Anna-Irene Spindler

Braune Augen


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anschalten, aber es funktionierte nicht.

      „Komisch“, meinte sie „vorgestern hat es doch noch gebrannt.“

      „Ach das macht nichts. Die Beleuchtung wird schon ausreichen, um sich einen groben Überblick zu verschaffen“, entgegnete einer der beiden Anwälte und stieg unternehmungslustig die Treppen hinauf.

      Dann geschah es! Er stolperte, fiel hin und wäre sogar einige Stufen hinunter gerutscht, wenn Robert ihn nicht aufgefangen hätte.

      „Man muss höllisch aufpassen. Die Stufen sind schon reichlich abgetreten und krumm. Noch dazu bei so einer dürftigen Beleuchtung.“ Teresas Stimme klang fast entschuldigend. Dies sollte aber nicht das letzte Missgeschick bleiben, das während der Besichtigung passierte. Ein Hirschgeweih fiel gerade in dem Augenblick von der Wand, als die vier Besucher vorbeigingen. Zum Glück wurde niemand getroffen. Kurze Zeit später schlug ein Fensterflügel zu und die Scheibe ging zu Bruch. Im gelben Salon stolperte Robert über einen Teppich und fiel der Länge nach hin. Überhaupt war das nicht gerade Roberts Tag. Ihm widerfuhren laufend irgendwelche ‚Unfälle‘. In einem Zimmer stieß er das Toilettengeschirr aus Porzellan vom Tisch, obwohl er beteuerte es gar nicht berührt zu haben. Kurze Zeit später verfing er sich im Vorhang und anstatt sich daraus zu befreien, riss er die gesamten Gardinen herunter. Noch zweimal fiel er in seiner gesamten Länge zu Boden, obwohl weit und breit nichts zu sehen war, worüber er hätte stolpern können. Seine beiden zukünftigen Geschäftspartner musterten ihn zunehmend misstrauischer. Als er dann im Eßzimmer noch zwei Stühle umwarf, meinte der eine von ihnen nachdenklich:

      „Sie haben doch nicht etwa heute morgen schon getrunken? Es wäre unseren gemeinsamen Plänen nicht gerade zuträglich, wenn Sie Probleme mit Alkohol oder ähnlichen Dingen hätten.“

      „Aber selbstverständlich nicht“, versicherte Robert eifrig „ich habe nur gelegentlich Probleme mit dem Kreislauf. Ja, das muss es sein! Dieses herbstliche Nieselwetter macht mir manchmal schwer zu schaffen. Es ist bestimmt der Kreislauf!“

      Teresa wurde zunehmend unruhiger und ihre Miene verfinsterte sich immer mehr. Aber so sehr sie auch achtgab und alle Winkel zu beobachten versuchte, sie konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Als sie den drei Männern alle wichtigen Räume des Schlosses gezeigt hatte, meinte der ältere der beiden Anwälte: „Wir haben gehört, dass sich hier eine ganz bekannte Gemäldesammlung befinden soll.“ Er sah Teresa fragend an.

      „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bilder in der Ahnengalerie besonders bekannt sein sollen. Und sonst sind nicht viele andere Bilder hier“, erwiderte sie. Mit großen Augen sahen die drei Männer Teresa an.

      „Wie, es gibt keine weiteren Gemälde hier? Auch nicht mit christlichen Motiven?“ Sie überlegte kurz. „Na ja, in der Kapelle hängt noch ein Bild.“

      „Ach! Warum hast du mir das am Samstag nicht gezeigt?“

      Roberts Stimme klang streng und unfreundlich.

      „Ich dachte dich interessieren religiöse Dinge nicht“, antwortete sie und sah ihn dabei verständnislos an.

      „Wären Sie so freundlich uns diese Kapelle noch zu zeigen?“, fragte der Kleine. Mit einem ganz unguten Gefühl ging Teresa voraus.

      „Hier“, meinte sie und zeigte auf die Tür. Robert drückte die Klinke herunter, aber er konnte die Tür nicht öffnen.

      „Sperr sie auf!“ Das klang wie ein Befehl. Teresa sah ihn irritiert an.

      „Ich kann die Tür nicht aufsperren. Du siehst doch selbst, dass kein Schlüsselloch da ist. Ich verstehe auch gar nicht, wieso sie auf einmal nicht mehr aufgeht. Bisher war das kein Problem.“

      Nacheinander versuchten alle drei Männer die Tür zu öffnen. Ohne Erfolg! Sie rührte sich keinen Millimeter. Es war fast so, als wäre sie von innen zugemauert.

      „Es hat keinen Sinn. So bekommen wir das Ding nie auf. Man müsste sie aufbrechen“, meinte Robert und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      „Bist du verrückt geworden! Das Schloß gehört dir doch nicht. Du kannst nicht einfach fremder Leute Eigentum demolieren. Ich verstehe überhaupt nicht, warum du die Kapelle unbedingt sehen muhst. Es ist ein Raum wie alle anderen auch.“ Teresa war ziemlich ungehalten und fügte sarkastisch hinzu: „Ich bin sicher, dass man auch daraus ein Hotelzimmer machen kann.“

      „Sie haben vollkommen recht. Wir werden selbstverständlich nicht mit Gewalt dort eindringen. Was für eine absurde Idee“, beschwichtigte der ältere der Beiden mit einem strafenden Seitenblick auf Robert. „Aber Sie könnten uns das Bild möglicherweise kurz beschreiben.“ Verwundert musterte Teresa die Drei.

      „Es ist eine Darstellung der Auferstehung Christi. Die Szene als Jesus Maria Magdalena begegnet. Aber ich verstehe Ihr Interesse an diesem Bild nicht. Die übrige Einrichtung des Schlosses haben Sie doch bisher völlig ignoriert.“

      Für ihren Geschmack ein wenig zu hastig kam die Erwiderung auf ihren Einwand.

      „Wir wollen einen möglichst genauen Überblick über das Inventar haben, um bei der Planung der Ausstattung des Hotels vorhandene Gegenstände mit zu berücksichtigen. Aber ich denke wir haben jetzt genug gesehen. Vielen Dank, Frau Lambert! Meiner Meinung nach sind diese Räumlichkeiten geradezu prädestiniert für unser Vorhaben. Wenn wir diesen alten spanischen Kauz dazu bringen, uns die Gebäude und den Grund zu dem Spottpreis zu überlassen, den wir uns vorgestellt haben, steht unserem Golfresort Schloß Berghof nichts mehr im Wege.“

      Die beiden anderen Männer nickten zustimmend und man setzt sich in Richtung Treppenhaus in Bewegung. Sie waren beinahe im Parterre angekommen, da rutschten Robert die Füße weg und er schlitterte auf dem Hosenboden die letzten zwölf Stufen hinunter. Es sah so albern aus, dass Teresa laut loslachte. Damit handelte sie sich einen bitterbösen Blick ihres Freundes ein. Der neben ihr Stehende neigte seinen Kopf zu ihr herüber und fragte sie:

      „Sind sie sicher, dass er nicht trinkt?“

      Sie nahm Robert sofort in Schutz und versicherte den Beiden, dass bestimmt nur sein labiler Kreislauf an seinen heutigen Schwierigkeiten schuld wäre. Dann eilte sie die Treppe hinunter und half ihm fürsorglich auf die Beine. Nach einer kurzen Abschlussbesprechung verabschiedeten sich die beiden Geschäftspartner und fuhren zurück zu ihrer Kanzlei, um, wie sagten, so bald wie möglich Kontakt mit ihrem Mandanten in Spanien aufzunehmen. Teresa wollte eigentlich noch einmal auf dieses seltsame Gehabe wegen der Bilder zu sprechen kommen. Aber Robert war noch immer sauer auf sie und packte reichlich wortkarg seine Sachen. Nachdem sie sich reumütig ob ihres schändlichen Verhaltens bei ihm entschuldigt hatte, ließ er sich herab sie zu fragen, was sie für die Weihnachtsfeiertage geplant hätte.

      „Ich fahre zu meiner Schwester. Meine Eltern wollen auch kommen und wir werden ein richtig schönes Familienfest feiern. Was hast du vor?“

      „Ich fliege nach Aspen zum Skifahren. Aber ich denke über Silvester bin ich hier. Vielleicht melde ich mich ja.“

      Teresa gab ihm noch die Telefonnummer ihrer Schwester und begleitete ihn dann zu seinem Auto. Nach einem ziemlich flüchtigen Abschiedskuss stieg er ein.

      „Viel Spaß beim Skifahren!“, rief sie ihm noch hinterher.

      Er brauste so sportlich davon, dass sie zur Seite springen musste, um nicht von den hoch geschleuderten Steinchen getroffen zu werden.

      Nachdenklich ging Teresa zu ihrer Wohnung zurück. Sie räumte die Gläser vom Esstisch und trug sie in die Küche. Je länger sie nachdachte, desto mehr kam sie zu dem Schluss, dass es bei all den Missgeschicken, die im Schloß und auf dem Golfplatz passiert waren, nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Da hatte bestimmt Antonio seine Finger im Spiel gehabt. Leiser Zorn stieg in ihr auf. Sie trocknete sich die Hände ab und zog ihre Jacke an. Das musste jetzt sofort geklärt werden! Mit energischen Schritten marschierte sie zum Hauptgebäude hinüber.

      „Antonio!“, hallte ihr Ruf durch das Treppenhaus. In den Gängen der ersten Etage klang ihr Ruf schon bedeutend lauter:

      „Antonio, wo steckst du! Ich