Gert Podszun

Kater Frieda


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gibt es eine Flugverbindung nach und von Bandar Lampung. Die Maschine landete auf dem internationalen Flughafen Soekarno-Hatta von Jakarta. Für den Transport zu ihrem Hotel stand ein Bus bereit, der augenscheinlich von Soldaten bewacht wurde. Dieser Bus brachte das Team in das Hotel InterContinental Midplaza Jakarta. Während der Fahrt zum Hotel teilte Professor Heim mit, dass am Abend ein Empfang zur offiziellen Begrüßung des Forschungsteams stattfinden sollte.

      Professor Heim wurde als Leiter der Delegation von einem Empfangsteam der indonesischen Regierung begrüßt. Die Mitglieder des Teams trugen teilweise Uniformen. Eddi konnte nicht beurteilen, ob es hochrangige Militärs waren, aber er nahm es wegen der zahlreichen Ehrenzeichen auf den Schultern und den Brüsten an. Er bezog sein Hotelzimmer, warf Jacke und Hemd aufs Bett, um sich ein wenig zu waschen. Aus dem Wasserhahn des Waschbeckens stieg zunächst ein röhrendes Grummeln auf, was allmählich leiser wurde und in einem wuchtigen Strahl rostig-braunen Wassers endete, der mit hohem Druck in das Waschbecken schoss und den wartenden Oberkörper großflächig vollspritzte.

      Das fängt ja gut an! begrüßte Eddi sich selbst und wartete, bis der rostige Strahl klarer und wärmer wurde. Die kleine Wäsche war eine Wohltat für ihn. Da er nicht genau wusste, wie lange sein Team in diesem Hotel untergebracht sein würde, packte er nur das Notwendigste in den Schrank.

      Am frühen Abend klingelte das Zimmertelefon.

      „Mister Drenoel, mein Name ist El Suhamel. der Empfang wird in einer Stunde stattfinden. Ich würde Sie als Kollege gerne vorher im Namen unserer Gesundheitsorganisation begrüßen. Sie finden mich in der Lobby. Sie erkennen mich an einer rosafarbenen Zeitung in der Hand.“

      Eddi sah keinen Grund, nicht zu diesem vorgezogenen Treffen zu gehen.

      „Okay, Mister Suhamel. Ich komme gleich in die Lobby.“

      Während Eddi sich wieder anzog, wunderte er sich, dass dieser Mister Suhamel so gut Deutsch sprach. Das wird er mir bestimmt gleich erklären. dachte er bei sich und drückte den Knopf neben der Aufzugstür für den Weg nach unten. Der Mann mit der rosafarbenen Zeitung saß in der Lobby in einem ledernen Sessel, von dem man einen Überblick über den Eingangsbereich des Hotels hatte und gleichzeitig die Türen der Aufzugsgruppe gut übersehen konnte. Eddi blickte sich nur kurz um und nickte dem aufstehenden Herrn zu.

      „Mister Suhamel?“

      „Ja, Herr Doktor Drenoel. Ich freue mich, dass Sie sich entschlossen haben, mich hier vor der offiziellen Veranstaltung zu treffen. Bitte nehmen Sie doch Platz.“

      „Sie vertreten die Gesundheitsbehörde Ihres Landes. Habe ich das richtig verstanden?“

      „Ja, ich erkläre es gleich. Was möchten Sie trinken? Zu dieser Tageszeit ist es üblich, Tee zu trinken.“

      „Einverstanden!“

      Mister Suhamel drehte sich zur Seite, um einer Servicekraft zu winken. Eddi sah ihn an und bemerkte eine auffallende Narbe in seiner linken Gesichtshälfte. Das war bestimmt keine Mensur, auch keine Krankheit, sondern eher eine Fremdeinwirkung, ein Eingriff von außen. Mister Suhamel bestellte Tee und ein wenig Gebäck und wandte sich Eddi wieder zu.

      „Sie werden sich fragen, woher ich Deutsch sprechen kann. Ich habe in Deutschland Medizin studiert und dort auch Ihre Sprache gelernt. Mein Volk hat mich dann wieder zurück ins Land gerufen. Und ich bin dem Ruf gefolgt. Jetzt stehe ich im Dienste der Regierung und bin beauftragt, Sie und das Forschungsteam zu begleiten. Daher möchte ich Sie zunächst persönlich kennen lernen. Wir werden in der nächsten Zeit zusammenarbeiten und vielleicht neue Krankheitserreger entdecken, dort oben bei den Vulkanen.“

      Eddi nickte.

      „Ich danke Ihnen für die Möglichkeit, Sie vor den offiziellen Vorstellungen kennen zu lernen und freue mich, dass wir uns in meiner Muttersprache verständigen können. Sie werden sicherlich viel mehr über die anstehenden Probleme wissen als ich. Ich bin noch kein Fachmann für diese Problematik. Man hat mir lediglich ein paar Bücher gegeben, welche sich damit beschäftigen.“

      Suhamel schaute Eddi an, als wenn er etwas Vertrautes suchen würde. Ein kurzes Schweigen der beiden Männer wirkte wie eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen. Eddi war davon überzeugt, dass die Narbe im Gesicht von Suhamel auf einen Unfall oder eine unangenehme Behandlung zurückzuführen sei. Aber er wollte jetzt noch nicht danach fragen. Sie tranken Tee. Suhamel erläuterte die Zielsetzung des Projekts, das unter anderem auch das Image seines Staates im Bereich der Wissenschaften stärken sollte. Eddi hörte zu und spürte, dass Suhamel wegen seines Staates oder anderer Kräfte unter irgendeinem Druck stand, was er sich überhaupt nicht erklären konnte. Aber er erhoffte sich, dass aus dieser Situation womöglich ein Vorteil für ihn selbst entstehen könnte. Wie das zustande kommen könnte, war ihm nicht klar. Aber er musste ja an seine Mission denken. Die Mission Ferdinand. Eddi lauschte den weiteren Ausführungen seines Medizinkollegen.

      Er führte aus, dass die indonesische Regierung höchsten Wert darauf legen würde, in der Erforschung der Vulkantätigkeiten und deren Folgen für die globale Klimaentwicklung eine führende Position in der Wissenschaft zu erlangen. Dass man dazu auch ausländische Forscher eingeladen hatte, sei sicher ein Beweis für die Weitsicht der Regierung, aber auch für ihre Souveränität.

      Eddi stimmte hin und wieder nickend zu. Hinter seinem Schweigen reichten seine Gedanken bis nach Hartfort und Wiesbaden und wieder zurück. Er hatte ja nun einen anderen Namen! Das könnte ihm theoretisch von Nutzen sein. Er konnte sich diesem Gedanken in diesem Moment nicht weiter widmen, sondern konzentrierte sich weiter auf seinen Gegenüber.

      Der offizielle Teil der Abendveranstaltung sollte nun beginnen. Für das gemeinsame Abendessen war die Sitzordnung vorgegeben. Eddi saß neben seinem bisherigen Gesprächspartner und hatte so Gelegenheit, dessen Narbe näher anzuschauen. Es sah nach einer Verbrennung älteren Datums aus. Er schaute augenscheinlich öfter, als es angemessen war. Denn Suhamel antwortete auf seine wiederholten Blicke mit einer kurzen Anmerkung.

      „Eine Erklärung für diese Narbe möchte ich jetzt nicht geben. Das kann später einmal geschehen.“

      Eddi bemühte sich nun, nicht mehr auf diese ungewöhnliche Narbe zu schauen, sondern konzentrierte sich auf das Essen und die zwischen den einzelnen Gängen von verschiedenen wichtigen Herren gehaltenen Reden und Ansprachen. Als der offizielle Teil des Abends beendet wurde, folgte er El Suhamels Einladung zur Hotelbar. Dort traf er auch Professor Heim, der ihm mitteilte, dass am nächsten Morgen um zehn Uhr eine Lagebesprechung stattfinden sollte. Nach einem von El Suhamel ausgesuchten Drink bat dieser Eddi in eine Ecke der Hotelbar, in der sie sich ungestört unterhalten konnten. Niemand war in ihrer Nähe.

      „Sie haben so oft auf meine Narbe geschaut. Sie ist eine Erinnerung an eine Folterung, als ich vor einiger Zeit von Inoffiziellen kurzzeitig eingesperrt und misshandelt wurde. Es ist ein Denkzettel für ein angeblich konzernfeindliches Verhalten, was auch möglicherweise mit politischem Interesse zusammenhängen kann. Ich war für die Zulassung von Medikamenten in unserem Gesundheitsministerium zuständig. In der Funktion habe ich trotz finanzieller Angebote von Herstellern keine Konzerninteressen unterstützt. Ziemlich wahrscheinlich wurde ich wegen einer nicht gewährten Zulassung von einer mir nicht bekannten nichtstaatlichen Organisation hartnäckig bedrängt, um es freundlich auszudrücken. Das Ergebnis sehen Sie in meinem Gesicht. Ich bin heute nicht sicher, ob man mich immer noch weiter bespitzelt und verfolgt. Aber mehr kann ich jetzt auch nicht sagen. Wenn ich keine guten Beziehungen wegen meiner Ausbildung hätte, sähe mein Leben bestimmt anders aus.“

      „Sie sind sehr offen. Das freut mich. Ich kann Ihre Äußerungen jetzt nicht bewerten, aber bin sicher, dass ich das in der nächsten Zeit besser verstehen werde. Sie werden akzeptieren, dass ich mich jetzt zurückziehe, die Reise war doch sehr anstrengend.“

      „Herr Kollege, das verstehe ich und ich habe das Gefühl, dass ich Ihnen vertrauen kann. Ich habe während meines Studiums in Deutschland viele Menschen kennen gelernt. Dabei habe ich ein Gefühl entwickeln können, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Ich bin nicht enttäuscht worden.“

      „Danke, Herr Suhamel. Ich