Ann Bexhill

Mord an Senatoren


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um mir ihren Wein ins Gesicht zu kippen. Sie hat ein bronzenes secespita, ihr fein ziseliertes Ritualmesser am Gürtel. Es ist eines für das rituelle Sühneopfer, es sind die einzigen Waffen, die Zivilisten innerhalb der Stadtmauern tragen dürfen. Sie ist also religiös und hat bestimmt gerade ein geweihtes Tier geopfert und die Arbeit, einem Opfertier den Hals durchzuschneiden selber erledigt. Ich sehe nämlich Bluttropfen und Spritzer auf ihrer Kleidung.

      »Da brate mir einer einen fetten Storch! Du bist der Centurio von der IX Legion von den Wachen vom Schweinemarkt?«, ruft sie laut. Ihre Stimme ist genauso wie die eines Marktweibes, was bei ihrem Aussehen ein regelrechter Schock ist. Ich frage mich, auch warum Frauen dauernd ans Kochen denken müssen, und auch, das ich schon lange keinen Storch mehr auf dem Teller hatte.

      »Iulius Decimus! Centurio der vierten Centurie der vierten Cohorte«, bestätigte ich. Aus irgendeinem Grund schmettere ich meinen Rang, als stehe ich vor meinen Legionären. Steht man vor den Galgenvögeln, muss man schmettern. Die Männer sind die Elite, nur die sich in Schlachten bewehrten, kommen in die Cohorte urbanae. Das zeigt nichts über den Grips der Jungs, nur dass sie kämpfen können. Manche möchten einzig zur Cohorte urbanae, weil es in der Stadt mehr Gefechte gibt und erst an zweiter Stelle, weil der Sold doppelt, so hoch ist.

      »Decimus, noch einer dieses Namens«, sagt sie.

      Ich nicke denn ich stamme aus einem Imperium in dem es viele Millionen Menschen gibt, die sich wenige Namen teilen. Römer sind erstaunlich erfinderisch beim Benennen von todbringenden Waffen, aber nicht bei der Namensgebung für humanere Dinge, wie Menschen. Seit vielen Menschenalter werden unzählige Römer, Decimus oder Rufus und Freigelassene Tiro gerufen. In meiner alten vieren Centurie, heißt jeder zweite Soldat Decimus. Man kann sich vorstellen, was das für einen Anblick bietet, wenn die verwirrten Legionäre über das öde, von Leichen bedeckte Schlachtfeld rennen und aus allen Mündern der Name Decimus schallt. Ich hab mir einmal die Mühe gegeben, als Zeit für sowas war, die Namen von den Männern, die ich verhaftete zu zählen. Es waren 188 Verbrecher, wobei 46-mal der Name Decimus vorkam, dicht gefolgt von Keso, Quintus und Lucius. Was ein kulturelles Armutszeugnis ist. Das gesamte Imperium Romanum hat insgesamt genauso viel Vornamen wie ein normaler Ägypter, bevor der noch volljährig ist. Ich kicher vor mich hin. Das hübsche Mädchen sieht mich an, als wäre ich verrückt, dann leuchten ihre Augen.

      »Ah diese Lache, jetzt weiß ich das du es wirklich bist«, sagt sie und beugt sich zu mir und gibt mir den Wangenkuss. Eine Menge teurer Klunker stecken an ihren Fingern und sie riecht nach Honig und einem ägyptischen Duftwasser.

      »Ich bin Aebutius. Erkennst mich nicht mehr? Vater ist praefectus urbi ... «

      Ich erinnere mich dunkel an sie und sage: »Valerius die Tochter vom Praefectus urbi stimmt‘s?«

      Sie nickt geschmeichelt, dass ich mich an sie erinnere. Sie ist die Tochter des Präfekten der Cohorte Urbanae, er war es zumindest noch, als ich in der größten und korruptesten Stadt der Welt für Ordnung sorgte. Das tat ich viele Jahre lang und bin, wegen meines Pflichtgefühls verurteilt worden Sklave der Witwe eines Verbrechers zu sein. Ich hinderte ihren Ehemann daran, einen Mord zu begehen. Brutus war ein Senator und der Händler, den er erdolchen wollte, weil er ihn komisch angesehen hatte, ohne Bürgerrecht und somit beging ich einen Mord. Man hielt mir zugute das es nachts unmöglich ist, einen Senator an dem Purpurstreifen seiner Toga, zu erkennen. Die Strasse war pechfinster und ich durchbohrte ihn mit meinem Schwert von hinten. Ich stimmte den Geschworenen zu und sagte Rom sei bei Nacht eine schlecht beleuchtete Stadt. Das von mir gerettete Opfer, ein steinreicher Händler aus Hibernia bestach den obersten der zwölf offiziellen Auguren und rettete mich davor, grausam umgebracht zu werden. Der Carcer Tullianus, das Gefängnis in Rom steht auf dem Forum Romanum. Hier wartete ich bei schlechtem Essen auf den Tod – durch Erdrosseln – dann sollte meine Leiche zum Verwesen auf die Gemonische Treppe gleich neben dem Forum geworfen werden. Zum Glück gibt es nur noch selten altmodische Hinrichtungen, der Gestank auf dem Capitol ist eh schon unerträglich bei Nordost Wind. In meiner Zelle saß der berühmte Jugurtha, was anzeigt, wie wichtig man meinen Fall nahm und wie klar der Prätor mit meinem Todesurteil rechnete. Ich kann mir schönere Todesarten vorstellen, als erdrosselt zu werden oder im Circus maximus von hungrigen Löwen verputzt zu werden. Aber ich kam ja noch einmal davon. Mein Lieblingsaugur besuchte die Verwandtschaft der 27 Geschworenen meines Prozesses zu Hause und meinte, wenn ich zum Tod verurteilt werde, möchte er nicht in ihrer Haut stecken. Denn der Willen des Iuppiter ist ihm klar offenbart worden. Er hat wiederholt den Vogelflug und den Blitz befragt, um ganz sicherzugehen. Da sieht man mal wieder, wie man mit 200000 Denaren das Gesetz umgangen bekommt. Der oberste Augur stand bei meiner Gerichtsverhandlung auf dem Forum in der ersten Reihe. Er sagte vor der Urteilsberatung, die Geschworenen können einem leidtun, wenn die das falsche Urteil beschließen. Die einzige Lösung, die er sieht, ist es den edlen Centurio zum Sühnesklaven zu machen. Das ist eine Gesetzeslücke, die man unter Juristen „Jupiters Schlupfloch“ nennt. Mehrmals sagte er mit erhobenem Zeigefinger, die Zeichen der Götter lügen nicht. Er sagte, bevor der Anwalt des Anklägers, Tullius Cicero sein Schlussplädoyer hielt, er muss als oberster Priester an die Sicherheit aller denken. Und falls man mich zum Tode verurteilt, schlägt er eine Evakuierung Roms vor. Der Flug der Falken war eindeutig ein Fingerzeig in diese Richtung. Er meinte zu dem, immer panischer werdenden Publikum, er will sich nicht in die Strafordnung einmischen. Gesetz ist Gesetz, selbst wenn das Leben aller davon abhängt, ob der Jupiter seinen Sühnesklaven für 27 Monate bekommt oder wir eine Naturkatastrophe, die sich gewaschen hat, die Hühner lügen nicht. Diese Vogeltiere sind kein so imposanter Anblick wie ein Adler, Sperber oder Falke aber es sind den Weissagern heilige Tiere. Jeder Augur hat seinen eigenen Hühnerstall und am Morgen erkennt der Seher, am Fressverhalten der Tiere, was es für ein Tag wird. Stürzen sich die Hühner auf das Frühstück ist es ein gutes Zeichen, kommen die nur zögerlich aus den Käfigen, soll man schwerwiegende Entscheidungen nicht treffen und den Tag am besten im Bett verbringen.

      Das Gute an der Situation tagtäglich der von mir zur Witwe gemachten Frau gegenüberzustehen ist, sie hasste ihren Mann und ist mir tief im inneren dankbar. Das Erste was sie tat, als man ihr vom Unfall des ungeliebten Ehemannes mit meinem Schwert erzählte, außer sich was Schönes zum Anziehen zu kaufen. Iulia die Tochter Gaius Iulius Caesars ließ die Porträts ihres Gatten aus dem Stadthaus entfernen und gab eine Feier. Mein Los, als ihr persönliches Eigentum ist also nicht unangenehm.

      »Wie geht es deinem Vater?«, frage ich, mich wieder ums hier kümmernd.

      Sie lacht gekünstelt auf, es klingt nicht unangenehm. Ich frage mich, zu welcher Orgie sie gehen wird, ihre Familie ist im Bacchantenkult und ziemlich frivol. Leider steht da dieser dumme Kodex zwischen Beziehungen von Sklaven und Bürgerinnen. Wie erst zu sprechen, wenn man dazu aufgefordert wird, und zwar keine Anmachsprüche. Sklaven die eine Herrin nackt sehen sollen nach dem dummen Zwölftafelgesetz kastriert werden. Für das Risiko muss es sich lohnen. Und es lohnt sich, sie besitzt eine fabelhafte Figur und ein Gesicht, süß wie Honig von den Tischen des Olymps.

      »Das wollte ich dich fragen. Wir hören nie von ihm. Sein Name wird in Rom auch nur noch geflüstert.«

      Was meint sie? Ich war in Pompeji, wo meine Besitzerin eine Villa Rustica und Weinberge besitzt. Ich habe vom Klatsch nichts mitbekommen. Außer, das es wie üblich Spannungen zwischen Iulias Vater, Caesar und dem Senat gibt. Den Ärger hat er, seit ihn seine Mutter auf die Welt gebracht hat, er sucht ihn regelrecht und nutzt jede Chance dem Senat eins auszuwischen. Das Einzige, was er noch nicht getan hat, ist mit einer Legion über den Rubikon zu marschieren und damit dem Senat den offiziellen Krieg zu erklären. Ich denk kurz an Valerius, ist er wegen Unterschlagung oder Bestechung ins Exil gegangen, das ist üblicherweise der Hauptgrund bei Beamten.

      »Das Exil ist nicht das Übelste. Er hat Geld, wie ein Freigelassener und er ist ja nicht in Judäa«, tröste ich sie.

      Sie sieht mich an und ihre Wimpern klappern als wollen die mich einladen. »Wieso Judäa? Er treibt sich in Ostia rum. Besuchst du ihn nicht? Du bist sein Centurio?«

      Ich murmel etwas von „Zeitknappheit“ und wundere mich, dass man die Feinde des Senats direkt vor die Tore Roms nach Ostia verbannt. Ich werde ihn nicht besuchen, ich bin nicht verrückt, wenn Valerius verbannt wurde, hat