Angelika Merkel

Vermächtnis der Sünder Trilogie


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solches durchzuführen. Kein Wunder, dass sein Kopf auf einem silbernen Tablett landete.«

       Celena konnte ihrerseits ein Lachen nicht unterdrücken. Die Geschichten ihrer Vorfahren waren ihr nicht unbekannt.

       »Ihr denkt also, ich wäre geeigneter und hätte besagte Eier?«

       »Bei dem dicken Hinterteil eines Zwerges. Habt ihr die?«

       Mit einem donnernden Lachen schlug der Alte Hüter seine Hand Celena auf die Schulter, um nachfolgend urplötzlich zu verstummen.

       »Morco«, zischte er.

       »Wer?«

       »Ich spüre die Nähe von Horsocks.«

       Kaum hatte Terzios das Wort ausgesprochen, fühlte auch Celena die Anwesenheit des Feindes. Wie spitze Nadeln bohrte sich das abgrundtief Böse, das ebenfalls ihr Blut durchfloss, in ihren Kopf hinein.

       Aus dem Unterholz brachen zeitgleich grobschlächtig gepanzerte Wesen. Die glühenden Augen waren auf ihre Opfer gerichtet, während am Rand der Lichtung, ungesehen im Schatten der Bäume, eine Gestalt stand. Es war nicht einer jener angreifenden Wesen. Es war ein Mensch, der auf die beiden Kämpfer deutete. Der Befehl an die Kreaturen war eindeutig.

       »Rücken an Rücken«, bellte Terzios, der sein Schwert derart blitzschnell in der Hand hielt, das Celena nicht nachvollziehen konnte, wie er es gezogen hatte.

       Mit einer flinken Bewegung riss sie ihre zweite Waffe an sich. Ihre Schneide war aus einem Metall geschmiedet, das nicht von dieser Welt stammte. Himmelsschneide nannte sie die Klinge.

       In beiden Händen die Schwerter schwingend, sprang sie zurück zu Terzios, um sich wie vorgegeben zu formieren.

       Celena duckte sich unter den ersten Schwertstreichen der Angreifer hinweg, indes sie ihre Klingen in deren Körper rammte. Mit gurgelndem Laut brachen sie zusammen. Ein anderer büßte seinen Kopf ein, als Terzios seine Klinge schwang.

       »Sollten die sich nicht in die Dunkelheit der Tiefe zurückgezogen haben?«, keuchte die Tochter der Tousards.

       »Nur dann, wenn sie niemanden haben, der sie kommandiert.«

       »Ich verstehe nicht! Wie?«

       Sie kam nicht dazu, weiterzureden. Um ein Haar hätte einer dieser Missgeburten sie getroffen, wenn sie nicht reaktionsschnell zur Seite gewichen wäre. Wütend wirbelte sie beide Waffen gleichzeitig.

       Dem nächststehenden Monster spaltete sie den Kopf, während der Schlag ihrer linken Waffe die Brust eines anderen aufschlitzte.

       »Das … sind die kleinen Geheimnisse, die wir Alten gerne für uns behalten« hörte Celena seine Worte hinter sich.

       Ein glühendes Holzscheit, von Terzios mit dem Fuß in die Luft katapultiert, flammte von dem Luftzug auf und flog in Richtung eines der Angreifer. Sofort verwandelte sich dieser in eine grunzende, herumspringende Fackel.

       »Wunderbar. Ich habe gerade die tanzende Beleuchtung erfunden«, feixte Terzios.

       Diese Art von Witzen erinnerte Celena stark an ihren zwergischen Kampfgefährten, der sie jahrelang begleitet hatte. Sie musste unwillkürlich lächeln. Schnell erstarb ihr Lächeln wieder. Mehr und mehr dieser unseligen Geschöpfe stürmten auf sie zu.

       »Es sind zu viele. Ich würde meinen rechten Arm für ein Dutzend Zwerge geben«, knurrte Celena zu Terzios.

       »Ich muss euch zustimmen«, bellte er zurück.

       Ein gellender Pfiff ertönte augenblicklich von seinen Lippen.

       »Ihr solltet in Deckung gehen. Sie ist etwas ungestüm.«

       Er deutet mit seinem Kopf über sich. Kaum ausgesprochen krachte eine riesige Kreatur zwischen die angreifenden Monstren. Ihr Kampfschrei glich dem Kreischen eines überdimensionalen Adlers. Wie eine Harpje wütete das große Flugtier zwischen der Horde, die angstvoll zu flüchten suchte. Entweder war es das oder ihnen fehlte ihr Kommandant, der plötzlich untertauchte. Vereinzelte, die zu langsam waren, wurden von den messerscharfen Klauen des Vogels regelrecht zerrissen.

       Nicht lange nach dem Auftauchen des fliegenden Tieres waren alle Angreifer verschwunden.

       * * *

      Aus dem Federgestöber löste sich zum Erstaunen Celenas eine junge Frau.

       »Ein Formwandler« zischte sie leise in sich hinein, während diese in ihrer Nacktheit auf Terzios zu schritt. Offensichtlich schämte sie sich nicht im geringsten darüber, nackt in der Wildnis herumzulaufen.

       Die blondhaarige Frau richtete ruckartig ihre graugrünen Seelenfenster zu Celena und nickte ihr grüßend zu.

       »Kann ich davon ausgehen, dass ihr passende Kleidung für mich habt? Oder wollt ihr mich die ganze Nacht anstarren, während mich nur das Feuer wärmt.«

       Celena schüttelte die anfängliche Starre ab.

       »Wo denkt ihr hin? Und … es gibt schon jemanden.«

       Ihr blondes Gegenüber grinste schelmisch mit einer aufreizenden Bewegung. »Das sagt nichts aus!«

       Ungläubig darüber blickte Celena sie an. Sie gab sich einen Ruck, nicht wütend aufzufahren, drehte sich um und marschierte zu dem Zelt.

       In dem Rucksack fand sie ein geeignetes Kleid.

       Es war von bürgerlicher Aufmachung, entsprach aber nach ihrer Einschätzung der passenden Größe dieser vorwitzigen jungen Frau.

       Zurück am Feuer warf sie es der Fremden zu.

       »Als ob ich nicht schon genug sarkastische Zicken um mich herum hatte. Nein. Da muss diese hier auftauchen. Ist die immer so?« zischte Celena dem alten Ordensbruder zu.

       »Sebyll? Die war nie anders!« antwortete ihr Terzios herzhaft lachend, fast die Worte verschluckend.

       Verwirrt darüber blickte sie den Alten an. Wollte er sie auf den Arm nehmen?

       »Hab ich irgendetwas Witziges verpasst oder was gibt es sonst zu lachen?« murrte sie.

       »Nicht! Es ist nichts!« grinste er vor sich hin.

       Celenas Anspannung, die der Kampf mit sich brachte, verflog. Dafür stellte sich der Hunger ein und ihre Müdigkeit kehrte flugs zurück.

       Die halbe Nacht war vergangen und es war keine Zeit geblieben den Magen zu füllen, geschweige Schlaf zu finden. Möglicherweise befand sich in den Satteltaschen, die ebenfalls in dem Zelt lagen, Nahrhaftes.

       Seit Tacio ihr das Pferd samt den Taschen überlassen hatte, hatte sie nicht einen Blick hineingeworfen. Sie hoffte innig, darin Essbares zu finden, denn ihr Proviant im Rucksack reichte nicht für drei.

       Im Zelt zurück, kramte sie daher in den Taschen. Dabei fiel ihr das versiegelte Dokument in die Hände, welches der Meisterassassine hineingelegt hatte. Es trug das Wappen von Osgosai. Kurz starrte sie darauf.

       Lutek, ihr Geliebter stammte von dort. Sie schüttelte den Kopf, um die aufkommenden Gedanken an ihn abzuwehren. Schnell steckte sie das Dokument zurück.

       »Hat jemand Hunger?«, brüllte sie aus ihrem Zelt hinaus.

       Sie durchforstete weiter die Taschen nach Essbarem und fand, was sie suchte. Mit gedörrtem Fleisch, Brot und sogar einer Flasche Met trat sie wieder hinaus.

       »Keine schlechte Idee. Wir sollten zuvor die Sauerei vernichten, sonst würgen wir das Essen sofort wieder aus.« Terzios deutete über den Platz, als er die junge Hüterin mit ihrer Beute in der Hand im Zelteingang stehen sah.

       »Ich hasse diese Arbeit«, knurrte Celena und blickte dabei finster auf die zerstreuten Leichenteile.

       * * *

      Die uralte Bergfestung der San-Hüter erhob sich imposant vor ihnen. Ihre Türme reckten sich wie drohende Wächter in den Himmel und glitzerten von dem Schnee, der auf ihnen lag. Ein wahrhaft stolzer Anblick, nicht jedoch für die Reisenden, die auf dem Weg dorthin waren.

       Celena rutschte zum wiederholten Male in der Glätte der weißen Pracht aus. Fluchend darüber wünschte sie sich, ihre Stiefel