Angelika Merkel

Vermächtnis der Sünder Trilogie


Скачать книгу

romantisches Stelldichein?«

       »Bitte nicht! Ihr wisst es doch. Hier endet euer Glück.«

       »Dann sollten wir an einem Ort reden, der ungestörter ist.«

       Er nickte bedeutungsvoll auf die blonde Frau, die hinter Celena herangetreten war.

       »Das ist nicht nötig. Sie gehört zu mir!«

       »Was? Muss ich das verstehen? Habt ihr Lutek abgeschworen?«

       Celena ignorierte das gekünstelte Hüsteln hinter sich. Doch der Umstand, dass die schlanke Sebyll sich zu ihr hinabbeugte, war unmöglich zu übersehen.

       »Offensichtlich ist er doch ein Idiot. Wenn auch ein süßer«, flüsterte sie gut vernehmbar in ihr Ohr.

       »Das habe ich gehört! Nicht zu fassen«, knurrte Belothar.

       Sein Vertrauen in Celenas Menschenkenntnisse schmolz dahin.

       »Bitte tut mir das nicht an. Nicht schon wieder so eine verbiesterte Furie in Form eines Menschen. Ernsthaft. Wo gabelt ihr nur immer solche Leute auf?«

       »Wie üblich, in der Wildnis«, grinste Celena.

       Terzios hatte am Tresen das Treiben belustigt mitverfolgt. Er setzte den Krug an die Lippen und leerte in einem Zug das Gefäß. Alsdann rieb er sich die müden Augen, um die Trägheit zu bannen, die ihn heimzusuchen drohte. Mit einem Seufzen stieß er sich vom Tresen ab und trat an den Tisch.

       »Unsere Unterhaltung eilt, eure Majestät«, sagte der alte Hüter in knappen Worten.

       Belothar blickte verwundert zu dem fremden Mann auf.

       »Und wer …?« Er verstummt im Ansatz seiner Frage.

       In den Augen des Alten sah er ein ihm Bekanntes aufflackern. Gleichzeitig fühlte er die Respekt einflößende Aura, die den Mann umgab.

       »Ihr gehört den San-Hütern an?«

       »Hüter?« Terzios nickte bedächtig. »Sehen wir mal, wie lange noch!« entgegnete er dem König.

       Der Alte sah sich in der Taverne um. Unzählige neugierige aber auch angsterfüllte Augen richteten sich auf die Heldin, die ihr Land vor dem Dunklen bewahrte und sie alle rettete. Gleichwohl richteten sich auch ihre Blicke auf ihre Begleiter.

       »Wir sollten gehen!«, knurrte er. »Diese Wände haben Ohren«, fügte er hinzu, als er an Celena vorbei schritt.

       * * *

      Der Thronsaal des königlichen Palastes erstrahlte in seiner vollen Pracht. Bis auf die Starrstehenden Wachen am Eingang und die kleine Gruppe, die den Saal durchquerte, hielt sich niemand hier auf.

       Belothar führte sie durch den protzigen Saal zu einer Nebentür.

       Celena warf einen Blick auf den Sitz des Herrschers, der mutmaßlich häufiger als es sinnvoll war, leer stand. Irgendetwas in ihr wurde geweckt, als sie den Thron betrachtete. Sie konnte sich nur nicht erklären, was. Die junge Hüterin schüttelte ihr schwarzes Haupt und eilte den anderen nach, die gerade die breite Treppe nach oben schritten. Nach der ersten Treppenflucht, die sich in zwei Richtungen aufteilte, holte sie die Gefährten ein.

       »Der alte Mann vor der Taverne, wer war das?«, flüsterte Celena, nachdem sie neben Terzios daher schritt.

       »Ihr ahnt es bereits!«

       »Wollt ihr damit sagen, er ist einer von uns?«

       »So ist es! Einer, der dem Ruf nicht folgte, als er ihn erhielt. Eine elende Kreatur, zu der wir alle …«

       Terzios stockte, als Belothar sich ebenfalls an Celena wandte. Kurz hielt der Alte Hüter inne, um schließlich wortlos weiterzugehen.

       »Ihr habt euch bisher nicht erkundigt, wie es eurem vierbeinigen Freund ergeht«, begann der Herrscher, neben Celena herschreitend.

       Die junge Frau schluckte. Sie fühlte sich gerade schuldig. Hatte sie doch tatsächlich ihren treuen Kampfgefährten vergessen, den sie Belothar in Obhut gegeben hatte.

       »Hat er euch in die Wade gebissen, weil ihr zu viel Blödsinn erzählt habt? Oder wieso kommt ihr in diesem Moment auf ihn?«

       Sie kicherte, als Belothar sie verdutzt anschaute.

       »Wunderbar! Ich dachte es interessiert euch, wie es dem Hund geht und jetzt muss ich feststellen, dass dem nicht so ist. Ihr seid herzlos.«

       »Ihr nehmt immer noch alles für bare Münze. Natürlich interessiert es mich. Also wie geht es ihm? Hat er sich benommen?«

       »Fragt in der Küche nach!«

       »Ohje!«, seufzte die dunkelhaarige Schönheit entgeistert. »Der Junge hat nur Fressen im Kopf.«

       »Nichtsdestotrotz ist er ein überdurchschnittlich guter Kriegshund. Bedenkt, wie oft er uns allen das Leben rettete.«

       Celena zerrte am Riemen ihrer Rüstung. »Belothar?«, fragte sie zaghaft und zupfte weiter an dem Leder herum.

       »Was?«

       »Habt ihr in eurer Rüstkammer Bequemeres als dieses hier. Es sieht recht nett aus, aber es drückt und scheuert barbarisch an meinen Brüsten.«

       Kaum waren die Worte ausgesprochen, fiel Belothar die Kinnlade herab. Es dauerte mehrere Lidschläge, bis er sich fing.

       »Hattet ihr an etwas Bestimmtes gedacht?«

       »Mir schwebt durchaus etwas Spezielles vor«, entgegnete Celena.

       Inzwischen erreichten sie das Arbeitszimmer des Königs.

       Der Raum, den sie gemeinsam betraten, war groß und rund geschnitten. An den Wänden hingen relativ wenig Gemälde. Dafür waren um so mehr Regale rundherum platziert, die bis zum Zerbersten voll mit Folianten und Büchern beladen waren. Eine Stelle war nicht mit solch einem Regal geschmückt. Dort hatte man eine Aussparung hineingemauert, in der in passender Größe eine Feuerschale zu einem Kamin umgewandelt worden war. Mittig im Raum stand ein kreisrunder, großer Tisch. Es wirkte mit all dem Mobiliar, wie das Zentrum etwaiger Aufmerksamkeit dieser Welt.

       Terzios setzte sich nicht an die Tafelrunde. Er zog sich einen eher schmucklosen Stuhl in die Nähe der großen Feuerstelle. Sich bequem hinsetzend, zückte er eine Pfeife hervor und stopfte diese.

       Einen kurzen Blick auf die in den Regalen stehende, in teuerstes Leder gebundene Literatur werfend, begab sich Celena schließlich an die Tafel. Belothar nahm den klobig hervorgehobenen Stuhl direkt vor dem Kamin. Somit saß Terzios unmittelbar hinter dem jungen König, den er neugierig beäugte, während er paffend Rauchschwaden ausstieß.

       Celena schulterte ihren Rucksack ab, öffnete ihn und holte das schwarze Buch Thiamets hervor. Vorsichtig legte sie es auf den Tisch.

       Zwei andere Dokumente platzierte sie daneben. Eines zeigte das nunmehr zerbrochene Siegel Osgosais, das andere war jenes mit den verschlüsselten Texten der San-Hüter.

       Thorgrim kletterte mit einem Fluch in den langen Bart murmelnd, auf ein für die Menschen gearbeiteten Stühle. Während er sich noch abmühte, um bequem sitzen zu können, öffnete sich eine der anderen Türen. Eine ergraute, müde wirkende Frau trat ein.

       »Wilna!«, stieß Celena überrascht hervor.

       »Hüterin!«, begrüßte die einstige Wegbegleiterin die junge Tousard. Sie ließ es sich nicht nehmen, die Kriegerin zu umarmen.

       »Wie geht es euch?«, fragte die Magierin. »Und wo ist Lutek? Ah! Ich hatte recht mit meiner Voraussicht. Es war ein Fehler, richtig?«, fragte sie mit mahnender Miene.

       »Der eigentliche Fehler liegt darin, dass wir uns trennten«, bemerkte Celena traurig.

       »So, so! Interessant!« Mit Skepsis, die ihr eigen war, beäugte die Magierin ihren Lehrling in Sachen Pflicht.

       »Wer hat euch informiert, dass wir hier sind?«

       »Oh, ich hörte von eurer Ankunft. Man sagte mir das ihr im Arbeitszimmer des Königs verweilt. Ich wollte euch lediglich begrüßen.«

       »Das trifft sich gut. Ihr solltet bleiben und zuhören, was besprochen