Stephan Waldscheidt

KLÜGER PUBLIZIEREN für Verlagsautoren und Selfpublisher


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und wie sie es will. Sehen Sie sich auf der Website der Agentur an, was dort zur Kontaktaufnahme steht. Manche Agenten bestehen auf einem Erstkontakt per Telefon oder Mail, bevor Sie Ihr Exposé oder gar das komplette Manuskript hinschicken. Manche wollen nur zehn Seiten Leseprobe, andere wollen fünfzig. Einige möchten einen kurzen, andere einen ausführlichen Lebenslauf, wieder andere wollen, dass Sie einen Fragebogen ausfüllen.

      Was für die Verlagssuche gilt, gilt auch hier: Die Suche nach einem Agenten macht keinen Spaß, sondern Arbeit. Und sie erfordert viel Geduld. Ein kleiner Trost: Die Agenten antworten meist schneller als Verlage.

      Dem steht jedoch eine unschöne Entwicklung sowohl bei Verlagen als auch bei Agenten entgegen: Viele von ihnen schicken nicht mal mehr Absagen, auch keine Standardabsagen. Doch wenn sie das nicht tun, sagen sie das in den meisten Fällen auf ihrer Homepage. Etwa so: »Wir melden uns nur bei Ihnen, wenn wir an Ihrem Manuskript interessiert sind. Wenn Sie nicht innerhalb von sechs Wochen von uns hören, betrachten Sie das bitte als Absage.«

      Das ist verständlich angesichts der Vielzahl von Angeboten, die bei den Agenten eingehen. Höflich oder gar freundlich ist es nicht. Vor allem sorgt es dafür, dass sich Autoren heute mehr als je zuvor wie Bittsteller fühlen statt wie die Schöpfer der Inhalte und Geschichten, von denen eine ganze Branche lebt.

      In der Praxis: Verlagsautor Volker hatte Glück. Er hat ohne Agentur einen Verlag gefunden, sogar einen der größeren. Das Geld für eine Agentur will er sich sparen. Er kann gut verhandeln, scheut sich auch nicht, um Nachkommastellen zu feilschen, er ist lange genug in der Branche, um sich auszukennen, hat Kontakte zu Autoren, Institutionen, Verlegern.

      Da ist aber noch ein Argument, warum Volker sich entschieden hat, es ohne Agentur zu versuchen. Er ist überzeugt, Agenten wählen sich ihre Autoren noch stärker nach Verkäuflichkeit aus, als dies selbst die großen Verlage tun.

      Volkers Argument: Die Agenten arbeiten unter dem Motto vorauseilenden Gehorsams. Sie nehmen nur Autoren, von deren Verkäuflichkeit an Verlage sie überzeugt sind. Daher gehen Sie noch weniger Risiko ein als die risikoscheuen Publikumsverlage. In einem Verlag kann sich der Lektor für ein Manuskript entscheiden, weil er glaubt, es passe zum Verlag oder dieses Buch müsse einfach erscheinen.

      Solche Gedanken sind für einen Agenten Luxus. Ein Luxus, den sich die Wenigsten leisten und leisten können. Wie Verlagen werden auch Agenturen weit mehr Manuskripte angeboten, als sie bewältigen können – und angesichts der zumeist mäßigen Qualität bewältigen wollen. Alles, was nicht nach sehr wahrscheinlichem Verkauf aussieht, wird abgelehnt. So frustrierend das für Autoren ist, so verständlich und richtig ist das aus Sicht der Agenturen. Sie arbeiten schließlich so lange unentgeltlich für einen Autor, bis sie die Rechte an seinem Manuskript einem Verlag verkauft haben.

      Es gibt Ausnahmen. Manche Agenturen erkennen ein Potenzial in einem Autor und wollen das entwickeln. Aber darauf vertrauen, dass ausgerechnet Sie und Ihr Manuskript zu diesen Auserwählten gehören, sollten Sie nicht.

      Für einen Autor, der nicht ganz klar und breit in einer bestimmten Schublade schreibt, gestaltet sich die Suche nach einem Agenten besonders schwierig. Alles, was nicht gleich auf den ersten Blick kommerziell wirkt, wird abgelehnt. Hinzu kommt: Agenten vermitteln in der Regel nur an Verlage, die ihren Autoren Vorschuss zahlen. Und das tun eben nur die großen und manche der mittelgroßen Verlage. Bei Kleinverlagen sind Vorschüsse in mehr als symbolischer Höhe, also solche, die zumindest in den unteren vierstelligen Bereich kommen, selten.

      Eine weitere Gefahr lauert auf den Autor, der sein Manuskript in einem größeren Verlag unterbringen möchte. Bei der Suche nach einer Agentur fangen Sie am besten ganz oben an: bei den Agenten, mit denen Sie am liebsten zusammenarbeiten möchten. Das ist klug. Doch je mehr Agenten von oben Ihnen absagen, desto mehr Kompromisse gehen Sie ein. Am Ende bleibt als einziger Partner womöglich eine Agentur, bei der Sie sich nicht wohlfühlen, bei der Ihr Werk nicht gut aufgehoben wäre.

      Damit steht die nächste Entscheidung an: »Will ich es mit einer suboptimalen Agentur versuchen? Ist eine schlechte Agentur besser als keine?« Ich unterstelle einmal, dass es unter den seriösen Agenturen keine wirklich schlechte gibt. Doch manche Agenturen vertreten Sie vielleicht nicht so, wie Sie das möchten. So gibt es Agenten, die mit den Autoren am Text arbeiten, andere tun das nicht. Manche Agenturen sind so groß, dass Sie Ihnen nicht die Betreuung anbieten können, die Sie erwarten oder brauchen.

      In der Praxis: Diese schlechte Erfahrung hat Volker gemacht. Nach anfänglichem Enthusiasmus wurde die einzige Agentur, mit der er je zusammenarbeitete, bald zu einer Blackbox. Er bekam keine oder nur sehr zeitverzögerte Antworten auf seine Mails, wusste nicht, an welche Verlage der Agent sein Manuskript geschickt hatte und erfuhr trotz mehrfachen Nachfragens nicht, warum Heyne und Ullstein seinen Thriller abgelehnt hatten.

      Nach einem Jahr hat Volker den Vertrag mit der Agentur gekündigt und sich geschworen: nie mehr. Ein Jahr, das er im Nachhinein als ein verlorenes Jahr betrachtet, ein Jahr, in dem seine Karriere auf der Stelle trat. Er hatte seiner Agentur zu sehr vertraut, nur um festzustellen, dass sie in der ganzen Zeit so gut wie nichts für ihn getan hatte. Von einem Vermittlungserfolg ganz zu schweigen.

      In der Praxis: Ich selbst habe noch Krasseres mit meiner ersten Agentur erlebt. Dort meldete sich die für mich zuständige Agentin irgendwann gar nicht mehr. Über Monate wurden weder meine Mails noch meine Anrufe beantwortet. Nach mehr als einem halben Jahr kompletter Funkstille ließ man sich in der Agentur dazu herab, mir mitzuteilen, die für mich zuständige Agentin stecke »in einer persönlichen Krise«! Ein halbes Jahr, in dem nichts geschah und meine Karriere auf der Stelle trat. In der kein anderer der Mitarbeiter es für nötig befand, sich um die Autoren zu kümmern, für die jene in der Krise befindliche Kollegin zuständig war. Aber auch ein Fehler von mir. Ich hätte hartnäckiger drängen oder den Vertrag eher kündigen müssen.

      Für Sie heißt das: Wenn es nicht anders geht, seien Sie auch mal penetrant im Umgang mit Ihrer Agentur. Sie sind Kunde und Auftraggeber, Sie sind derjenige, der sagen sollte, wo es langgeht. Denken Sie daran, dass Sie mit vielen anderen Autoren um die Zeit der Agenten buhlen. Wer sich da zu sehr zurückhält, kommt leicht zu kurz.

      In der Praxis: Anders als Volker hat Vera die Entscheidung für einen Agenten zu Beginn ihrer Karriere ganz pragmatisch getroffen und nicht bereut. Sie hatte folgenden Plan: Erst würde sie alle infrage kommenden Agenturen anschreiben. Danach die Verlage. Wohl wissend, dass kein Agent Ihr Manuskript auch nur mit der Grillzange anfassen würde, wenn es zuvor schon von dreißig Verlagen abgelehnt worden war. Außerdem wusste sie da schon, dass in der Regel Agenten schneller antworten als Verlage.

      Vielleicht wäre dieses Vorgehen, falls Sie in einem Publikumsverlag veröffentlichen möchten, auch das Richtige für Sie?

      Und wenn Sie Selfpublisher sind? Da müssen Sie keine schwierige Entscheidung pro oder kontra Agentur treffen. Zudem sparen Sie sich die Mühe, die Zeit, den Ärger und vor allem: die Frustration bei der Suche nach dem passenden Agenten. Niemand erhält gerne Absagen, und es dürfte den wenigsten Autoren gelingen, eine Absage nicht zumindest zum Teil auch persönlich zu nehmen. Selbst wenn sie wissen, dass es da in den meisten Fällen nicht um ihre Person geht, sondern nur um das Manuskript, um den Roman oder um das Sachbuchkonzept.

      In der Praxis: Selbstverlegerin Selma war zu Anfang ihrer Karriere bereits nach einigen Absagen frustriert. Sie hat sich geschworen: nie mehr. Das Argument einer Kollegin, sie habe von einigen Agenturen und Verlagen in den Absageschreiben nützliche Hinweise zu ihrem Manuskript erhalten, lässt Selma nicht gelten: »Glückssache.« Das sagt sie auch, weil Sie sich die Aussage einer Agentin gemerkt hat: »Aus Absagen von Verlagen lernst du als Autor ... gar nichts.«

      Was heute mehr denn je zutrifft, wo – siehe oben – viele Verlage und manche Agenturen nicht einmal mehr Standardabsagen verschicken.