Gert Podszun

Kater Frieda


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ich es begrüßen, wenn Sie im Hause bleiben würden. Aber, Sie gehen uns ja nicht verloren. Wenn der Einsatz abgeschlossen sein wird, sehen wir uns ja wieder.“

      Nach diesem Gespräch vereinbarte er einen Termin in der Zweigstelle. Dieser sollte am Folgetag stattfinden. Er fuhr langsam mit seinem Dienstwagen und war pünktlich. Er kam zu diesem Termin bei der Zweigstelle von Ärzte ohne Grenzen in Bonn wie in einer Trance.

      Der Leiter der Zweigstelle, Herr Schlenzer, empfing ihn freundlich und nannte ihm die Vertragskonditionen. Danach erläuterte er ihm einige anstehende Projekte der Organisation.

      „Wann ist der nächste Einsatz geplant?“

      „Da kann ich Ihnen gleich genaue Auskunft geben. Kurzfristig wird eine Mission nach Indonesien stattfinden Es handelt sich um die medizinische Begleitung einer wissenschaftlichen Exkursion. Ein international zusammengestelltes Team unter der Leitung von einem deutschen Professor sucht einen kompetenten Arzt aus Deutschland. Es wird noch einen zweiten Arzt geben.“

      Eddi hörte sich die Details an und sagte zu. Herr Schlenzer beglückwünschte ihn und bedankte sich für seine Zusage.

      „Wegen der Formalitäten geleite ich Sie zum Büro unserer Disposition.“

      Die junge Kollegin, eine Auszubildende, nahm seine Daten auf. Diese landeten in einer Datenbank der Organisation, und Eddi erhielt eine Kopie seiner Daten in einem Umschlag, den er ungeprüft mitnahm und auf den Beifahrersitz legte. Er wollte umgehend nach Wiesbaden zurückfahren und entschied sich, dort angekommen, nicht sofort nach Hause zu fahren.

      Er besuchte sein Stammrestaurant in der Altstadt, in dem er während seiner Studienzeit öfter einen Schoppen Wein zu sich genommen hatte. Es heißt Bäckerbrunnen. Er brauchte etwas Ruhe und Abstand zu seiner Entscheidung für Evas Plan.

      Die Unterlagen in dem Umschlag über seinen Einsatz in Indonesien hatte er aus dem Auto mitgenommen. Sie lagen nun vor ihm auf dem Tisch und er sah sich eine Weile außerstande, sie zu lesen. Zu gewaltig schien ihm die Entscheidung. Aber sie war nun gefallen. Er starrte auf den Umschlag. Er lag neben dem halb geleerten Weinglas. Nach einer Weile öffnete er ihn. Die Papiere rutschten trocken und spröde in seine Hände. Sie kamen ihm vor wie eine vorgedruckte Lüge, wie ein Diktat. Eine Ausgeburt eines fernen Vermächtnisses, welches über ihn und seine Eva gestülpt worden war. Der Wein war kühl und Eddi genoss ihn.

      „Gibt es in Indonesien Weinberge?"

      Tatsächlich kennt man eine Firma Hatten Wines, die auf Bali Weine produziert.

      Als Erstes erkannte Eddi seine Unterschrift wieder. Darunter war sein Name gedruckt. Er war nicht richtig geschrieben. Anstelle von seinem Nachnamen Drempel stand dort Drenoel. Da er die Tastaturen für Computer aus eigener Anschauung benutzte, erkannte er sofort, dass hier ein doppelter Tippfehler stattgefunden hatte. Zweimal auf der Tastatur daneben getippt! Nicht geprüft! Er hatte augenscheinlich nicht richtig hingeschaut, als er die Kopie entgegen genommen hatte.

      Ob ich noch einmal zurückfahre und diesen Fehler korrigieren lasse? Aber es ist schon spät. Das Büro ist bestimmt geschlossen. Ich werde noch einen Wein trinken und jetzt die Dokumente lesen. Vielleicht ist dieser Tippfehler ein Zeichen. Ich weiß es nicht. Eddi beugte sich pflichtbewusst und ange-strengt über die Dokumente mit seinem falsch geschriebenen Namen.

      Als ein Bekannter, ein ehemaliger Kommilitone, mit dem er manchmal joggte, das Lokal betrat, schob er die Unterlagen wieder in den Umschlag. Wie eine Geheimsache.

      „Hallo, Eddi, schön, dass ich Dich mal wieder sehe.“

      „Recht hast Du, Fred, wir sollten mal wieder zusammen joggen gehen.“

      „Aber nicht jetzt. Wir trinken noch ein Gläschen zusammen, wenn Du einverstanden bist.“

      „Recht hast Du!“

      Fred setzte sich mit einem Glas Wein an seine Seite.

      „Du bist selten hier.“

      „Nun ja, es gibt immer viel Arbeit in der Klinik.“

      „Bei mir ist es nicht viel anders, aber ich nehme mir bewusst die Zeit für eine schöne Weinpause.“

      „Daran tust Du gut, wenn es nicht zu viel und nicht zu oft ist.“

      „Ach, der Arzt!“

      „Zum Wohle!“

      „Sage mal, ich habe da gehört, ihr plant eine eigene Klinik, Deine Frau und Du?“

      „Nun ja, wir haben darüber nachgedacht.“

      „Aber Dir gefällt das nicht besonders, wenn ich Dich so höre, oder?“

      „Nun, da gibt es viel zu überlegen, zum Beispiel die Finanzen.“

      „Ja, die Finanzen, die drücken überall. Aber voller Freude redest Du ja nicht darüber.“

      „Das sind ja eigentlich auch noch Gespinste. Sagen wir lieber noch einmal Prost!“

      Sie taten es.

      Auf dem Heimweg dachte Eddi wieder an diese Namensverfälschung.

      Manche Menschen glauben an Zeichen. Eddi dachte, dass dieser Glaube mit Einbildung zu tun habe, aber Eva glaubte an solche Phänomene. Sie sprach früher, heute weniger, von Zeichen, die einem widerfahren, Zeichen, die man nur richtig deuten muss, oder einfach anerkennen muss. Zeichen hatten irgendwie mit höheren Mächten zu tun.

      Eddi war sich nicht sicher, ob das einen Sinn hatte. Ihm war bekannt, dass viele Menschen in sehr unterschiedlichen kulturellen Umfeldern an diverse Zeichen glaubten. Könnte es sein, dass dieser Tippfehler eine Bedeutung hatte, ein Zeichen war? Er hieß jetzt mit Nachnamen Drenoel. Den Vornamen hatte sie auch falsch abgeschrieben? Nein, sein Vorname war richtig geschrieben. Es machte keinen Sinn mehr, jetzt an die junge Frau zu denken, die ihm den Namen ohne Vorsatz gegeben hatte. Sie hatte sich einfach nur vertippt, war ja wahrscheinlich auch noch nicht lange dort tätig.

      „Ich bin jetzt schon in einer Falle, der Klinikfalle. Wenn es Zeichen geben sollte, dann ist die Namensgebung vielleicht eine Chance oder es wird eine Schande.“

      Eddi fuhr langsam und hätte am liebsten irgendwo angehalten.

      „Ich habe überhaupt noch kein Konzept, wie ich die Bedingungen des Vermächtnisses erfüllen soll. Vielleicht sind diese Tippfehler doch ein Zeichen? Ich muss mir jetzt wirklich Gedanken machen.“

      Bis zu seinem Einsatz sollten nur noch wenige Tage vergehen. Da er nun nicht mehr zurück konnte, wollte er mit Eva darüber sprechen, ob und wie die Kinder einbezogen werden sollten.

      Gelegenheit hierzu ergab sich an einem Abend, an dem die Kinder zu einer Musikveranstaltung außer Haus waren. Alex und seine Crownies sollten mit ihrer Band im Rahmen des Projektes Jazz im Hof aufspielen. Eva hörte ihm zu.

      „Nun bin ich ja zum Erfolg verurteilt und werde für Ärzte ohne Grenzen unterwegs sein.“

      „Ich freue mich, dass Du unsere Entscheidung so positiv trägst.“

      „Dennoch ist mir noch nicht ganz klar, wie wir diesen Plan unseren Kindern eröffnen werden.“

      Eva wirkte leicht irritiert.

      „Eddi, wir haben doch darüber gesprochen, dass sie Anteile an der Klinik haben sollen. Die erhalten sie ohne eigene finanzielle Mittel. Das ist dann ihr Erbe. Wir werden das notariell festlegen. Besser kann es doch gar nicht sein. Sie werden es als Geschenk für ihre Zukunftssicherung verstehen.“

      „Aber dazu muss die Klinik doch erst einmal bestehen! Die Kinder werden fragen, woher das viele Geld gekommen ist. So reich sind wir ja nun auch nicht.“

      „Schatz, das ist doch ganz einfach. Die Kinder haben bestimmt schon einmal gehört, dass wir beide eine eigene Klinik haben möchten, aber sie haben doch keine Kenntnisse über die Finanzierung eines solchen Projektes.