Andreas Bulgaropulos

PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne


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dem Funkenregen, dem Rütteln und Zischen, hatte sich dichter Rauch gesellt, der durch die geschmolzenen Bordinstrumente verursacht wurde. Wäre das rote Flackern der Signallampen nicht gewesen, Pennyflax hätte gar nichts mehr gesehen. Außerdem begann er vor Atemnot zu japsen, weil die Luft knapp wurde und draußen, so hoch über der Mondoberfläche, nur wenig davon vorhanden war. Verdingst … wenn wir nicht bald landen, werden wir hier drinnen ersticken!

      Zwei leuchtende Telleraugen schälten sich aus dem Dunst. Luno trug mittlerweile einen Helm, winkte hektisch und hielt dem Kobold ebenfalls einen der kugelrunden, durchsichtigen Helme hin. »Rasch!«, rief er mit ungewöhnlich rauer Stimme und zitternden Ohren. »Unser Schiff kann nicht mehr steuern und wird jeden Moment abstürzen! Wir müssen die Rettungskapsel erreichen!«

      Pennyflax hustete wegen des Rauchs, stülpte den Helm über seinen Kopf samt Hut und sog begierig den Sauerstoff in seine Lungen. Er fühlte sich wie nach einem langen Tauchgang, bei dem einem die Luft unter Wasser ausgegangen war. Über Helmsprechfunk röchelte er zurück: »Was ist mit Shirah?!«

      Ohne Zeit zu verlieren, packte Luno ihn und zog ihn mit sich. »Ihr geht es gut, sie befindet sich bereits in der Kapsel! Hoffentlich gelingt es uns, damit zu starten und der Aufmerksamkeit unserer Verfolger zu entkommen. Dieses Unglück tut mir so leid, mein Freund …«

      Liebend gerne hätte Pennyflax dem Mondmann gesagt, dass alles halb so wild war. Doch sie schwebten ernsthaft in Lebensgefahr. Ihr Raumschiff trudelte in einem Schlingerkurs dem Boden entgegen und wurde noch immer von den Jägern der Finsterlinge beschossen. Vor allem das große Kommandoschiff klebte ihnen an den Fersen, feuerte aus allen Kanonen und schien mit seinen zwei Nebel-Cockpits noch dämonischer zu grinsen als vorher. Und obwohl der Kobold nicht einmal richtig auf dem Mond angekommen war, verspürte er schon jetzt eine Riesenwut auf diese Schattenschufte. Am liebsten hätte er ihnen Brennnesseln in die Unterhosen gestopft oder eine Stinkbombe durchs Fenster geworfen.

      »WARNUNG!«, plärrte Amigo. »Aufschlag am Boden steht unmittelbar bevor! Es gelten die Rettungsvorschriften der Raum-Bredouille Orion: Benutzen Sie das Bügeleisen und bringen Sie sich in Sicherheit!«

      Luno und Pennyflax erspähten hinter den transparenten Wänden ihres Schiffs, wie sich die Mondoberfläche rasend schnell näherte. In wilden Kreisen tanzte die Kraterlandschaft auf die beiden zu, während sie sich verzweifelt durch das Rütteln und den Rauch zur Rettungskapsel vorarbeiteten. Mit einer gehörigen Portion Glück schafften sie es schließlich, die Kapsel zu erreichen.

      Shirah gab ihnen bereits panisch Handzeichen und wollte ihren Gefährten beim Einsteigen an der Luke helfen. Pennyflax hatte jedoch etwas Wichtiges vergessen, wand sich aus ihrem Griff und schwebte davon.

      »WAS MACHSTE DENN???«, schrie seine Freundin ihm hinterher.

      Er versuchte, mit seinen Blicken den Qualm im Raumschiff zu durchdringen, zu dem sich in diesem Moment auch noch Flammen gesellten, weil die Geräte zu brennen begannen. Die Umgebung wirbelte aber im Flackern des Feuerscheins und der Alarmlichter dermaßen schnell umeinander, dass er nichts erkannte. »Unsere Schwerkraftstiefel müssen hier irgendwo sein«, rief er ihr über den Helmfunk zu. »Ohne die werden wir auf dem Mond nur schlecht laufen können.«

      »Du wirst GAR nicht mehr laufen können«, brüllte Shirah hysterisch, »wenn du nicht sofort zurückkommst! SOFORT, verstanden?!?!«

      Pennyflax wollte seine Suche gerade abbrechen, da flogen beide Stiefelpaare an ihm vorbei. Und nicht nur die: Auch Shirahs Kräuterbeutel tauchte vor seiner Nase auf. Mit einem beherzten Sprung stieß er sich am 4D-Drucker ab, schnappte sowohl die Schuhe als auch den Beutel und schoss durch eine Flammenwand hindurch, direkt in die Rettungskapsel hinein, wo Luno ihn auffing.

      Sogleich verschloss der Mondmann die Luke, zog an einem Hebel und warf sich zusammen mit den Kobolden in einen der Sessel, die in der engen Kapsel montiert waren. Keine Sekunde zu früh, denn nun zündeten die Schubdüsen und katapultierten die runde Kapsel davon.

      »Mach’s gut, Amigo«, murmelte Pennyflax beim Zurückblicken. »Werde dich vermissen … obwohl du ein ganz schöner Lügner warst.«

      In einem Bogen zischten die Freunde von dem blauen, tropfenförmigen Raumschiff weg und beobachteten, wie es eine Rauchfahne hinter sich herzog und abschmierte. Die Finsterling-Jäger umschwärmten es wie Hornissen, trafen nun mehrfach mit ihren Leser-Geschützen und gaben ihm den Rest – nur wenige Augenblicke später krachte Lunos Schiff brennend auf die Mondoberfläche und explodierte in einer blauen Stichflamme. Qualmende Splitter spritzten in alle Richtungen, doch da es sich um eine Graslandschaft handelte, auf der nur Büsche wuchsen, kam niemand zu Schaden.

      An Bord der Rettungskapsel atmeten Shirah, Luno und Pennyflax auf, weil ihre Flucht unbemerkt geblieben war. Die schwarzen Nebelschiffe der Finsterlinge kreisten über der Absturzstelle und suchten vergeblich nach einem Lebenszeichen ihrer Beute. Schließlich drehten sie ab und zischten davon, um hinter einem Berg am Horizont zu verschwinden.

      Inzwischen hatten sich die Fallschirme der Kapsel geöffnet und gewährleisteten ein sanftes Herabschweben zum Boden. Zweihundert Meter von der Absturzstelle ihres Raumschiffs entfernt, landeten die drei Freunde auf sandigem Untergrund, öffneten die Luke und kletterten auf die Mondoberfläche.

      »Das war … teuflisch knapp!«, schnaufte Pennyflax. Er half seiner Freundin aus der Luke, umarmte sie vor Erleichterung und lobte sie: »Haste super gemacht, mit dem Abwehren der Leser-Strahlen.«

      Shirah lächelte schief. »Du hast’s ihnen mit dem Phrasendrescher aber auch ganz schön gezeigt. Leider waren die in der Überzahl, sonst hätten wir’s bestimmt geschafft.« Die Koboldin überprüfte, ob ihre beiden Regenbogen-Amulette die Notlandung überstanden hatten. Dann schaute sie sich um. »Und was jetzt? Sieht nach einer ziemlich verlassenen Gegend aus.«

      Pennyflax ließ den Blick über die karge Busch- und Graslandschaft schweifen. Er entdeckte, außer der Rauchsäule ihres abgestürzten Raumschiffs, nur einen Berg in der Ferne, dessen Hang von einer bunten Lichtquelle angestrahlt wurde. Gleich darauf aber richtete sich seine Aufmerksamkeit schräg nach oben – und sowohl ihm als auch Shirah klappte die Kinnlade runter: Am dunkelblauen, sternenübersäten Mondhimmel glänzte eine große Erde, die mit ihren Wolkenbändern und Ozeanen einer wunderschönen Murmel glich. Einer nicht ganz runden Murmel, da ihre Unterseite im Schatten lag und abgeschnitten wirkte, ähnlich wie die eines Dreiviertelmondes, den die Kobolde von zu Hause kannten.

      »Wie unglaublich schööön«, flüsterte Shirah, ergriff die Hand ihres Freundes und schaute mit ihm wie verzaubert hoch zum Firmament. Zudem stand die Sonne schräg unterhalb, die den Standort der drei mit einem Licht ungewöhnlicher Klarheit überflutete. Einige Schleierwolken zogen über den Mondhimmel.

      Luno trat hinter die beiden und verkündete feierlich: »Trotz der misslichen Umstände heiße ich euch auf dem Mond willkommen, meine geschätzten Gefährten. Wir befinden uns am Rand einer Ebene, genannt Mare Nubium und sollten uns nach Norden bewegen, um Kosmopolis, die Hauptstadt meines Volkes zu erreichen.« Er nahm seinen Helm ab, hielt sein Navigationsgerät hoch und studierte die elektronische Landkarte, die auf dem Bildschirm des zehn Zentimeter großen Kastens aufleuchtete. »Das Problem ist jedoch die Entfernung bis Kosmopolis, die knappe vierhundert Kilometer beträgt. Wir müssen also nach einem Transportmittel Ausschau halten … und wenn ich mich nicht irre, verläuft da hinten am Rand des Kraterbergs eine Straße, neben der eine Raststätte liegt. Dort finden wir gewiss eine Mitfahrgelegenheit.«

      Pennyflax und Shirah spähten in die Richtung, in die der Mondmann wies und erblickten den bunt angestrahlten Berghang, der ihnen bereits zuvor aufgefallen war. Vorsichtig nahmen sie ihre Astronautenhelme ab, atmeten die kühle Luft ein und spürten sofort die Belastung, die sich auf ihre Lungen legte. Das Gefühl glich dem einer Kletterpartie im Hochgebirge, wo einem der niedrige Sauerstoffgehalt und Luftdruck eine Atemnot bescheren konnte. Immerhin boten ihre Raumanzüge Schutz vor der Kälte, deren Temperatur kurz über dem Gefrierpunkt lag.

      Nach einem Schluck Holundersaft aus der Flasche in seiner Hutkrempe verkündete Pennyflax: »Na, dann nix wie los!« Sogleich wollte er auf den Berg zumarschieren, doch sein erster Schritt ließ ihn vom Boden abheben und einen