John Etter

JOHN ETTER - Lottosechser


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um und nickte schlussendlich.

      „Einen Moment, ich verabschiede mich nur noch kurz von Andreas.“

      Der Kapuzenmann, der trotz des schönen Wetters die Kapuze immer oben ließ, nickte und zog sich etwas zurück. Angela drückte Andreas einen Kuss auf die Wange.

      „Mach dir keine Sorgen, hier hat es viele Menschen. Ich muss mich dieser Situation jetzt einfach einmal stellen. Warum nicht hier. Fahr du nur zurück. Ich melde mich heute Abend. So gegen neun in der Rondobar? Ich freue mich wirklich darauf, dich wiederzusehen und werde dir dann erzählen, wie es mir hier ergangen ist.“

      „Bist du ganz sicher? Kann ich einfach gehen? Ich fühle mich nicht ganz wohl dabei. Ich kenne ihn nicht und habe kein gutes Gefühl dabei, dich hier alleine zurückzulassen.“

      „Mach dir keine Sorgen. Wir sehen uns heute Abend. Hier ist es viel sicherer, als wenn ich ihn in irgendeiner Wohnung treffen würde. Ich freue mich auf dich. Mehr als ich es jetzt gerade sagen kann.“

      „OK, wenn du meinst. Ich freue mich natürlich auch“, antwortete Andreas und ging in Richtung Kabinen. Er stieg in die vorderste Kabine ein und schon bald schlossen sich die Türen.

      Andreas setzte sich hin und schaute zurück, doch er konnte die beiden nicht mehr sehen.

      Zuerst dachte er mit angenehmen Gefühlen an ihre letzten Worte: „Ich freue mich auf dich. Mehr als ich es jetzt gerade sagen kann“.

      Ihm erging es ebenso. Doch diese Gedanken änderten sich zu einem: „Habe ich einen Fehler gemacht“, als die Gondel unten ankam.

      Sommerflaute?

      „John“, rief Susanne fragend in Richtung des Eingangs der Detektei im kleinen Städtchen Zug in der Schweiz. Die Tür klackte wieder ins Schloss.

      „Ja, ich bin zurück. Der Fall ist gelöst und du kannst die Rechnung schreiben. Ich schick dir den Abschlussbericht gleich zu.“

      John Etter hatte sich neben Susanne aufgestellt und schaute ihr über die Schulter auf den PC.

      Auf einer Tabelle sah er die Einsatzpläne seiner freien Mitarbeiter auf einen Blick.

      „Sieht gut aus mit Aufträgen für unsere Leute. Hast du etwas Interessantes für mich?“

      „Nein, leider nichts, was dich wirklich interessieren und reizen würde. Immer wieder nur die endlosen Überwachungsaufträge. Gut fürs Geschäft, aber keine Herausforderung für Dich. Der ideale Zeitpunkt, ein paar Tage auszuruhen und endlich die Zeit mit deiner Alina zu genießen! Apropos Alina, wie geht es euch eigentlich?“

      „Alles bestens. Sie hat nun einen Geschäftsführer für die Unternehmungen eingearbeitet und wir genießen die freien Zeiten wirklich. Manchmal besuchen wir Selina und ihre neue Familie und freuen uns daran, was aus ihnen geworden ist. Eine wirkliche Freude, wenn man daran denkt, was vorher mit ihr geschah * . Es könnte für uns alle nicht besser sein. Danke der Nachfrage. Und ich unterlasse es, jetzt nach deinem Privatleben zu fragen.“

      John schaute sie von der Seite an und sah, wie Susanne schmunzelte.

      „Gut für dich, ich könnte dir wieder Geschichten erzählen. Aber du weißt, wenn es mir einmal nicht gut gehen würde, könnte ich es vor dir nicht verheimlichen. Ich bin froh, dass du nicht nachfragst. Aber in Kürze: Es geht mir gut. Und jetzt nochmals die Frage: Wollt ihr nicht ein paar Tage gemeinsam ausspannen?“

      Es war das immer gleiche Spiel zwischen Susanne und John. Sie wusste alles von ihm und John konnte nur erahnen, was jeweils in Susannes Leben geschah.

      Sie war seine fleißige, geliebte Wundertüte, wie er sie seinen Freunden jeweils vorstellte.

      „Ich logge mich noch schnell ein, doch das scheint mir eine gute Idee zu sein. Alina kann sich jetzt, da alles in ihrer Niederlassung in Hongkong gut läuft, der Geschäftsführer hier gut funktioniert, sicher von ihrer Arbeit losreißen. Wir haben gerade gestern darüber gesprochen.“

       * John Etter, Band 2: Stummer Schrei

      Zwei Stunden später machte er sich auf den Weg nach Hause. Im Wagen fiel ihm auf, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, wann er bewusst mehrere Tage nicht mehr mit seiner Arbeit gefüllt hatte.

      Susanne würde den Rest seiner Truppe schon auf Trab halten, da war er sich sicher.

      Und Alina und er würden die gemeinsame Zeit zu zweit irgendwo irgendwie genießen.

      Einfach weg

      Andreas war schon bald zurück in der Alpenrose. Er hatte kein gutes Gefühl, dass er Angela zurückgelassen hatte. Die vielen Menschen auf dem Berg hätten ihr sicherlich beigestanden, wenn ihr zukünftiger Ex-Mann zu aufdringlich geworden wäre und ein wenig kannte er sie nun auch schon. Sie würde sich wohl zu wehren wissen. Auch wenn die Gedanken an Angela ihn nicht ruhen ließen, machte er sich auf, um die neuen Bereiche im Wellness-Neubau kennenzulernen. Immer wieder kam er jedoch in den Saunabereich der Alpenrose zurück, den er schon so oft genossen hatte und den er, auch wenn es in anderen Hotels schöne Wellnesslandschaften gab, favorisierte.

      Nach einem reichhaltigen Nachtessen, an dem er sich aus einer reichhaltigen Auswahl zuerst eine Burrata mit Tomatencreme, Focaccia und Wildkräuter aussuchte, ließ er sich ein Rinderfilet am Stück gebraten mit geräuchertem, rotem Bohnenpüree und Brokkoli servieren. Zum Schluss, und das war Andreas immer wichtig, genoss er das Dessert. Dessert musste sein. Immer. Heute bevorzugte er einen Beerenbecher, den er sich nach langem Überlegen mitnahm. Und natürlich nahm er sich noch ein zwei kleine Köstlichkeiten zusätzlich mit.

      Danach begab er sich voller Vorfreude in die Rondobar.

      Als Angela um zweiundzwanzig Uhr noch nicht da war, sandte er eine erste SMS. Alles OK?

      Eine halbe Stunde später hatte er noch keine Antwort und sie schien die SMS auch nicht gelesen zu haben. Er nahm allen Mut zusammen und rief sie an.

      „Ich kann im Moment nicht selbst an mein Handy. Hinterlassen Sie einfach eine Nachricht nach dem Sie wissen schon. PIEP“, war das Einzige, was er in dieser Nacht noch von ihr hören würde.

      Gegen Mitternacht und einige Versuche später ging er nach oben in sein Zimmer. Noch einige Versuche später schlief er unruhig ein. Er wusste nicht einmal, wo genau Angela übernachten würde. Irgendwo in Maurach in einer ihm unbekannten Wohnung.

      Morgens um fünf Uhr war er bereits wieder wach und schaute als Erstes auf sein Handy. Hatte er einen Anruf verpasst? Oder eine SMS? Nein. Keine Nachrichten und keine verpassten Anrufe. Beunruhigt stand er auf und begab sich ins Badezimmer.

      Er kannte Angela erst ein paar Stunden, doch er war sich sicher, dass dies nicht ihrer Persönlichkeit entsprach, sich einfach nicht zu melden. Hatte ihr zukünftiger Ex-Mann etwas damit zu tun?

      Frisch geduscht und rasiert setzte er sich an den Tisch im Zimmer, klappte seinen Laptop auf und machte sich auf die Suche nach Angela. Die Suche nach ihrer Adresse war schwieriger als angenommen. Die Handynummer war nirgends registriert und als pensionierter Polizist im Ausland hatte er auch keine weiteren Möglichkeiten mehr. Er suchte nach weiteren Hinweisen, doch außer einem Facebook-Profil, welches nur selten benutzt wurde, fand er nichts. Angela Dreher war im Netz fast unsichtbar. Er sandte ihr via Facebook-Messenger nochmals eine Nachricht und dann bliebt ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten. Doch nichts geschah.

      Um halb acht ging er nach unten und drückte sich lustlos das Frühstück rein. Wenn Angela sich bis um neun Uhr nicht melden würde, müsste er etwas unternehmen.

      Nichts geschah.

      Um neun Uhr schaute er nochmals auf sein Handy und fragte bei der Rezeption nach, wo der nächste Polizeiposten sei. Er müsse nach Jenbach an die Tratzbergstraße 11, denn Maurach hatte keinen eigenen Polizeiposten.

      Kurze Zeit später stand Andreas in der Polizeiinspektion Jenbach, die glücklicherweise besetzt war und er wollte eine Vermisstenanzeige aufgeben. Dieses Unterfangen missriet