R. S. Volant

Das Kind der Königin


Скачать книгу

stand im lichten Schatten einiger mit jungem Grün überzogener Bäume, die Sonne schien bereits ungewöhnlich warm für die Jahreszeit und nur an der nächtlichen Abkühlung merkte man, dass es eigentlich erst Anfang April war.

      Das Wetter war gut, genau wie die Laune der Soldaten um sie herum, was auch daran lag, dass sie immer öfter an Siedlungen und kleineren Städten vorbeikamen und sie jedes Mal von deren Bevölkerungen jubelnd begrüßt wurden. Dabei geizten die Bewohner auch nicht und versorgten ihren geliebten König und seine Truppen großzügig mit Speis und Trank. Auch mit Bier, was die Stimmung der Gardisten noch zusätzlich steigerte, nur Henry saß mit grübelnder Miene still vor seinem Teller und stocherte griesgrämig darin herum, als sein Heiler besorgt auf ihn zukam.

      „Eure Majestät, fehlt Euch etwas?“, fragte der sogleich und verbeugte sich erst danach.

      Henry sah ihn mürrisch an. „Nein, macht Euch keine Sorgen! Es geht nicht, um mich“, raunte er. Er machte eine kleine Pause und holte plötzlich tief Luft, wobei er seltsam betreten wirkte. „Setzt Euch bitte, Gregorius, hier, neben mich“, sagte er und deutete auf einen freien, dritten Stuhl, der direkt neben ihm stand.

      Gregorius trat verwundert näher und setzte sich mit besorgter Miene. „Eure Majestät?“

      Jetzt runzelte auch Falco die Stirn und hielt bei seinem Mahl inne. „Seid Ihr hungrig?“, fragte Henry und zeigte mit seinem Speisemesser auf die Speisen vor ihnen.

      „Danke sehr, Eure Majestät, aber ich habe schon etwas zu mir genommen“, lehnte Gregorius höflich ab und sah ihn abwartend an. „Was fehlt Euch?“, fragte er geradezu sanft.

      „Nichts!“ Kam die prompte Antwort, doch der König schien alles andere als glücklich und schnaufte erneut schwer durch. „Es, naja, also“, raunte er, die Stimme senkend und lehnte sich zurück. „Es geht nicht, um mich“, er schluckte nervös, „wie ich schon sagte, also, es betrifft eher, Amanoue.“

      Wieder entstand eine kleine Pause. „Ist er krank?“, hakte Gregorius nach, wobei er ziemlich überrascht wirkte. „Verzeiht, aber vorhin machte er nicht den Eindruck, als ich ihn auf dem Weg hierher sah. Ganz im Gegenteil sogar, er wirkte mir putzmunter, er sieht wieder sehr gut aus und scheint auch endlich etwas zugenommen zu haben! Das Soldatenleben, scheint ihm außerordentlich gut zu bekommen“, meinte er recht verwundert.

      Henry nickte knapp und räusperte sich geradezu verlegen. „Ja, es ist alles wunderbar! Er hat einen guten Appetit und auch so, kann ich nicht klagen, alles läuft bestens, zwischen uns. Auch das mit dem Band, scheint zu funktionieren, denn seit einigen Nächten schläft er wieder friedlich wie ein Säugling an der Mutterbrust, durch. Aber…“

      „Aber?“ Gregorius sah ihn gespannt an, genau wie Falco auf der anderen Seite.

      „Naja, wie soll ich es sagen, es gibt da ein Problem, was unser, naja, Ihr wisst schon, nachts, es klappt irgendwie nicht mehr, egal, was ich auch mache“, stammelte Henry und schnaufte fast erleichtert durch, als es heraus war.

      Falco zog ein verdutztes Gesicht und Gregorius nickte wohlweißlich. „Ah ja“, machte er, immer noch nickend, „Eure Majestät haben Potenzprobleme!“

      Falco hätte sich beinahe verschluckt und Henry hob sofort abwehrend die Hände. „Aber nein! Nein!“, rief er beinahe laut aus, bevor er die Stimme fast wieder zum Flüsterton senkte. „Nicht ich, er!“

      „Wer?“

      „Na, er, Amanoue“, flüsterte Henry raunend.

      Falco ließ sein Messer fallen, entschuldigte sich beklommen und hob es verlegen vom Boden auf, während Gregorius sich ungläubig zurücklehnte. „Ja“, sagte Henry gedehnt, „es geht irgendwie, gar nichts mehr!“ Wieder räusperte er sich und hob fragend die Hände. „Ich mache wirklich alles, was ich kann! Liebkose ihn, genau da, wo er es sonst immer gerne hatte, bin zärtlich und gebe mir alle Mühe und trotzdem, es funktioniert nicht! Gar nichts! Er kommt einfach nicht mehr! Manchmal, habe ich zwar das Gefühl, dass es ihm durchaus gefällt und dass er auch davon erregt ist und er wird auch hart, aber dann liegt er nur noch wie ein Brett unter mir und rührt sich überhaupt nicht mehr! Außer, dass er sich im Bett festkrallt und in die Kissen beißt, einmal, hat er sich sogar selbst in die Hand gebissen, dass es fast geblutet hat“, berichtete er und lehnte sich ebenfalls sehr genervt zurück.

      Gregorius sah ihn weiterhin mit gehobenen Augenbrauen an und Falco wäre am liebsten im Erdboden versunken. Er wagte es nicht, sich zu rühren, obwohl im fürchterlich die Nase juckte, doch er starrte nur betreten vor sich hin.

      „Und?“, fragte Henry nun ungeduldig.

      „Aaaah“, machte Gregorius wissend.

      „Was, aaah?“

      „Aha! Ich habe mich schon gewundert, dass es nachts so ruhig ist“, erwiderte da Gregorius schmunzelnd, „und das ist nicht nur mir aufgefallen!“

      „Was soll das heißen?“, brummte Henry empört.

      „Verzeiht, Eure Majestät, aber wenn Ihr sonst mit Amanoue intim wart, hat das, das halbe Lager mitbekommen! Es war einfach nicht, zu überhören“, meinte der Heiler fast grinsend und blickte dabei zu Falco hinüber, der sich auf die Lippe biss und tatsächlich leicht nickte.

      Der König erhob sich, ging um den Tisch herum und wandte sich wieder zu ihnen um. Er hatte die Arme hinter dem Rücken und hielt sich die Hände. „So laut?“

      „Oh ja, Eure Majestät“, antwortete Gregorius frei heraus und wurde von Falcos Nicken noch unterstützt. Beide standen ebenfalls und während der Hauptmann eher sehr betreten wirkte, blickte der Heiler ihm offen entgegen.

      „Wie lange, geht das schon so?“, wollte er wissen.

      „Naja, ich weiß nicht genau, lange jedenfalls! Ich kann mich gar nicht genau erinnern, wann er das letzte Mal gekommen ist. Auf der Burg noch, fing es schon an, also, nachdem ich, ihn“, Henry senkte schluckend den Blick, „nachdem ich ihn so entsetzlich verprügelt hatte!“ Er fuhr sich mit beiden Händen über sein betroffenes Gesicht, „ich habe ihn angebrüllt und ihm schwere Vorwürfe gemacht, von wegen, dass er sich immerzu nur wie eine Hure benehmen würde“, sagte er kleinlaut und sah wie Gregorius erkennend nickte. „Meint Ihr, dass das, der Grund sein könnte?“, fragte er befürchtend und sein Leibarzt nickte erneut, zwar nur einmal, aber dafür mehr als deutlich.

      „Verzeiht, Eure Majestät, aber das liegt doch wohl auf der Hand! Ich denke, dass er sich einfach nicht mehr fallen lassen kann, vor lauter Furcht, vor Euch als Hure zu gelten“, antwortete Gregorius geradezu verständnislos.

      „Aber das stimmt doch gar nicht“, verteidigte sich Henry sogleich, „ich mag es ja, wenn er im Bett, naja, etwas wild ist!“

      „Aber anscheinend weiß er das nicht“, erwiderte Gregorius besänftigender.

      „Oh doch! Ich habe mit ihm darüber gesprochen und es ihm sogar bestätigt!“, konterte Henry wieder.

      Gregorius räusperte sich. „Könnte ich etwas Wein haben?“, fragte er und Falco, der sich noch immer nicht rührte, fühlte sich beinahe erleichtert.

      „Ja, sicher! Kai!“ Henry setzte sich wieder und bedeutete ihnen ebenfalls Platz zu nehmen. Kai schenkte die Becher voll und sie tranken einen langen Zug. „Was soll ich denn nun machen?“, fragte der König und sah sie beide hilflos an. Falco senkte umgehend den Blick und Gregorius legte väterlich seine Hand auf Henrys Arm.

      „Eure Majestät, Amanoue ist sehr temperamentvoll und ich denke, es liegt schlichtweg in seiner Natur, etwas lauter, beim Liebesspiel zu sein! Das hat nichts, mit seiner Vergangenheit als Lustsklave zu tun und auch nichts mit Verdorbenheit! Es ist doch schön, wenn jemand mit allen Sinnen genießen kann und dies auch zeigt! Bringt ihn einfach zum Stöhnen und Ihr werdet sehen, das Problem wird sich von alleine lösen“, sagte er lachend. „Verzeiht, aber es ist zu komisch!“, meinte er kopfschüttelnd und trank seinen Becher aus.

      „Ihr habt gut lachen“, murrte Henry, „und wie, bitte schön, soll ich das anstellen?“