Rudi Kost

Fisch oder stirb


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gibt, die noch ungebunden ist.

      SONJA: Und auf die frisch Geschiedenen muss er noch zehn Jahre warten, ich verstehe schon.

      NELE: Seine Erfahrungen mit dem jungen Gemüse waren wohl auch nicht sehr erfreulich. Dafür ist er noch zwanzig Jahre zu jung.

      SONJA: Aber was spielt das für eine Rolle? Er hat doch dich.

      NELE: Noch.

      SONJA: Holla, ist da was im Busch, was ich noch nicht mitbekommen habe?

      NELE: Wir sind beide gebrannte Kinder, was Beziehungen betrifft.

      SONJA: Wer ist das nicht? Komm, ihr seid doch ein Dream Team.

      NELE: Das ändert sich manchmal schneller, als man denkt.

      SONJA: In gewisser Weise beneide ich euch. Ihr klebt nicht aneinander. Zu viel Nähe kann auch anstrengend sein.

      NELE: Wem sagst du das. Vergiss nicht, ich war mal verheiratet.

      SONJA: Aber ihr seid zusammen, und trotzdem lebt jeder sein Leben.

      NELE: Genau das kann noch zum Problem werden.

      SONJA: Das Detox-Wochenende kriegt er von mir.

       Parfümerie. Zwei Frauen vor den Regalen.

      SONJA: Riech mal. Ein schöner Duft, das wäre doch was.

      NELE: Wenn die Freundin Parfüm verschenkt, kann das leicht missverstanden werden.

      SONJA: Wieso?

      NELE: Das könnte ein dezenter Hinweis auf mangelnde Hygiene sein.

      SONJA: Sind Männer kompliziert! Wie hältst du das nur aus, so als Hetera? Okay, das Parfüm kriegt er von mir. Guck mal, jetzt gibt es auch eine Anti-Aging-Creme für Männer. Süß.

      NELE: Ich fürchte, das käme ganz schlecht an. Bei seiner Angst vorm Altern.

      SONJA: Der soll sich nicht so haben! Die Anti-Aging-Creme kriegt er von mir. Und eine Packung Viagra obendrauf. Oder willst du ihm die schenken? Sag jetzt nichts, ich versteh schon, bei der Freundin kann das zu Missverständnissen führen.

       Fußgängerzone. Zwei herumschlendernde Frauen.

      SONJA: Man müsste mit der Zahl Vierzig spielen.

      NELE: Das ist nicht gerade originell, finde ich.

      SONJA: Da muss uns eben was Originelles einfallen. Lass mal überlegen. Vierzig Kerzen.

      NELE: Das ist doch kein Kindergeburtstag.

      SONJA: Also was für Erwachsene. Vierzig Kondome.

      NELE: Das ist doch keine Teenie-Party. Außerdem könnte das als Aufforderung verstanden werden.

      SONJA: Soll es ja auch.

      NELE: Falsche Richtung.

      SONJA: Versteh ich nicht.

      NELE: Ich nehme die Pille.

      SONJA: Oh. Das mit der Zahlensymbolik ist sowieso blöd. Und wenn schon, müssen es einundvierzig sein. Um ihn zu ärgern.

       Bar. Zwei Frauen trinken Cocktails.

      SONJA: Also, alles klar. Wenn er darauf besteht, dass er nicht feiern will – bitte, wir akzeptieren das.

      NELE: Und planen eine Überraschungsparty.

      SONJA: Das wird wirklich eine Überraschung! Wen laden wir ein?

      NELE: Das musst du dir überlegen. Du weißt über seine Freunde besser Bescheid als ich. Ist das nicht sowieso eigenartig? Die Arbeitskollegen kennen deinen Mann besser als du selbst, weil sie mehr Zeit miteinander verbringen.

      SONJA: Wenigstens gebe ich dir keinen Grund zur Eifersucht.

      Kommen und gehen

      In der Straße war es ruhig, keiner beachtete den Mann im Fiesta, dem der Fotoapparat am Gesicht zu kleben schien. Ein nettes Spielzeug, so eine Digitalkamera. Und ich hatte endlich ausreichend Zeit, mich mit der verwirrenden Vielzahl von Funktionen dieses Wundergeräts zu beschäftigen.

      Es betraten das Haus: eine alte Frau (erschöpft) mit drei Supermarkttüten; ein mittelalter Mann (erwartungsvoll lächelnd), adrett gekleidet, mit Aktentasche; zwei Jugendliche (finster) mit Baggy-Pants; eine alte Frau (zerknittert) mit Handtasche; ein älterer Mann (geschäftsmäßig) in Anzug und Krawatte; eine junge Frau (verbissen) mit Kopftuch; eine mittelalte Frau (blicklos) mit Kopftuch und bodenlangem Mantel.

      Es verließen das Haus: eine junge Frau (fröhlich) mit Kinderwagen (still); ein alter Mann (am Stock); eine junge Frau (genervt) mit Kinderwagen (schreiend); ein mittelalter Mann (selig lächelnd), adrett gekleidet und mit Aktentasche; eine ältere Frau (verkniffen) in Kittelschurz und Hausschlappen; ein junger Mann (verschlafen) mit zotteligen langen Haaren; ein älterer Mann (geschäftsmäßig) in Anzug und Krawatte.

      Stand irgend jemand davon in Verbindung mit Madame?

      Zwischendurch schaute ich immer wieder auf die Fenster. Und siehe da, Hartnäckigkeit zahlt sich aus: eine Bewegung, mehr ein Schatten, ich hielt darauf, zoomte heran, und Madame blickte mir direkt in die Linse. Eine ganze Weile stand sie da, als posiere sie für mich. Hatte sie mich entdeckt?

      Zweiter Stock, linke Wohnung.

      Und schließlich, um exakt 14:17 Uhr, kam Madame aus der Tür. Ohne Dessoustüte. Eineinhalb Stunden hatte sie in dem Haus verbracht. Womit? Mit wem? Warum?

      Ohne Eile und ohne sich umzusehen schlenderte sie zu ihrem Flitzer, und ich musste blitzschnell eine Entscheidung treffen: Ihr weiter folgen? Oder hier bleiben und den Eingang beobachten? Wenn sie sich tatsächlich mit ihrem Liebhaber getroffen hatte, musste der irgendwann aus dem Haus kommen. Von den männlichen Wesen, die bisher das Haus verlassen hatten, mochte ich keinen mit der eleganten Susanne Eulert in Verbindung bringen.

      Ich folgte der puren Logik und fuhr ihr nach. Wenn es diesen Liebhaber gab, war dies bestimmt nicht das letzte Treffen gewesen.

      Vielleicht war es ein Fehler. Jedenfalls war es öde. Madame strebte schnurstracks nach Hause, ließ sich nicht mehr blicken, empfing auch keinen Besuch, und ich saß mal wieder im Auto, hungernd, müde und frierend. Ob ich mal klingeln sollte bei ihr? Keine gute Idee, wenigstens im Moment nicht. Ich brauchte noch ein paar mehr Fragen, die ich ihr stellen konnte. Der Nachmittag zerfloss, und ich zog Bilanz. Was hatte mir die ganze Aktion nun gebracht?

      Ich hatte die Lebensumstände meines Zielobjektes erkundet. Der Unternehmer Helmut Eulert bewohnte ein repräsentatives, bestimmt sauteures Anwesen in offensichtlich bester Wohnlage. War das eine Überraschung?

      Ich hatte herausgefunden, dass Madame eine Zweitwohnung hatte oder zumindest den Schlüssel zu einer Wohnung, die jemand anders gehörte. Wozu sie diente, konnte ich mir ausmalen. Ganz bestimmt nicht, um dort in Ruhe ein Mittagessen zu kochen. Das warf zwar ein interessantes Licht auf diese Frau, aber ihr Liebesleben konnte mir egal sein. Es war ja nicht ihr Mann, der mich beauftragt hatte, seine Frau zu beschatten. Mysteriös. Musste Madame nicht damit rechnen, dass ich mich auch über sie kundig machte und dabei auf ihr kleines Geheimnis stoßen würde? Immerhin, sie hatte mich neugierig gemacht.

      Schließlich gab ich auf. Ich hatte noch etwas Besseres zu tun heute Abend, und die Vorfreude darauf verdrängte allmählich meine schlechte Laune, als ich auf der Remstal-Schnellstraße in die Dämmerung hinein Richtung Schwäbisch Gmünd brauste. Ich musste mich beeilen, wenn ich meine Verabredung einhalten wollte.

      Alle Müdigkeit, aller Frust waren weggeblasen. Zwei Wochen hatte ich auf diesen Moment gewartet. Ich war aufgeregt wie beim ersten Date. Schmetterlinge im Bauch.

      Der Duft der Frauen

      Ich hatte einen Schlüssel, aber ich klingelte trotzdem: Überraschung! Als die Tür geöffnet wurde, war ich verdattert.