das zweite Blech auf dem Tisch und verteilt die ersten Kekse darauf. »Ja, das ist es.« Er legt die Hände auf Kais und Jamons Schultern. »Wir sind eine Familie und ich bin stolz darauf, was ihr beide in diesem Jahr geschafft habt.«
»Nicht wir beide. Wir drei«, widerspricht Jamon sofort.
Kai nickt. »Er hat recht. Wir drei. Ohne dich wären wir nie so weit gekommen.«
Verlegen reibt sich Ren das Kinn. »Wenn ihr meint. Dennoch bin ich stolz auf euch beide und jetzt sollten wir weitermachen, sonst sind wir hier bis zum Neujahrsfest noch nicht fertig.«
Lachend schüttelt Kai den Kopf und legt die letzten Herzen auf das Blech, ehe er zusieht, wie sein Großvater den restlichen Teig wieder zu einer Kugel formt und dann mit dem alten Nudelholz ausrollt.
»So, ihr könnt weitermachen.« Ren zwinkert den beiden zu, als er sich abwendet und einen Topf mit Milch auf den Herd stellt.
Als das zweite Blech auch gefüllt ist, sind die ersten Kekse bereits fertig gebacken und können aus dem Ofen genommen werden. Ein herrlicher Duft breitet sich in der Küche aus und Jamon kann es sich nicht verkneifen, einen der noch heißen Kekse zu stibitzen. Er schiebt ihn sich in den Mund und obwohl er sich beinahe die Zunge verbrennt, schließt er genüsslich die Augen. »Lecker«, murmelt er mit vollem Mund.
Tadelnd hebt Ren den Finger. »Erstens: Man fragt, bevor man sich einen Keks nimmt. Zweitens: Man spricht nicht mit vollem Mund. Und jetzt macht weiter, damit wir auch die restlichen Kekse in den Ofen schieben können.«
Runterschluckend nickt Jamon mit verlegen geröteten Wangen. »Tut mir leid, aber ich konnte einfach nicht widerstehen.«
Bald liegt auch der restliche Teig in Form von Halbmonden und Sonnen auf dem Blech, das sich immerhin noch einmal bis zur Hälfte füllt. Da die Kekse im Ofen noch nicht fertig sind, stellen sie das Blech auf die Arbeitsplatte.
Während Jamon jetzt den Tisch von Mehl und Teigresten befreit, bereitet Ren mit Kais Hilfe das Frühstück vor. Aber kein Duft nach Schwarztee mischt sich mit dem Duft der Kekse, denn zur Feier des Tages hat Ren den Kakao hervorgeholt und gibt sogar noch einen Klecks Sahne dazu.
Mit leuchtenden Augen nimmt Jamon eine der Tassen und schnuppert. »Das riecht so gut. Heute ist wirklich ein besonderer Tag.«
Leise lachend legt Kai den Arm um seinen Liebsten. »Ja, heute ist ein besonderer Tag«, raunt er ihm zu. »Lass uns frühstücken. Wir haben noch viel vor.«
Wissend nickt Jamon. »Ja, Großvater hat es mir gesagt, dass wir nachher noch zum Friedhof gehen.«
»Jungs, der Kakao wird nicht wärmer, wenn ihr weiter rumredet, also setzt euch hin und esst.« Streng sieht Ren die beiden an, aber das schelmische Blitzen in seinen Augen zeigt deutlich, dass er es nicht so meint.
Dennoch setzen sie sich nun und greifen nach den Brötchen.
Immer wieder sehen sich Kai und Jamon tief in die Augen, während sie essen. Irgendwie ist die Stimmung heute anders als in den letzten Wochen. Sie ist entspannter …
Schmunzelnd beobachtet Ren seine beiden Enkel, die ihn gerade mehr an Jugendliche erinnern, so wie sie einander ansehen. »Wenn wir mit dem Frühstück fertig sind, möchte ich gleich zum Friedhof aufbrechen.«
Aus seinen Gedanken gerissen, blickt Kai fragend zu seinem Großvater. »Warum die Eile? Ich meine … natürlich will ich auch zum Friedhof, aber sonst hast du es nie so eilig gehabt.«
Seufzend deutet Ren zu Jamon. »Willst du ihn zwingen hierzubleiben? Du weißt doch genau, wie voll der Friedhof am Fünfundzwanzigsten immer ist. Wir sind schließlich nicht die Einzigen, die heute die Verstorbenen besuchen.«
Beschämt senkt Kai den Blick. »Du hast ja recht. Daran habe ich nicht gedacht, dass Jamon sich dann ja verstellen muss.«
Ernst nickt Ren. »Genau. Und darum will ich möglichst früh los.« Er beugt sich etwas vor und legt die Hand auf den Arm seines Enkels. »Nun sei nicht so geknickt. Wir packen nachher gleich die Kekse ein und gehen los. Dann kann Jamon den Ausflug auch noch genießen.«
Leise räuspert sich Jamon. »Wir müssen uns nicht überschlagen, nur damit ich nicht so lange den perfekten Sklaven spielen muss. Es ist also alles gut.« Sanft lächelnd erwidert er den Blick seines Shariks.
»Nein, Großvater hat recht. Es ist nicht fair, wenn du nicht du selbst sein kannst, wenn wir auf den Friedhof gehen«, widerspricht Kai sofort und steht auf. »Ich gehe den Stoffbeutel für die Kekse holen.« Unter den aufmerksamen Blicken seines Liebsten eilt er aus der Küche.
Im Wohnzimmer bewahren sie in einer Schublade neben den Räucherstäbchen auch die Stoffbeutel auf, die sie immer an Weihnachten benutzen. Nachdenklich mustert Kai die Räucherstäbchen und nimmt zusätzlich zu dem Beutel kurzerhand auch noch ein paar von ihnen mit nach unten.
Als er wieder in die Küche kommt, ist schon fast alles aufgeräumt, Jamon muss nur noch die letzten Teller abtrocknen. »Ich habe auch die Räucherstäbchen dabei. Mir ist heute danach.«
Mit einem wissenden Blick sieht Ren zu seinem Enkel und nickt. »Gut, dann können wir ja los.« Er nimmt Kai den Beutel ab, legt eine genau abgezählte Menge Kekse hinein und zündet dann die Kerze, die er beim letzten Marktbesuch extra für den heutigen Tag gekauft hat, mit einem glühenden Holzspan an, ehe er sie in eine Laterne stellt.
Kurz darauf laufen die drei warm eingepackt bei strahlendem Sonnenschein durch die weißen Straßen Richtung Friedhof. Ihr Atem ist in der kalten Luft deutlich zu sehen und der frisch gefallene Schnee knirscht unter ihren Füssen.
Jamon läuft mit gesenktem Blick hinter den beiden Mutsuos her, dennoch genießt er den Spaziergang durch die wie unter einer weißen Decke schlafenden Stadt.
Als sie durch das Tor des Friedhofes treten, ändert sich die Atmosphäre auf eine Art, die Jamon nicht benennen kann. Es kommt ihm noch stiller vor, obwohl viele Menschen auf den Wegen unterwegs sind oder vor den Gräbern stehen und sich in einem stillen Zwiegespräch mit ihren verstorbenen Lieben unterhalten.
Zum Glück ist niemand in der Nähe des Familiengrabes der Mutsuos, sodass Jamon endlich den Blick heben kann und mit einem leichten Lächeln den Grabstein ansieht. Noch immer schmerzt es ihn, dass er Tante Amina nie wiedersehen kann, aber jetzt weiß er wenigstens, dass sie glücklich gewesen ist und ihn nie vergessen hat.
Mit andächtigen Bewegungen stellt Ren die Kerze auf das Grab und legt die Kekse dazu. Er senkt den Blick und murmelt lautlos ein paar Worte, ehe er zurücktritt, sodass Kai vortreten kann.
Kai fährt mit der Hand schon beinahe sanft über den Grabstein, ehe er die Räucherstäbchen an die Kerze hält und sie dann in den Schnee steckt. »Mama, Papa, ich wünschte, ich könnte öfter herkommen, aber ihr seid in meinem Herzen immer bei mir«, raunt er leise und tritt nun auch zurück. Mit einem warmen Blick sieht er seinen Liebsten an. »Nun du. Auch du hast hier jemanden, den du liebst«, sagt er leise.
Jamon tritt vor und legt die Hand auf den Grabstein. Er schließt mit gesenktem Kopf die Augen, ehe er wieder zurücktritt und sich zwischen Kai und Ren stellt.
Lange stehen sie schweigend da.
Schließlich räuspert sich Ren leise. »Gehen wir nach Hause.«
Als seine beiden Enkel nicken, wendet er sich um und geht langsam den verschneiten Weg entlang, auf dem inzwischen schon deutlich mehr Leute unterwegs sind als noch vor einer Stunde. Kai folgt ihm mit Jamon, der das Schlusslicht bildet.
Nachdem sie durch das Tor getreten sind, bleibt Ren stehen und spricht leise die Worte, mit denen er immer um Schutz für seine Familie bittet. Lächelnd blickt er daraufhin zu seinen Enkeln, ehe sie sich auf den Weg nach Hause machen.
Durchgefroren betreten sie den Hinterhof, als Jamon stockt. »Es ist jemand hier«, stellt er erschrocken fest, als er Geräusche aus dem Stall hört, die nicht nur von den Pferden stammen können.
In dem Moment kommt Rashid aus dem Stall. »Verzeiht, ich wollte euch nicht erschrecken. Aber