.“

      „Das ist ja ein Ding! Der Onkel hat verfügt, dass Du erbst, aber erst tot sein muss, damit unsere Kinder in den Genuss des Erbes kommen?“

      „Das hast Du richtig verstanden. So ist es!“

      Beide nippten schweigend an ihren Gläsern. Eva schlug vor:

      „Ich bin dafür, dass wir den Kindern zunächst noch nichts darüber sagen. Wir müssen das erst einmal bedenken.“

      „Meinst Du?“

      „Es hat ja keine Eile. Ich denke einfach an unsere Zukunft und die geplante eigene Klinik.“

      „Ein Traum, Eva, ein Traum!“

      „Eddi, diesen Traum werde ich nicht aufgeben. Und Du wirst dort auch Deine Erfüllung erleben.“

      „Hast Du vielleicht neue Erkenntnisse wegen der Finanzierung?“

      „Morgen treffe ich den Architekten, er hat das Konzept für unsere Klinik in diesem alten Hotel weiter entwickelt. Wenn ich das mit ihm besprochen habe, werde ich Dir weiter berichten. Jetzt sollten wir etwas essen.“

      „Das wird uns gut tun.“

      „Sind unsere Kinder alle da?“

      „Ja, alle. Ich glaube, dass Alex noch mit Dir sprechen will.“

      „Worum geht es?“

      „Er will mit seiner Band beim Weinfest spielen.“

      „Das finde ich gut. So lernt er früh Erfolg und Misserfolg kennen.“

      „Findest Du?“

      Bis zum nächsten Wochenende kam es zu keinem weiteren Gespräch zwischen Eva und Eddi über das Vermächtnis des Onkels. Eva war am Sonntag ziemlich früh wach.

      „Eddi, ich möchte gerne mit Dir über dieses Testament sprechen. Die Kinder sollen ja noch nichts wissen. Können wir das heute einrichten?“

      „Eva, es hat doch keine Eile.“

      „Das nicht, Eddi, aber es lastet auf mir. Auch wegen unserer Zukunft.“

      „Eva, keine unnötige Anspannung, bitte. Aber Du hast recht, wir müssen uns dem Thema stellen und zu einer klaren Meinung kommen. Was hältst Du davon, wenn wir nach dem Kirchgang zusammen im Mövenpick essen gehen?“

      „Eine gute Idee.“

      In der Villa Drempel war es seit Jahrzehnten üblich, dass die