Anna-Irene Spindler

Braune Augen


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konnte. Das Einzige was Robert interessierte waren Quadratmeter, Deckenhöhen, Raumeinteilungen und Zustand der Bausubstanz. Weder der Parkettfußboden noch die Stuckdecken konnten ihm irgendeine Art von Bewunderung abringen. Im Gegenteil! Sein einziger Kommentar dazu war:

      „Oh je, da haben wir mit Sicherheit sofort den Denkmalschutz am Hals. So ein Mist!“

      Als sie in den beiden Obergeschossen durch die Räume gingen, hatte er keinen Blick für die Schönheit der alten Einrichtung.

      „Wenn wir einen Antiquitätenhändler finden, der uns den ganzen Plunder auf einmal abnimmt, können wir vom Glück sagen.“

      Lediglich die Bibliothek begutachtete er mit einer gewissen Neugier. Er nahm einige Bücher aus den Schränken und musterte sie genauer. Dabei pfiff er anerkennend.

      „Das ist doch wenigstens etwas. Ich hatte schon Angst, es gäbe nur Krempel für den Sperrmüll in diesem Kasten. Wenn man das richtige Antiquariat finden würde, könnte man für die alten Schinken ein Vermögen bekommen. Darum werde ich mich selbst kümmern. Vielleicht kann ich sie ja auch dem Staat für irgendein Museum aufschwatzen.“

      Teresa war ihm mit immer verständnisloser werdender Miene gefolgt und hatte seinen lieblosen Kommentare mit wachsendem Unmut zugehört.

      „Du redest ja so, als würde dir das alles schon gehören.“

      „So gut wie, meine Liebe“, kam wie aus der Pistole geschossen seine Antwort. Unternehmungslustig marschierte er weiter. Schließlich, schon fast am Ende ihres Rundganges, landeten sie in der Ahnengalerie. Lachend ging Robert von einem Bild zum nächsten.

      „Schau dir bloß einmal die Speckwänste an“, prustete er los.

      Besonders Mathilde hatte es ihm angetan.

      „Der arme Ehemann! Er brauchte bestimmt jedesmal wenn er mit ihr ins Bett stieg ein besonders großes Kissen um ihr hässliches Gesicht nicht sehen zu müssen. Meine Zeit, war das ein Besen!“

      Vor dem Bild der Fürstin Elena blieb er stehen.

      „Das ist vielleicht eine heiße Braut. Die hat ja noch fast eine bessere Figur als du“, kommentierte er das Gemälde und klatschte dabei Teresa auf den Hintern. „Die aus dem Korsett zu schälen hat bestimmt Spaß gemacht.“

      Sein Blick fiel auf das nächste Bild.

      „Na sieh mal an. Was haben wir denn da? Das ist aber ein Hübscher.“

      Prüfend schaute er zwischen den beiden Portraits hin und her.

      „Die sehen sich doch ähnlich oder?“, wollte er ihre Meinung wissen.

      „Soviel ich weiß sind das Mutter und Sohn“, antwortete sie vorsichtig.

      Er überlegte kurz und sagte dann: „Was meinst du, hatten die zwei wohl was miteinander? Das soll doch in so hochadeligen Familien durchaus üblich gewesen sein. Inzucht war doch damals an der Tagesordnung. Darum hat sich doch bei den meisten von ihnen über kurz oder lang erblicher Schwachsinn eingestellt.“ Mit gerunzelter Stirn betrachtete er noch einmal Antonios Bild.

      „Aber das ist so ein geiler junger Mann. Wer weiß, vielleicht war er ja auch schwul.“

      Die Tür am Ende der Galerie fiel mit einem lauten Krachen ins Schloß. Teresa erschrak fürchterlich und fuhr mit einem spritzen Schrei herum. Es war Niemand zu sehen. Alles war ruhig und still!

      „Kein Grund zur Panik. Du hast vergessen die Tür zu schließen“, meinte Robert gleichgültig. Teresa hätte schwören können, dass sie die Tür zu gemacht hatte.

      Mit einem sehr mulmigen Gefühl wendete sie sich ihrem Begleiter zu und sagte: „Jetzt hast du alle interessanten Räume gesehen. Können wir nicht Schluss machen und zum Golfplatz gehen, solange noch die Sonne scheint.“

      Auffordernd sah sie ihn an.

      „Du hast recht, Mäuschen. Ich habe jetzt schon eine ganz gute Vorstellung von dem Anwesen. Gehen wir!“

      Er legte seinen Arm um ihre Schultern, drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und sie verließen die Galerie.

      „Und das waren wirklich alle interessanten Räume? Sind denn die anderen Zimmer alle leer?“, fragte Robert so ganz nebenbei.

      „Du hast die Zimmer im Erdgeschoss doch gesehen. Es gibt hier oben noch ein, zwei Zimmer, aber die sind lange nicht so interessant, wie die, die du schon gesehen hast.“

      „Du meinst es hängen nirgendwo anders noch Wandteppiche oder Bilder herum?“

      Sie hörte ihm gar nicht mehr richtig zu, sonst wäre ihr vielleicht der drängende Unterton in seiner Stimme aufgefallen.

      „So genau weiß ich das auch nicht. Es hängen bestimmt noch irgendwo Sachen an der Wand. Aber das ist doch jetzt egal. Komm endlich, lass uns gehen.“

      Sie nahm seine Hand und zog ihn hinter sich her. Erst als Teresa wieder im Hof stand und den Schlüssel im Schloß umgedreht hatte, konnte sie aufatmen. Während des ganzen Rückwegs durch das Haus, hatte sie darauf gewartet, dass etwas passieren würde. Sie hatte sich ein paar Mal umgeblickt, weil sie ständig das Gefühl gehabt hatte beobachtet zu werden.

      „Du solltest nicht so abfällig über das Haus und seine ehemaligen Bewohner reden“, sagte sie zu Robert als sie über den Hof gingen.

      Er lachte. „Hast du vielleicht Angst, dass das Schlossgespenst kommt und uns holt.“ Ihre Gedanken zu diesem Thema behielt Teresa wohlweislich für sich.

      Die Missgeschicke

      Sie standen am zweiten Abschlag und Robert bereitete sich auf seinen Schlag vor. Es hatte Einiges an Überredung bedurft, ihn überhaupt so weit zu bringen. Um diese Jahreszeit waren im Golfclub Berghof weder Golfautos noch Trolleys erlaubt und Robert musste sein Golfbag tragen. Beinahe hätte er gestreikt. Erst als sie ihn auf seine nagelneuen Schläger ansprach und seine schicken Schuhe und Hosen in den höchsten Tönen lobte, konnte sie ihn zum Spielen bewegen. Er war gar kein schlechter Spieler, hatte aber die üble Angewohnheit, jeden nicht ganz so gelungenen Schlag zu kommentieren und eine Ausrede dafür zu suchen. Die erste Bahn hatte er gut gespielt und jetzt machte er sich sehr selbstbewusst daran, auf der zweiten Bahn abzuschlagen. Er schwang auf. Da flog ihm der Schläger aus der Hand und landete zehn Meter hinter ihm im Gebüsch. Teresa konnte sich gerade noch die Hand vor den Mund halten und umdrehen, sonst hätte sie schallend los gelacht.

      „He, was soll das!“, rief er, „es war fast so, als hätte mir jemand den Schläger aus der Hand gerissen.“

      Er stapfte zurück und zog seinen Schläger aus dem Heckenrosenbusch. Dabei zerkratzte er sich zu allem Übel auch noch die Hand.

      „Vielleicht haben ja deine neuen Schläger rutschige Griffe, an die du dich noch nicht richtig gewöhnt hast“, munterte Teresa ihn auf.

      „Ja, das wird es wohl sein“, nickte er zustimmend, stellte sich wieder an seinen Ball und schlug ab.

      „Toller Drive!“, rief sie anerkennend und ging zu ihrem Abschlag.

      Dass ihr Ball ungefähr zwanzig Meter weiter flog als sein eigener, nahm er missmutig zur Kenntnis. Da er die Bahn jedoch fehlerfrei zu Ende spielte, kehrte seine gute Laune wieder. Leider nicht für lange. Die Serie seiner Missgeschicke riss nicht ab. Einmal konnte er seinen Ball, der mitten auf der Spielbahn gelandet war, beim Näherkommen nicht wiederfinden. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Das nächste Mal hatte er nur noch ungefähr dreißig Zentimeter zum Einlochen, aber er konnte den Ball erst nach dem vierten Versuch im Loch versenken. Die kleine weiße Kugel drehte immer wieder knapp vor dem Loch ab und rollte vorbei. Robert stand kurz davor, seinen Putter in die Landschaft zu schleudern. Danach passierte es ihm, dass er mitten auf der Spielbahn stolperte und der Länge nach hinfiel. Er bekam fast einen Nervenzusammenbruch, als er den grünen Grasfleck auf seiner neuen Hose sah. Als sie jedoch einen seiner wunderschönen Abschläge, der ohne Zweifel auf dem Fairway gelandet war, im Bunker wiederfanden, stieg