Erich Puedo

Vier Tage


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Holger so vorgestellt haben.«

       »Und hier sein sieht auf den ersten Blick auf jeden Fall schon mal sehr gut aus.«

      »Apropos hier. Wir laufen hier seit 10 Minuten diesen sensationellen Strand entlang und sprechen über so düstere Themen.«

      Jetzt reiß’ dich mal zusammen. Sei mal wieder nett und lustig. Wir sind hier in Spanien, also keine Trauerthemen von zu Hause.

      »So düstere Themen hat dieser Strand nämlich wirklich nicht verdient.«

       »Es ist sooooo schön! Und so düster war unser Gespräch doch gar nicht. Du machst dir eben Gedanken. Und das ist doch gut so. Und selbst wirklich hässliche Gespräche könnten diesem Strand nichts anhaben. Er ist viel zu schön.«

      »Ja, schön hier!«

      Und schon lächelt sie wieder als wären der Strand von Tarifa oder gleich die ganze Welt ein Paradies nur für sie... oder vielleicht ganz kurz und nur heute ein Paradies für uns beide.

       »Wahnsinnig schön. Die Küste da drüben ist Marokko oder?«

      »Ja.«

       »Schon cool, wie nah das ist.«

      »Ja.«

       »Und morgen ist hier Wind?«

      »Ja. Ziemlich sicher. Wo gehst du denn morgen kiten?«

       »Ich kann es noch gar nicht und muss mir erstmal eine Kiteschule suchen. Weißt du eine gute Schule?«

      »Ja. Sie ist ungefähr 10 Kilometer da lang. Kurz vor der Sanddüne dahinten.«

       »Warum dahinten. Ich glaube ich würde lieber hier surfen.«

      »Der Berg dahinten wird von der Sonne tagsüber aufgeheizt und zieht dann die kalte Luft vom Meer an und macht den Wind dahinten noch ein bisschen besser als hier.«

       »Brauche ich denn soviel Wind am Anfang.«

      »Nein. Es schadet aber auch nicht. Und die Kiteschule dahinten ist super. Ganz coole und nette Kitelehrer. Gutes, sicheres Material. Faire Preise. Aber was noch viel wichtiger ist: Es ist der schönste Ort der Welt.

       »Wie? Dahinten soll es noch schöner sein als hier?«

      »Vor der Kiteschule ist eine kleine Wiese mit einer Bar, auf der zum Sonnenuntergang alle sitzen und liegen und ihre Mojitos trinken. Es läuft entspannte Musik. Ich kann es nicht wirklich beschreiben. Es ist ein Ort, der irgendetwas hat. Irgendetwas Einzigartiges. Es ist vielleicht nur ein Gefühl. Man fühlt sich einfach wohl... Und ganz objektiv: Die Aussicht ist dahinten noch schöner als hier. Man hat auf der einen Seite die Sanddüne, die du da schon sehen kannst, und dann hat man geradeaus Marokko, eigentlich genau wie hier. Aber die Sonne steht die letzten Stunden vor’m Untergang einfach genau richtig. Dass das ganze Meer dahinten funkelt... Es ist einfach ein superschöner Fleck Erde. Sicher einer der schönsten überhaupt... zumindest in meinem Leben.«

       »Überredet. Und wie komm ich dahin?«

      »Ich kann dich morgen früh mitnehmen.«

       »Du hast ein Auto?«

      »Ja.«

       »Na dann.«

      Sie schaut mir direkt in die Augen. Und ihre Augen funkeln.

      »Bist du dabei?«

       »Ja! Auf jeden Fall. Wie könnte ich nicht nach deiner Beschreibung vom schönsten Fleck der Erde. Du holst mich ab?«

      »Kann ich machen. Um 10?«

       »Um 10 also.«

      Na, das läuft doch. Vor zwei Stunden war ich noch alleine dabei, mein Buch zu lesen. Und jetzt gehe ich morgen mit Nina kiten. Da braucht Nietzsche heute auch nicht mehr anfangen zu weinen. Ein paar Freudentränen vielleicht... Na, das geht dann vielleicht doch zu weit. Aber ich freue mich. Und zwar richtig. Macht das Sinn? Sollte ich mich wirklich freuen? War da nicht vorhin noch ein Ehemann im Spiel? Und eine ziemlich verrückt wirkende Nina? Ist sie verrückt? Ich glaube, eigentlich nicht. Ich fühle mich unglaublich wohl mit ihr... Und was jetzt? Wir haben eine Verabredung für morgen.

      »Müssen wir uns jetzt verabschieden, nur weil wir eine Verabredung für morgen haben?«

       »Von mir aus nicht.«

      »Von mir aus auch nicht.«

       »Na dann...«

      »Na dann...«

       »Na dann. Bitte ein neues Thema.«

      »Oh, ein neues Thema...: Na, wie läuft es denn so bei dir zu Hause?«

       »Gut.«

      »Nein!!!«

       »Doch!«

      »Krasse Geschichte!«

       »Es läuft wirklich gut. Ich mag meinen Job. Wenn ich nach Hause komme, hat mein Freund meistens schon etwas gekocht. Die Kinder machen keinen Krach, denn wir haben noch keine. Am Wochenende wird ausgeschlafen, ein gutes Buch gelesen, Freunde getroffen... So wie man das halt so macht.«

      »Cool.«

       »Vielleicht ein bisschen langweilig, aber ich finde es gut.«

      »Also einen Freund hast du, aber keinen Ehemann? Und weder der eine noch der andere ist gerade hier in Spanien?«

       »Genau.«

      »Schön.«

      Nicht schön! Gerade habe ich mich noch wie ein kleines Kind auf morgen gefreut. Und kaum erwähnt sie ihren Freund, habe ich schon keine Lust mehr, sie überhaupt morgen zu sehen. Aber eigentlich war es ja klar, nach der ganzen Ehemann- und Machogeschichte vorhin. Es war klar, dass sie einen Freund hat. Und wieso sollte so eine Frau auch keinen Freund haben? Aber sie ist hier. Weggelaufen von ein oder zwei Problemen hat sie gesagt. Sollte ich nicht solange durchhalten, bis sie mir erzählt, was diese ein oder zwei Probleme sind? Ich glaube, ich sollte. Also locker bleiben. Nicht wieder den Eifersüchtigen spielen. Das Wort Zuchthengst nicht aussprechen. Einfach locker bleiben. Einfach irgendwas erzählen. Aber was? Was?

       »Und jetzt sagst du nichts mehr?«

      Doch, doch. Ich will ja. Ich weiß nur nicht was. Einfach irgendetwas:

      »Na richtig spannend war deine Geschichte ja nicht.«

       »Ich bin hier auch nicht zum Geschichten erzählen, sondern um mich mit dir zu unterhalten . Da musst du deinen Teil auch dazu beitragen, sonst wird das nichts mit dem Gespräch.«

      »Richtig. Mein Fehler.«

      Wo sie recht hat, hat sie recht. Freund hin oder her. Also gib dir Mühe:

      »Morgen, also. Das wird gut.«

      Das kann nicht mein Ernst sein. Ich stell mich doch sonst nicht so dämlich an. Sie erwähnt ihren Freund und ich habe eine Sprechblockade. ‚Morgen, also. Das wird gut’? Wie schlecht ist das denn?

       »Ja. Ich bin aufgeregt. Ich habe auch ein bisschen Angst. Völlig ungefährlich ist Kite surfen ja nicht.«

      »Doch, eigentlich schon. Also eigentlich. Die Jungs von der Kiteschule sind super. Die passen die ersten Tage auf dich auf und wenn du die ersten Tage überlebst, dann kann eigentlich nichts mehr passieren.«

       »Wenn ich die ersten Tage überlebe?«

      »Genau.«

       »Das hört sich nicht gut an.«

      »Nein,