Ханс Фаллада

Bauern, Bonzen und Bomben


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Sagen Sie ihm, daß Sie die Verantwortung nicht tragen können. Setzen Sie ihm die Pistole auf die Brust, gehen Sie auf Urlaub – nur, verhindern Sie die Demonstration. Gareis braucht Sie zur Ausführung seiner Befehle. Verweigern Sie ihm die Hilfe und verhindern Sie diese wahnwitzige staatsfeindliche Demonstration.«

      »Es liegt außer meiner Macht ...«

      »Wer ist schon Gareis? Ein zufällig gewählter Vertreter einer zufällig gewählten kommunalen Mehrheit. In diesem Herbst sind neue Wahlen. Die Verbindungen des Oberpräsidenten ...«

      »Meine Herren«, sagt Polizeioberst Senkpiel und erhebt sich mit einem Ruck: »Dies geht nicht.«

      Die beiden andern starren ihn an.

      »Außerdem ist Gareis, so viel ich weiß, eng mit dem Minister befreundet.«

      »Wir sind unter uns, Herr Oberst, seien Sie ganz unbesorgt, wir sind unter uns. Was ist schon ein Bürgermeister? Nicht wahr, Sie wollen doch weiter, Herr Oberinspektor? Verhindern Sie diese Demonstration!«

      »Meine Herren«, beginnt flüsternd und hastig der Polizeioberinspektor und schaut scheu zur Tür. »Ich verstehe Ihren Standpunkt, ich kann fast sagen: ich teile ihn. Aber Ihre Voraussetzung ist falsch. Ich bin machtlos, ich bin ohne Einfluß. Suchen Sie ihn zu überzeugen, Herr Assessor, ich will gerne, soweit es meine Stellung erlaubt, in die gleiche Kerbe hauen. Mehr zu tun, ist mir unmöglich.«

      »Soweit es Ihre Stellung erlaubt!« Des Assessors Stimme klingt verärgert. »Man muß sich manchmal entscheiden können, mein lieber Oberinspektor. Man muß manchmal Opfer bringen, wenn man etwas erreichen will.«

      »Trotzdem! Trotzdem! Meine Stellung hier. Ich bin nicht beliebt in der Stadt.«

      Senkpiel trommelt gegen die Scheiben. »Sind Sie nun bald fertig, meine Herren? Es hört sich nicht sehr hübsch an. Außerdem kann Gareis jeden Augenblick wiederkommen.«

      Der Assessor springt auf, läuft erregt hin und her: »Und es soll bei dieser Entscheidung bleiben? Unmöglich! Vollkommen unmöglich! Es muß ...« Er bleibt stehen, seine Züge erhellen sich. »Kommen Sie her, meine Herren. Auch Sie bitte, Herr Oberst. Ein anderer Vorschlag:

      Die Demonstration findet statt. Sie wird gestattet. Sie staunen, meine Herren? Sie wundern sich? Ja, wir gestatten die Demonstration der Bauern, wir sind großzügig. Aber –

      Aber Sie, Herr Oberinspektor Frerksen, Sie haben die Führung der kommunalen Polizei. Sie ordnen den Zug. Sie besichtigen ihn. Sie haben ein Auge auf ihn, ein exzeptionell scharfes Auge.«

      Ganz langsam: »Und wenn Sie irgend etwas merken, etwas Anstößiges, Aufreizendes, Staatsfeindliches – ein Zuruf, ein Lied schon kann es sein –, so schreiten Sie ein, so lösen Sie den Zug auf.«

      Der Assessor schaut triumphierend, der Oberst meint skeptisch: »Mit vierzig Mann kommunaler Polizei. Ich beglückwünsche Sie zu dieser Aufgabe, Herr Frerksen.«

      Der Assessor lächelt: »Richtig, das sagte ich noch nicht. Eine ganz kleine Konzession wird mir unser lieber Gareis doch machen, da ich ihm soweit entgegenkomme. Zwei Hundertschaften legen wir hier in Bereitschaft, ganz unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Etwa auf den Rathaushof, in der Marbedeschule, die ja auch zur Hand ist. Das tut er doch, nicht wahr, Herr Frerksen?«

      »Ich weiß nicht ... es ist schon möglich ... ich zweifle allerdings ...«

      »Die Leute sollen ja nicht zum Einsatz kommen. Nur für den äußersten Fall der Not, Herr Oberinspektor, das muß ihm doch recht sein!«

      Er wendet sich rasch zu dem eintretenden Gareis: »Also, Herr Bürgermeister. Wir haben alles noch einmal durchgesprochen. Herr Frerksen hat mir wertvolle Aufschlüsse gegeben:

      Unsere Bedenken sind nicht zerstreut, aber wir wollen sie zurückstellen. Sie mögen den besseren Kontakt mit den Bauern haben seit Ihrer vorzüglich gelungenen landwirtschaftlichen Ausstellung. Also, die Demonstration findet statt, sie wird freigegeben.«

      »Ich habe das bereits eben einem Führer der Bauernschaft mitgeteilt.«

      Meier verzieht das Gesicht ein wenig: »Nun also. Ist auch das in Ordnung. Nur eine Konzession müssen Sie uns machen: für den schlimmsten Fall legen wir Ihnen ein oder zwei Hundertschaften Schupo her, auf den Rathaushof, in eine Schule.« Sehr rasch: »Nein, nein, niemand erfährt davon, die Leute kommen nachts. Es ist nur, daß Sie Hilfe zur Hand haben. Ich würde sogar, nun, ich will es verantworten, die Leute unter Ihren Befehl stellen.«

      Der Oberst grunzt.

      Der Assessor lächelt nervös: »Unser lieber Oberst Senkpiel scheint zu protestieren. Aber Sie verstehen doch, Herr Oberst, so schwierig, wie der Fall gelagert scheint. Nicht wahr, Herr Bürgermeister, wir sind einig?«

      Der Bürgermeister lächelt: »Ich bin längst einig und zwar mit mir selber. Schupo kommt nicht nach Altholm. Was Sie da sagen von ›heimlich‹, ›niemand erfährt davon‹, ist, entschuldigen Sie, Herr Assessor, Unsinn. Auf den Rathaushof gehen hundert Fenster, ganz abgesehen davon, daß auch in Altholm Leute manchmal nachts auf sind und die Schupo kommen sehen.

      Nein, all das kommt nicht in Frage. Es gibt keine Zusammenstöße.«

      »Herr Bürgermeister, ich bitte Sie, der Regierungspräsident ...«

      »Auch der Regierungspräsident kann an meiner Entscheidung nichts ändern.«

      »Wir werden Ihnen einen Befehl geben!«

      »Ich wende mich dann an den Minister. – Aber, lieber Herr Assessor, was erregen wir uns? Ich trage die Verantwortung, ich allein. Der Fall ist erledigt.«

      »Er ist nicht erledigt. Er kann und darf nicht so erledigt sein.«

      »Ich versichere Ihnen, er ist erledigt.«

      »Dann«, ruft der Assessor verzweifelt aus, »dann bleibt uns nichts, als die Schupo nach Grünhof zu legen, nach Ernsttal. In die Vororte.«

      »Was außerhalb meines Amtsbezirks geschieht, kann ich nicht hindern. Gut ist es nicht, denn auch dort wird die Schupo gesehen.«

      »Und Sie werden diese Schupo benutzen, Herr Bürgermeister. Ich prophezeie Ihnen ...«

      »Prophezeien Sie nicht, Herr Assessor, man hat nie den Propheten geglaubt. – Eine andere Frage: wissen Sie zufällig, ob der Tredup seine tausend Mark bekommen hat?«

      »Gewiß doch«, sagt der Assessor übellaunig.

      »Sie sind sicher?«

      »Wo ich doch dabei gestanden habe, wie er sich das Geld genommen hat!«

      »Genommen hat, ist gut. Aber das ist wirklich seltsam ...«

      »Ja, Herr Bürgermeister, meine Obliegenheiten sind also dann erledigt. Ich verhehle Ihnen nicht, ich gehe mit sehr schwerem Herzen. Herr Regierungspräsident wird äußerst ungehalten sein.«

      »Sie werden am Dienstag wissen, daß ich recht hatte.«

      »Ich hoffe es, aber ich kann nicht daran glauben. Adieu, Herr Bürgermeister.«

      »Adieu, Herr Assessor. Es hat mich sehr gefreut.«

      Der Assessor schüttelt dem Oberinspektor die Hand: »Adieu, Herr Frerksen.« Leise: »Wir verlassen uns ganz auf Sie.«

      Die Herren von der Regierung gehen ab.

      Der Bürgermeister sehr scharf: »In was verläßt sich Stolpe ganz auf Sie, Herr Frerksen?«

      Frerksen fährt zusammen: »Oh, die haben mir nur die Ohren voll geblasen, daß ich Ihnen wegen der Schupo zureden soll.«

      Gareis mustert seinen Oberinspektor lange: »Na ja, Frerksen, wie Sie meinen. Das mit der Schupo war ja wohl schon erledigt. Nein, bitte erzählen Sie mir nichts. Aber ...« sehr scharf: »... hier gelten meine Befehle.«

      Plötzlicher Übergang, sanft lächelnd: »Und Sie haben ja wohl aus der Bildergeschichte gelernt, was für Dank man sich aus Stolpe holt. Ich bin nur ein kleines Pferd«,