Rudolf Hochmeister

Die Blase der Frau


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zu verhindern. Unterlaufen diese jedoch dem erfahrenen Vorgesetzten sind dessen Eitelkeit, Wunsch nach Verdrängung und Suche nach einem „Schuldigen“ ein nicht zu unterschätzender „Human Faktor“.

      Diplomatie bedeutet in diesem Zusammenhang auch diesen bei der Suche nach einer für alle Beteiligten akzeptablen Lösung mit einzubeziehen. Da es sich bei diesem Letzten - wie übrigens auch in allen anderen Kapiteln- um eine wahre Begebenheit handelt mündete sie in „Ende gut alles gut“.

      Die übersehene komplette Harnretention mit Harnrückstau und dadurch bedingter Niereninsuffizienz bildete sich nach Entlastung durch einen Katheter vollständig zurück. Ebenso die durch den Herpes zoster verursachte Blasenentleerungsstörung und die Patientin verließ voll des Lobes über die Klinik und aller behandelnden Ärzte insbesondere aber ihrer Stationsärztin Candida. Auch ihr Gatte der Universitätspräsident beglückwünschte in einem Gespräch unter vier Augen den Chef der Klinik zu seiner großartigen Leistung und seinem kompetenten Ärzteteam. Dieser wiederum –gegenüber einer nahezu enthusiastischen Wertschätzung seiner Institution von höchster Stelle nicht unempfänglich- gab das Lob an seine Stationsärztin Candida weiter und versicherte ihr seine besondere Wertschätzung.

      Andre und sein Oberarzt Zans entkorkten an einem der folgenden Abende auf der Terrasse eine Flasche Krug 1990.und stießen auf ihre Rochade an. „Weißt Du Zans“ sagte Andre: „Selbst der größte Meister bleibt ein Lehrling nur.“

      „Ich weiß das es nicht von Ihnen stammt Chef! Aber manchmal ist auch: „Die Lüge die Wahrheit in Liebe!“.

      „Stammt dies nicht von den Jesuiten?“ sagte Andre und leerte sein Glas.

      Kapitel 1 - Warum sich dahinter mitunter eine vielschichtige Problematik verbirgt

      Seit nunmehr einem Jahr ist Andre Anfang der Vierzig nunmehr Chef einer neu gegründeten urologischen Klinik in einer kleinen Universitätsstadt. Seine jungen Mitarbeiter sind motiviert und die Klinik ist auch bei Patienten aus dem Ausland beliebt. Vorwiegend sind es komplizierte Erkrankungen die von anderen Kliniken und niedergelassenen Kollegen zur Operation zugewiesenen werden. Der Chef gilt als freundlich und zuvorkommend im Umgang mit den stationären Patienten insbesondere aber auch in den Konferenzen mit noch unerfahrenen Kolleginnen aus anderen Kliniken.

      Dieses Bild wandelt sich jedoch jeweils regelmäßig an jedem Donnerstag. Und je näher die Abendsprechstunde rückt umso offensichtlicher wird seine Verdrossenheit von der seine Sekretärin ein Lied zu singen weiß.

      Am Donnerstagabend steht die Sprechstunde Patientinnen offen die bei ihm persönlich Rat und Hilfe suchen. Unter diesen aber finden sich zunehmend Frauen mit einem Krankheitsbild welches gemeinhin als „Reizblase“ bezeichnet wird. Im Vordergrund steht sowohl ein gehäufter als auch unmittelbar einsetzender Harndrang. Dementsprechend kennen die Damen für ihre Einkäufe alle erreichbaren Toiletten in der Stadt. Mitunter sind es aber auch nach langen Beschwerdefreien Autofahrten die kritischen Minuten zwischen der Ankunft vor dem Haus und dem Öffnen der Haustüre. Auch als „Garagentorphänomen“ bezeichnet ist der dann unvermittelt einsetzende und kaum kontrollierbare Harndrang bislang ebenso ungeklärt. Paradoxerweise findet sich aber ein unauffälliger Urin und ebenso normaler Spiegelbefund der Harnblase. In den Lehrbüchern wird dies als „Reizblase“ bezeichnet und mit den unterschiedlichsten Medikamenten meist ohne nachhaltigen Erfolg behandelt. Physiotherapeuten empfehlen reichlich Flüssigkeit sowie Sitzbäder und anschließend kalte Wickel mit frischen Zwiebeln. Homöopathen dagegen verschiedene Tees zur Eindämmung des Harndrangs

      Andre steht diesem Phänomen „Reizblase“ ebenso hilflos gegenüber wie seine vorbehandelten Kollegen Die Patientinnen kommen immer wieder. Zutiefst frustriert beginnt er diese Sprechstunde zu hassen. Zudem keimt in ihm der Verdacht bei den sich so ähnelnden Befunden könnte es sich um ebenso ähnliche Hintergründe handeln. Sollten diese aber auf einer höheren seelischen Ebene liegen? Dann währe die Blase womöglich lediglich das Organ welches der Projektion von ungelösten psychischen Problemen dient und somit jeder Behandlungsversuch von vorneherein erfolglos so lange das psychologische Problem weiterbestand.

      Zur Psychologie und den psychosomatischen Erkrankungsformen hat Andre zugegebenermaßen ein gespaltenes Verhältnis. Bereits als Student wegen mangelnder Kenntnisse zu einer Zwangsfamulatur und Wiederholungsprüfung verurteilt trägt er noch heute schwer an diesem Misserfolg. Daher zweifelt er auch an diesem Erklärungsversuch. Anderseits wird er immer häufiger mit den Nebenwirkungen von verschiednen auswärts versuchten Behandlungsverfahren konfrontiert. Im Vordergrund stehen dabei die trotz negativem Harnbefund verordneten Antibiotika!

      Zu Andre besten Freunden zählt Sven der Gynäkologe am Klinikum. Nur wenige Jahre älter als Andre genießt Sven bei seinen Kollegen mit dem höchsten Ansehen. Darüber hinaus wird er von seinen Patientinnen vergöttert. Seine skandinavische Abstammung kann er auf Grund seiner Statur und langsamen Sprache nicht leugnen. Seine Ruhe ist ebenso sprichwörtlich wie seine Unpünktlichkeit mit der er zu Sitzungen erscheint. Er besitzt keine Uhr und seine Hebamme behauptet die Gebähreenden im Kreißsaal würden bereits einschlummern wenn er sich nur zu ihnen auf den Bettrand setzt. Mit gleicher Gelassenheit hört Sven sich in seiner Sprechstunde die leidvollen Schilderungen seiner Patientinnen an.

      „ Geduld“ sagt Sven zu Andre „ Geduldig zuhören und nicht unterbrechen. Dann erzählen und erzählen sie und es wird ihnen leichter und leichter, “

      „Und meine Ambulanzschwester Sven wird wahnsinnig denn das Wartezimmer ist voll!“

      „Dann musst Du eine Spezialsprechstunde einrichten Andre! Und dann kannst Du gleich zu Beginn die Frage stellen: „Haben Sie vielleicht ein Problem?“

      Mit Schrecken erinnert sich Andre an die Folgen dieser Frage die er als Vertreter seines Chefs in dessen Privatsprechstunde einer Dame gestellt hatte. Um die Fünfzig und Gattin eines Industriellen stürzten ihr die Tränen aus den Augen. Seine Untreue zeriss ihr nicht nur das Herz auch Ihr Kontinenz Mechanismus hatte Schaden genommen. Als sich nach einer dreiviertel Stunde die Türe hinter ihr schloss schwor er sich diese Frage nie mehr zu stellen.

      Anderseits kamen auch vermehrt Patientinnen in seine Sprechstunde mit einer wesentlich komplizierteren Problematik und daher hielt er an diesem Donnerstagabend weiterhin fest.

      Kapitel 2 - Warum Frauen in anderen Ländern hinsichtlich ihrer Blase unbekümmerter sind.

      Südafrikanischer Urologenkongress, Festbankett, festlich gedeckte Tische die Damen in langen Kleidern die Herren in Black Tie eine Band spielt verhalten Background Oldies! Andre hat Glück! Die ansonsten grauenhafte Langweile derartiger Pflichtveranstaltungen wird durch seine junge attraktive Tischdame aufgehellt. Als Gattin des Professors für theoretische Physik ist auch sie solchen akademischen Events gnadenlos ausgeliefert und ihre sarkastischen Kommentare bringen ihn immer wieder zum Lachen.

      Endlich erhebt sich der Tagungspräsident und besteigt alterssteif das Blumengeschmückte Podest mit dem Rednerpult. Aus seiner schwarzen Jacketttasche ragt das beängstigend dicke Papierbündel seiner Rede.

      „Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen... “in Gedanken ist Andre wieder am Lake Manyara unmittelbar nach Sonnenaufgang.Im sanften Morgenwind glitzern die Wellen, zwei Sattelstörche mit leuchtend gelb, schwarz und rot gemusterten Köpfen schreiten langsam am Ufer entlang tauchen ihre langen roten Schnäbel in die Dümpel zwischen Graspfannen auf der Suche nach Fröschen, entfalten ihr prächtiges Gefieder...........

      Im gleichen Moment erhebt sich eine ältere Dame am Nachbartisch und geht zielstrebig zwischen den Tischen auf ein Schild neben dem Ausgang zu. Auf großen weißen Lettern steht: WIHT, BLACK und in der Mitte davon FIRE

      Seine Nachbarin merkt seine betretene Verwunderung und flüstert

      „Volle Blase!“

      „ Bei uns in Europa gleichgültig ob in Berlin, Hamburg oder Wien wäre dies unmöglich!“ Sagt er ebenso leise.

      „Es ist mir eine große Ehre“ fährt der Präsident