Andreas Bulgaropulos

PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne


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Kochstudio oder Fitnessstudio?«

      Luno war abgelenkt, weil er die Gäste beobachtete, bis er die Frage der Koboldin begriff. »Hm? Oh … nein, verehrte Shirah. Mit Studioalbum ist eine Musikaufnahme aus dem Tonstudio gemeint … also Lieder, die Stella Antenna vor einem Konzertpublikum singen wird. Sie ist unsere erfolgreichste Sängerin auf dem Mond, musst du wissen. Früher nannte sie sich übrigens Smiley Virus und war als Schauspielerin sehr berühmt. Bis sie von einer Abrissbirne getroffen wurde. Da hat sie plötzlich entdeckt, dass sie viel lieber singt.«

      »Wahnsinn«, hauchte Shirah. »Ihr Album muss ich mir unbedingt ansehen!«

      Die beiden wurden bei ihrer Unterhaltung durch einen Wutschrei unterbrochen: Vier Tische weiter brüllte eine außerirdische Frau mit langen blauen Haaren zwei Gäste an. Die Frau sah aus wie eine extrem dicke Robbe, trug eine von Flecken übersäte Schürze und schwang drohend die Faust. Sie entpuppte sich als Bedienung, die die beiden Gäste, zwei Echsenwesen, anschnauzte, das Lokal sofort zu verlassen.

      Nachdem die Robbenfrau-Bedienung kehrt gemacht hatte, stampfte sie auf den Tisch der drei Freunde zu. Wie eine Walze brachte sie ihr Körpergewicht unter Schnaufen zum Stehen, schüttelte ihr fettiges, blaues Haar aus dem Gesicht und fischte mit ihrem flossenähnlichen Arm einen Notizblock aus der Schürze. »Was darf ich euch ausgehungerten Sternreisenden bringen?«, krächzte sie und rang sich ein Lächeln ab, das so freundlich wirkte wie das eines Haifischs. »Heute kann ich unser Raststätten-Schnitzel ›Gleiterbahn-Polizei Viper 11‹ empfehlen, zum explosiven Preis von dreißig Orbits.«

      Pennyflax konnte sich wegen des Essens noch immer nicht entscheiden und erkundigte sich stattdessen bei der Robbenfrau: »Was gab’s denn für einen Radau mit den Gästen da hinten?«

      »Meinst du die zwei Komiker an Tisch sieben, Kleiner?«, schnaubte die Bedienung voller Verachtung und nickte zu den Echsenwesen hinüber, die gerade am Gehen waren. »Solche wie die werden hier nicht bedient!«

      »Wieso?«, wunderte sich der Kobold.

      »Siehst du nicht die grüne Haut von denen?! Die Kerle sind Vegetarier vom Planeten Vega-N. Mit denen hat man nichts als Ärger, wie mit allen, die aus dem Omega-3-System kommen. Die bestellen nur Rohkost und diesen ganzen Grünkram wie Chia-Salat, Matcha-Smoothies oder Algen-Kräcker.«

      Pennyflax runzelte die Stirn. »Das ist aber ziemlich unfein, Leute wegen ihrer Herkunft oder Vorlieben auszugrenzen. Die können doch mögen was sie wollen, vor allem, wenn sie dafür bezahlen. Außerdem ist das mit dem gesunden Grünkram endlich mal ’ne gute Idee!«, freute er sich. »Den mögen wir in Garstingen auch! Ich hätte dann gerne einen faulen Apfel aus unfairem Handel und die Brechbohnen mit ordentlich Gewürge. Und dazu bitte eine Cola … eine Ru-Cola!«

      Die Miene der Bedienung gefror zu Stein. Sie kniff die Augen zusammen und musterte den Kobold und seine Begleiter. »Hör gut zu Jungchen«, röchelte die Frau gefährlich leise. »Ich gebe euch Spaßvögeln in euren schicken Raumanzügen noch genau eine Chance, etwas von unserer Karte zu bestellen. Falls ihr das innerhalb der nächsten fünf Sekunden nicht hinkriegt, hole ich Rupert … der zeigt euch dann ganz schnell, wo es hinausgeht. Verstanden?!«

      Shirah meldete sich. »Ich müsste vor meiner Bestellung zur Toilette.«

      »Die kostet zehn Orbits!«, fauchte die Bedienung.

      Pennyflax fiel auf, wie stark die Robbenfrau wegen ihres Körpergewichts schnaufte und schwitzte. Ihr rundliches Gesicht und die Hängeohren, die durch ihre blauen Haarsträhnen lugten, ähnelten denen eines Mopses, der nach Luft japste. Weil sie ihm leid tat, schlug er vor: »Du solltest dir auch mal so ein dings, äh … Armband wie in der Werbung zulegen. Einen Gravo-Master! Dann kannst du deinem Gewicht ein Schnippchen schlagen und gehst mit Leichtigkeit meilenweit.«

      Die Bedienung lief rot an, keuchte wie ein Dampfkochtopf und streckte ihren Arm aus. An ihrem Handgelenk blinkte ein Gerät.

      Da ging ihm ein Licht auf. Die Gute trug bereits ein Gravo-Master-Armband. Wenn dies allerdings ihren »Schwebezustand« darstellte, war das Gerät mit ihrem Gewicht hoffnungslos überlastet. Damit sie keinen Herzanfall bekam, gab er sich einen Ruck. »Na gut, dann nehme ich halt eine extra große Portion von diesen freien Radikalen. Aber nur, wenn die nicht zu gewalttätig werden und ich Schokostreusel drauf bekomme.«

      »Und ich hätte gerne einen Kichererbsen-Salat zum Totlachen«, ergänzte Shirah. »Oder wahlweise den Glasnudel-Salat ohne die Splitter. Hab aber keine Orbits für die Toilette.«

      »Hm …«, überlegte Pennyflax. »Ich nehme vielleicht doch lieber ’nen Doofu-Burger mit BetaBeta-Sprossen. Oder … halt! Kriegt man auch Grünkern-Pupslinge?«

      »Ähm, Verzeihung«, mischte sich Luno ein und wandte sich an die Bedienung. »Das ist alles ein Missverständnis … wir wollen gar nichts bestellen, da unser Geld abhandenkam. Eigentlich befinden wir uns auf der Durchreise und hoffen, in Ihrer Raststätte eine Mitfahrgelegenheit nach Kosmopolis zu fin…«

      Die Robbenfrau explodierte förmlich. »RUPÄÄÄT!!!«, kreischte sie und stampfte Richtung Küche davon. »Hier sind schon wieder ein paar Schnorrer, die sich ohne Geld durchfressen wollen und vegetarische Sonderwünsche haben!«

      Luno rollte hektisch mit den Telleraugen. Er flüsterte seinen Freunden zu: »Vielleicht war es ein Fehler, dieses Lokal ohne Geld zu betreten, meine Freunde. Lasst uns rasch jemanden ausfindig machen, der uns mitnimmt!«

      Pennyflax kratzte sich unterm Schlapphut. »Nix lieber als das. Aber wen?«

      In dem Augenblick tippte ihm jemand auf die Schulter. Am Nachbartisch hatte sich der Außerirdische mit der Hornbrille erhoben, von dem er die Speisekarte bekommen hatte. Der rothäutige Kerl, dessen grünes Haarbüschel wie ein Staubwedel in die Höhe ragte, beugte sich zu ihnen herüber und sprudelte drauflos:

      »Entschuldigt, wenn ich mich in euer Gespräch einmische … aber unter Umständen können wir uns gegenseitig helfen, rosso. Ich bin Erfinder, mein Name ist Bernardo Maschinski, und ich sitze seit Tagen an diesem ungastlichen Ort fest. Vorgestern habe ich die Gegend aus Forschungszwecken mit meinem Helios-Copter überflogen, um der Ursache der Mondbeben auf die Spur zu kommen. Ich hatte jedoch eine Panne und musste hier an der Raststätte notlanden. Da ich mein Werkzeug zu Hause vergaß, versprach mir Rupert Ranzig, mein Fluggerät in seiner Werkstatt zu reparieren. Doch, oh rosso! Seit gestern behauptet der Schuft, mein Helios-Copter wäre nicht in Ordnung zu bringen, was eine glatte Lüge ist!«

      »Jetzt mal langsam, Herr Maschi-dingsda«, beruhigte Pennyflax den Außerirdischen und hörte im Hintergrund, wie die Bedienung erneut nach Rupert kreischte. »Wie sollen wir uns gegenseitig helfen, wenn dein Fluggerät Schrott ist, und warum sollte der ranzige Rupert flunkern?«

      Bernardo Maschinski schnäuzte seine rote Knubbelnase, spähte ängstlich Richtung Küche und wisperte: »Das kann ich dir verraten. Ich sah, wie Rupert den Antrieb meines Fluggeräts ausbaute und seitdem dazu verwendet, seinen Bratofen, seine Fritteuse und die ganze Raststätte mit Strom zu versorgen. Es handelt sich um eine Solarbatterie, die aus Sonnenlicht Energie erzeugt und meinen Helios-Copter fliegen lässt. Aber für eine solche Belastung ist sie nicht gebaut! Ihr müsst mir einfach helfen, sie wiederzukriegen, bevor sie durchbrennt. Wenn uns das gelingt, nehme ich euch mit nach Kosmopolis. Rosso?«

      Shirah tat der verzweifelte Erfinder leid. Er wirkte in seiner karierten Weste und der kurzen Hose, aus der seine Streichholzbeinchen herausragten, so verloren wie ein Tourist am Ende der Welt. Deshalb fragte sie nach: »Aber wieso hast du dir deine Batterie nicht schon längst zurückgeholt und den Abflug gemacht?«

      »Weil Rupert Ranzig sie draußen neben dem Haus angebracht hat«, jammerte Bernardo Maschinski, »und zwar genau dort, wo der Wachhund angekettet ist!«

      Luno wiegte nachdenklich seinen schimmernden Kopf. »Dies ist ein ernstes Problem, geschätzte Freunde. Sollte die Batterie wirklich dort sein, wäre sie praktisch verloren, denn Schweinehunde sind unmöglich auszutricksen.«

      »Das lasst mal meine Sorge sein«, knurrte Pennyflax. »Dem Schwöter, halb Schwein halb Köter, spiele ich ’nen Streich mit einem Knochen,