R. S. Volant

Das Kind der Königin


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nur mit seinem ersten Hauptmann, ohne Amanoue mit in ihre Gespräche einzubeziehen und so lehnte er sich bald gelangweilt zurück und gähnte herzhaft.

      Henry sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm hin. „Langweilen wir dich?“, fragte er und Amanoue zuckte ertappt zusammen.

      „Nein, `err, nischd im Geringsten!“, antwortete er schnell und setzte sich wieder gerade hin.

      „Kätzchen, du kannst ruhig schon ins Bett gehen. Ich kann verstehen, wenn dich die Unterhaltung zweier Erwachsener nicht interessiert“, meinte Henry dennoch und griff nach seiner Hand.

      Amanoue sah ihn so überrascht an, dass es schon einer echten Empörung glich, doch dann räusperte er sich deswegen verlegen und senkte wieder schuldbewusst seinen Blick. „Versei`ung, `err“, stammelte er verlegen, „aber isch würde misch sehr gerne, mitunter`alten…“

      Henry nahm skeptisch den Kopf zurück und ließ ihn los. „Kätzchen, über was denn? Du verstehst doch gar nichts davon! Und jetzt geh ins Bett! Ich mag es eh lieber, wenn es schon etwas angewärmt ist“, setzte er noch nach und grinste ausgerechnet Falco dabei verschmitzt an, der seinen Blick auch noch genauso spöttisch erwiderte.

      Amanoue ruckte abrupt seinen Stuhl zurück und marschierte sofort nach hinten. Vor Wut und vor Trauer biss er die Zähne fest zusammen, um nicht loszuheulen und setzte sich frustriert auf die Bettkante.

      „Ihre Majestät haben Eurer Majestät eine Nachricht geschickt?“, hörte er Falco fragen, woraufhin Henry freundlich nickte.

      „Ja, Hauptmann!“, antwortete der Saukerl doch tatsächlich übererfreut, „sie möchte mir entgegenkommen und vielleicht schaffen wir es sogar noch, zusammen zum Osterfest, in Austra einzutreffen! Das wäre natürlich schon schön“, schwärmte Henry versonnen lächelnd und spielte mit seinem goldenen Pokal. „Ihr wisst doch, wie sehr ich ihre Majestät schätze und ich freue mich wirklich sehr darauf, sie endlich wiederzusehen“, sagte er zu Falco. „Was meint Ihr, könnten wir das schaffen?“, fragte er seinen Kommandanten und Amanoue hatte das Gefühl, gleich zu platzen.

      Falco lächelte ebenso dämlich zurück. „Ich denke schon, Eure Majestät! Wenn das Wetter so traumhaft bleibt! Wir sind gut vorangekommen, die letzten Tage“, antwortete er zuversichtlich. „Und es wäre sicher ganz wundervoll, wenn Eure Majestäten gemeinsam nach Austra zurückkehren würden. Auch für das Volk, wäre es ein Zeichen der Verbundenheit, zwischen Eurer Majestät und der Königin“, schleimte er weiter.

      Henry nickte höchst erfreut und prostete ihm zu. Danach unterhielten sie sich wieder über Pferde und natürlich das Jagen, was ihre Lieblingsthemen zu sein schienen. Amanoue legte sich genervt seufzend zurück, schälte sich aus dem Morgenmantel und schlüpfte unter die Decken. Da es die letzten Nächte sehr frisch gewesen war, hatte Sebastian zusätzlich noch die Fuchsfelldecke darübergelegt und Amanoue kuschelte sich darin ein. Er bibberte noch etwas, doch dann wurde ihm langsam wärmer und er vernahm die Stimmen immer leiser, bis er schließlich eingeschlafen war. „Komm zu mir…“, war das letzte, was er im Geiste hörte.

      Falco erzählte seinem König gerade von dem tiranischen Pferd, das ihm zugelaufen war und schwärmte begeistert von dessen Gelehrigkeit, als Amanoue sich plötzlich erhob und sich kurz im Zelt umsah. Er ging bis zur Mitte hin, blieb scheinbar gedankenverloren stehen und blickte direkt zu ihnen hin, ohne sie jedoch wahrzunehmen.

      Henry und Falco sahen erst ihn und dann sich, fragend an. „Liebling, was ist denn? Sind wir zu laut?“, fragte Henry verwirrt.

      Amanoue reagierte nicht darauf, wandte sich wieder ab und ging zielsicher auf den Ausgang zu. „Kätzchen?“ Henry räusperte sich, „wo willst du denn hin?“ Er räusperte sich nochmals und wesentlich lauter, „Amanoue! Falls du es noch nicht mitbekommen hast, du bist nackt! Amanoue?!“

      Amanoue marschierte ungerührt weiter und wollte tatsächlich gerade das Zelt verlassen, als Sebastian ihm mit einer Decke hinterher stürmte und ihn aufhielt. Er musste sich ihm in den Weg stellen und legte ihm dabei die Decke um. „Liebes, so kannst du doch nicht hinausgehen, es ist doch viel zu kalt“, sagte er, doch Amanoue schien geradewegs durch ihn hindurchzusehen und als er weitergehen wollte, warf Sebastian einen besorgten Blick zum Tisch. „Eure Majestät!“, rief er hilflos und Henry erhob sich sofort.

      Auch Falco stand nun auf und beide gingen zum Zeltausgang. Verwundert beobachteten sie, wie der alte Diener sich inzwischen abmühte, Amanoue daran zu hindern, das Zelt zu verlassen. „Eure Majestät“, rief er, „ich glaube, dass er wieder schlafwandelt! Was soll ich tun?“

      „Lasst ihn nicht durch!“, rief Henry den beiden Wachen zu, die sich mittlerweile umgedreht hatten und ebenfalls verdutzt die Szenerie beobachteten. Amanoue versuchte immer wieder, sich irgendwie an Sebastian vorbei zu schlängeln und die Decke lag längst auf dem Boden.

      „He, Manou, was ist los?“, fragte eine der Wachen, „is`n bisschen zu frisch draußen, für einen kleinen Spaziergang im Mondschein, so ohne alles!“, meinte er und grinste seinen Kameraden an, doch als Amanoue nicht reagierte, stellten sie sich ihm wie eine Wand entgegen.

      „Was soll `n das?“, fragte nun auch der andere, „hast du nicht gehört? Seine Majestät hat befohlen, dich nicht durchzulassen, also mach `n Abgang! He! Verdammt, was soll denn das?“, rief er dann aufgebracht, als Amanoue trotzdem versuchte sich zwischen ihnen durchzuquetschen. Dann wollte er sie umgehen, doch die beiden Soldaten bewegten sich jedes Mal mit, einmal einige Schritte nach rechts, dann trippelten sie wieder nach links und so sah es fast aus, als würden sie mit ihm tanzen, während Henry und Falco ihnen mit wachsender Unruhe dabei zusahen.

      „Verdammt!“, rief Henry schließlich genervt, „sie sollen ihn einfach wieder hereinbringen! Sofort! Das halbe Lager glotzt schon her!“

      Falco trat augenblicklich energisch heran. „Was ist los mit euch?“, herrschte er seine Soldaten an, „seid ihr nicht in der Lage, mit so einer halben Portion fertig zu werden oder studiert ihr gerade einen neuen Tanz ein?“ Er packte Amanoue hart am Arm und riss ihn einfach herum. „Was soll das? Mach, dass du wieder ins Zelt kommst!“

      Amanoue starrte ihn erschrocken an, griff sich blitzschnell Falcos Dolch und streckte ihm die Waffe drohend entgegen. Falco ließ ihn daraufhin sofort los, hob beschwichtigend die Hände und trat gleichzeitig etwas zurück. „Amanoue, um Himmelswillen, was machst du denn?“, raunte er so ruhig wie möglich.

      Amanoue stand geduckt vor ihm und sah ihn lauernd, zum Angriff bereit, wie ein in die Enge getriebenes Tier, an. „Liebes, oh mein Liebes“, jammerte Sebastian, „bitte, gib dem Hauptmann den Dolch zurück! Es will dir doch niemand etwas tun“, rief er verzweifelt, da machte Amanoue einen Schritt rückwärts, weg von ihm und sah sich kurz gehetzt nach den beiden Gardisten um, die nun ihrerseits einen Schritt zurückwichen. Fragend sahen sie ihren Hauptmann an.

      „Amanoue, erkennst du mich nicht?“, raunte der leise und Amanoue fuhr wieder zu ihm herum. „Ich bin es, Falco. Es ist alles in Ordnung! Niemand will dir etwas Böses!“ Er streckte vorsichtig die Hand aus, Amanoue blickte darauf, wich zurück und stach gleichzeitig nach ihm, so dass Falco entsetzt zurücksprang.

      Henry, der fassungslos hinter ihnen stand, kam nun ebenfalls beherzt näher und schob sich vor Sebastian, dessen Hände an den runzligen Wangen wie festgeklebt schienen. „Eure Majestät“, jammerte er völlig aufgelöst, „nicht!“

      Doch Henry ignorierte ihn und stellte sich neben Falco, da ließ Amanoue plötzlich den Dolch sinken und sah ihm direkt ins Gesicht. Er murmelte etwas auf asconisch zu ihm und es klang wie eine Frage in ihren Ohren. „Kätzchen, ich verstehe dich nicht“, entgegnete Henry bewundernswert ruhig und gelassen, „weißt du, wer ich bin?“

      Amanoue zögerte kurz und legte leicht den Kopf schräg, so als müsste er darüber nachdenken, dann wandte er sich ungerührt von ihnen ab um seinen Weg fortzusetzen und die Wachen griffen zu. Sie stürzten sich auf ihn, begruben seinen nackten, zierlichen Körper geradezu unter sich und hielten ihn eisern fest. Amanoue wehrte sich zwar verzweifelt, doch gegen die großen Männer hatte er keine Chance. Schließlich versuchte er nur noch schreiend vor Angst freizukommen und