J. D. Möckli

Der Wüstensklave


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      Als er aus dem Stall tritt, blickt er zum Himmel. »Zeit fürs Frühstück«, murmelt er und geht ins Haus. Die vom Schnee feuchten Schuhe zieht er sich gleich hinter der Tür aus und schlüpft in die Hausschuhe, ehe er sich die Hände wäscht und dann in die Küche geht.

      »Da bist du ja wieder. Hast du alles geschafft?« Fragend sieht Ren zu Jamon, der bedauernd den Kopf schüttelt. »Leider nein. Ich muss noch den Hof vom Schnee befreien und dann die Asche verteilen. Kann ich den Jungs morgens eine zusätzliche Portion Hafer geben? Sie scheinen bei der Kälte die Energie zu brauchen.«

      Ren drückt Jamon eine Tasse Tee in die Hand. »Mach das ruhig. Wir können ja am nächsten Markttag noch extra Hafer kaufen gehen und vielleicht finden wir ja auch einen Sack Mais.«

      Sich die kalten Finger an der Tasse wärmend, trinkt Jamon vorsichtig einen Schluck. »Das hört sich gut an. Auch wenn ich weiß, dass es für die Pferde besser ist, wenn der Stall nicht geheizt wird, tut es mir doch auch ein wenig leid, dass sie in der Kälte stehen müssen. Ich gebe schon eine Extralage Stroh in die Boxen, damit sie es schön warm haben.« Noch einmal von dem Tee trinkend, genießt er die Wärme, die sich langsam von innen in seinem Körper ausbreitet. »Isst Kai wieder im Laden?«

      Ernst nickt Ren und setzt sich hin. »Ja, die ersten Leute haben schon an die Tür geklopft, als er Holz nachgelegt hat. »Dieses Jahr ist es ungewöhnlich kalt und die Menschen suchen nach warmen Stoffen. Anscheinend sind wir einer der wenigen Händler, die noch welche haben. Besonders dieser Wollstoff ist trotz der heiklen Farbe heiß begehrt. Wenn das so weitergeht, werden wir schon in einer Woche keinen mehr haben.« Er nimmt sich ein Brötchen und schneidet es auseinander. »Ich habe ihm vorhin ein belegtes Brot und eine Kanne Tee gebracht, da standen schon drei Kunden im Laden und die beiden, die warten mussten, haben sich schon selbstständig umgesehen. Es ist wirklich selten, dass das passiert.«

      Jamon hört aufmerksam zu, während er sein Honigbrötchen isst. »Können wir oben auch ein wenig heizen? Es ist so schrecklich kalt im Schlafzimmer.«

      Ren kann sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. »Das können wir machen. Wir müssen einfach den Kamin im Wohnzimmer auch anfeuern und die Schieber dementsprechend einstellen, dann wird es oben kuschelig warm. Aber wir heizen nicht zu sehr, sonst müssen wir noch teuer Holz nachkaufen gehen und das möchte ich vermeiden.«

      »Es muss ja nicht so warm wie hier unten werden, aber ein bisschen wärmer als draußen wäre schon schön oder ist dir nicht kalt, wenn du aufstehst?«¨

      Lachend lehnt sich Ren zurück. »Doch, natürlich ist mir auch kalt, wenn ich morgens aufstehe. Darum bin ich auch einverstanden, dass wir oben ein wenig einheizen.«

      Grinsend mustert Jamon den alten Mann. »Du hast also nur darauf gewartet, dass einer von uns sagt, dass wir oben etwas heizen wollen?« Auch wenn er es wie eine Frage klingen lässt, ist es doch mehr eine Feststellung.

      Ertappt reibt sich Ren übers Kinn. »Du hast mich erwischt. Ich kann doch nicht zugeben, dass ich es wärmer haben möchte. Das geht gegen meinen Stolz.«

      Kopfschüttelnd widmet sich Jamon wieder seinem Brötchen.

      Schweigend frühstücken sie zu Ende.

      Nachdem Jamon Ren dabei geholfen hat, die Küche von den Spuren des Frühstücks zu befreien, geht er zurück in den Hof, wo er den Pferden nun je eine Handvoll Hafer gibt und ihnen auch gleich das nächste Heunetz in die Boxen hängt.

      Als die Pferde zufrieden kauend dastehen, nimmt er die Schneeschaufel und befreit den Hofplatz vom Schnee, ehe er die Asche auf dem Platz verteilt. Zwar ist der Boden nun schmutzig, aber immerhin nicht mehr glatt. Dennoch verzieht Jamon das Gesicht, als er die graue Schicht sieht, die alles andere als appetitlich aussieht. »Also die Pferde füttere ich jetzt nur noch in den Boxen. Das kann doch auf Dauer nicht gesund sein.«

      »Führst du Selbstgespräche?« Schmunzelnd lehnt Kai im Türrahmen und beobachtet seinen Liebsten.

      »Musst du nicht im Laden stehen?« Mit dem leeren Eimer geht Jamon zu Kai und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. »Was machst du hier hinten? Ist im Laden nichts los?«

      Seufzend lehnt Kai die Stirn gegen die seines Liebsten. »Doch, schon, aber ich musste kurz aufs Klo und dachte, ich schau mal nach dir. Großvater steht im Moment im Laden, darum muss ich auch gleich wieder reingehen.«

      »Wenn das so ist, kann ich dir dann den Ascheeimer geben? Ich will die Pferde noch ein wenig laufen lassen und die Boxen ausmisten, bevor wir nach dem Mittagessen losgehen, und bin ziemlich spät dran.«

      Als ihm sein Sharik den Eimer aus der Hand nimmt, lächelt Jamon ihn dankbar an und haucht ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. »Danke, Sharik.«

      Schmunzelnd legt ihm Kai die Hand auf die Wange. »Nichts zu danken. Du solltest dann aber noch einmal duschen, bevor wir losgehen. Du bist voller Asche, mein Schatz.« Noch bevor sein Liebster etwas erwidern kann, dreht Kai sich um und geht zurück ins Haus.

      Die Stirn runzelnd blickt Jamon an sich runter und seufzt. »Na toll, sogar die Jacke ist voll.« Murrend geht er die Seile holen und blockiert das Tor, ehe er die Pferde rauslässt und die Boxen ausmistet. Dabei wird ihm richtig warm, obwohl die Kälte langsam durch seine Kleidung dringt.

      Gute zwei Stunden später stehen Blacky und Rocky wieder in ihren Boxen und zupfen einzelne Heuhalme aus den neuen Netzen. Sie fressen allerdings nicht wirklich, da sie immer noch satt sind.

      Zufrieden beobachtet Jamon das Verhalten der beiden und gibt ihnen noch einmal frisches Wasser, bevor er ins Haus geht und sich unter die Dusche stellt.

      Im ersten Moment brennt das warme Wasser auf seiner kalten Haut, dennoch stellt er es nicht kälter, sondern genießt das Kribbeln sogar, als das Gefühl in seine Glieder zurückkehrt. Leider kann er es sich heute nicht leisten, zu lange unter der Dusche zu stehen, weshalb er schon nach ein paar Minuten bedauernd wieder aus der Wanne steigt und nach einem Frotteetuch greift.

      Nachdem er sich abgetrocknet hat, wickelt er es sich um die Hüften. Vor dem Spiegel stehend, mustert er sich und betrachtet nachdenklich den Bart, der ihm in den letzten Tagen gewachsen ist. Eigentlich gefällt es ihm so.

      Frisch geduscht und mit etwas gestutztem Bart verlässt er das Badezimmer und geht nach oben, wo er überrascht feststellt, dass es deutlich wärmer ist als noch am Morgen. Offenbar hat Großvater schon den Kamin angefeuert. Dennoch fröstelt es ihn, als er im Schlafzimmer steht. Er zieht sich deshalb eilig frische Kleidung an, diesmal einen besonders warmen Pullover und auch noch ein Shirt darunter.

      So warm eingepackt, geht Jamon nach unten und setzt sich zu Kai und Ren an den Tisch, die schon auf ihn warten. Eine herrlich duftende Kartoffelsuppe steht auf dem Tisch und wartet nur darauf, dass sie verspeist wird.

      »Verzeiht, dass ihr warten musstet. Großvater, meine Jacke ist leider voll Asche. Wie kriege ich die schnell wieder sauber?«

      Ren ist schon dabei, die Suppe zu verteilen. »Reibe nicht an den Flecken, dann kannst du die Jacke noch bis zum Waschtag im Stall anziehen. Asche geht relativ gut wieder raus, wenn man sie nicht in den Stoff einreibt.«

      »Okay, dann passe ich in den nächsten Tagen besonders gut auf.« Erleichtert, dass die Jacke wieder sauber werden wird, atmet Jamon auf und nimmt sich zu der Suppe auch noch ein Brötchen.

      Nach dem Essen brechen die drei warm eingepackt und mit einem Korb voller Häppchen zu Yusakus Schmiede auf. Trotz der Flecken hat Jamon wieder die warme Jacke aus dem Wollstoff angezogen und sein Sharik hat ihm sogar noch grinsend eine Mütze über den Kopf gestülpt und einen Schal um den Hals gewickelt.

      Mit gesenktem Köpfen gehen sie durch den stärker werdenden Schneefall über die weißen Straßen. Ihre Schritte werden durch die Schneeschicht gedämpft und irgendwie wirkt es durch das graue Licht seltsam, an den eigentlich so vertrauten Häusern und Geschäften vorbeizugehen.

      Als sie den Platz vor Yusakus Schmiede erreichen, atmet Kai auf. »Endlich, ich dachte schon, wir kommen gar nicht mehr an. Ist die Schmiede etwa weiter weggewandert?«

      Grinsend