Cornelius Dettmering

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Jahren geändert hat!

      Kannst du Dich noch erinnern wie wir uns totgelacht haben als die Zusage zu meiner zweiten Stelle gekommen ist?“

      „Ja ich weiß, nach Livorno wollten wir, um uns mit dem halben Semester dort in einem alten Palazzo zu treffen“, sagte Fee.

      „Ich war erst vor drei Monaten noch einmal da, und stell´ Dir vor, er sieht noch genauso aus wie früher!“

      „Das hat schon Raven erzählt, ich wollte es erst gar nicht glauben – habe aber dann Bilder gesehen, die er gemacht hat; es ist wirklich so.“

      „Gut, daß wir das nicht verpaßt haben.“ warf Agneta ein während sie aufstand um für beide neuen Saft aus der Küche zu holen,

      „Es waren wundervolle vier Tage, findest du nicht?“

      Fee fuhr sich mit beiden Händen durch ihre Haare um sie nach hinten zu einem Pferdeschwanz zu formen und schmiegte sich in die Kissen der Couch, in denen sie fast verschwand. Fee antwortete mit einem Seufzer in der Stimme.

      „Ja ich erinnere mich gerne daran, wir hatten viele schöne Tage.

      Als dann alle abgereist waren fand ich das leere Haus schon ein wenig seltsam anmutend – du nicht?“

      „Nein, wir waren doch nicht alleine, irgend einer von uns lungerte doch immer in einem der Zimmer herum um seine Theorien zu Papier zu bringen, nein gefürchtet habe ich mich nie in diesem alten Gemäuer, aber ich fand es immer ein wenig kalt, eine Heizung gab es ja nur in den großen Zimmern, und abends unter meinem Zudeck habe ich mir so manches Mal eine Wärmflasche aus dem Badezimmer holen müssen.“

      „Du warst ja schon immer ein wenig verfroren“, antwortete Fee mit einem schelmischen Schmunzeln um ihre Lippen.

      „Ja, ist auch bis heute nicht besser geworden.“

      Agneta schlug mit beiden Armen um sich, wie man es immer macht wenn einem kalt ist, in der Hoffnung daß es dadurch wärmer werde.

      „Wann sind wir denn heute Abend bei Albert?“

      „Ich habe ihm gesagt, daß wir gegen halb neun bei ihm sein werden. Er will für uns kochen und fragte, ob wir immer noch der italienischen Küche huldigen – was ich natürlich nicht verneinen konnte.“

      Das Telefon klingelte, und Agneta griff zum Telefon.

      „Pronto, ciao Calibo, nein geht heute leider nicht, wir haben abends schon eine Verabredung - das will ich gerne tun, wo erreichen wir Dich morgen? – Va bene, ciao bis Morgen.”

      Sie warf das Telefon in die Kissen und rief zu Fee herüber, die am Fenster gegenüber stand.

      „Morgen Abend habe ich dich dann verbucht meine Liebe, hoffe du hattest Dir noch nichts vorgenommen?“

      Fee stand mit dem Rücken ans Fenster gelehnt, ihren Saft in der Hand und fingerte an ihrem linken Ohrläppchen herum, dort hingen zwei riesige Pfauenfedern, die sie selber gerupft und verarbeitet hatte.

      „Darf ich auch erfahren mit wem wir Morgen das Vergnügen haben werden“, fragte sie.

      „Calibo rief gerade an, wollte uns heute Abend ausführen, das verschiebt er jetzt auf morgen Abend. Geht das bei Dir?“

      „Ja, hat er wieder so ein Geheimnis darum gewickelt, was dieses Mal der Grund seiner Einladung sein wird?“

      „Nein, habe ihn aber auch nicht danach gefragt.“

      „Also kein Geheimnis“, erwiderte Fee.

      „Kein Geheimnis. Zwei Tage hintereinander mit Männern Essen gehen noch dazu in deren Höhle, wenn das mal gutgeht. Wann sollen wir denn nur unser müdes Haupt zur Ruhe betten? Immer wenn unsere Männer auf Reisen sind, tanzen wir zu Hause auf den Tischen – wie kann das sein?“

      Agneta hatte es sich inzwischen zu Fees Füßen gemütlich gemacht, um dort ihre Apfelsine zu verspeisen, die sie aus einer der beiden großen silbernen Schalen genommen hatte, die auf dem Tisch standen und meist mit Obst gefüllt waren. Sie liebte frisches Obst, und hier in Auckland schmeckte es besonders gut. Zu Hause in Norwegen musste das meiste an tropischen Früchten eingeführt werden und schmeckte nicht so lecker wie hier oder in anderen südlichen Ländern.

      *

      9

      Zu genau der gleichen Zeit hatte es sich Fiorenza zu Füßen Heronimus´ gemütlich gemacht und genoss ebenfalls eine Apfelsine allerdings aus dem elterlichen Garten, frisch gepflückt.

      Sie liebte es in diesem herumzustreunen, frei, ausgelassen, und unbeschwert unter den Citrusbäumen auf dem kargen Gras sitzend jene süßen Früchte in ihrem Mund zu zerdrücken, fern der Welt und ihren Zwängen und Vorgaben.

      Aus der Ferne hörte sie das Spiel ihres Vaters, der gerade am Flügel seine Sonaten von Beethoven verfeinerte.

      Was gibt es Schöneres als ihm zu lauschen der Welt entrückt und fern des Alltags, der sie alle immer wieder einholte.

      Diese Oase des Friedens und der Ruhe wollte sie mit nichts auf der Erde eintauschen.

      Nun mit fast nichts. Wenn sie an ihre Familie dachte, erfüllte sie dies immer mit einer gewissen Wärme ums Herz.

      Eine Wärme, die sie immer verspürte, wenn einer ihrer Lieben einträchtig mit sich selbst in ihrer Nähe war.

      Sie wusste, ihr konnte nichts Böses wiederfahren, solange sie diese Ruhe in sich hatte. In diesen Gedanken versunken nahm sie sich ein weiteres Apfelsinenstück, schaute versonnen auf die umstehenden Olivenbäume und war glücklich Heronimus hier in Siena an ihrer Seite zu wissen.

      Der Abend gestern mit Megalein war erfrischend und anstrengend zugleich gewesen.

      Sie waren bis morgens um fünf Uhr geblieben und hatten geredet und diskutiert. Sie und Ihre Freundinnen und alle noch anwesenden, eine kleine Gruppe von ungefähr fünfzehn Nachtschwärmern, hatte sich im Pavillon von Prof. Dr. Anselm Megalein vergnügt um von den vorzüglichen Weinen des Gastgebers angeregt, den weiteren Verlauf des Weltfriedens hier in Italien unter den gegebenen Umständen der zu erwartenden Veränderungen zu diskutieren.

      Niemand der Anwesenden war sich darüber bewußt, daß diese Diskussion schon bald in allen Ecken der Welt entflammen würde, sobald die Öffentlichkeit von der Versuchsanordnung Heronimus Fauns erfahren und die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit publiziert werden würden.

      Sie verspeiste die letzte Orangenspalte und wandte sich Heronimus zu, der Gedankenversunken in den wolkenlosen blauen Himmel zu starren schien, aber tatsächlich ähnliche Gedanken hegte.

      „Hero, bist du auch bei der Diskussion von gestern Abend?“

      „Ja“, erwiderte er abwesend.

      „Ich habe mich bis heute zu wenig mit diesem Thema auseinandergesetzt, und muss nun erkennen, daß uns die Zeit davonrennen wird.

      Niemand hat auch nur ansatzweise Vorkehrungen oder Planspiele in der Schublade liegen, die in so einem Falle greifen könnten. Naja vielleicht doch ansatzweise irgendwann einmal angedacht aber niemals weiter entwickelt – was wäre wenn.

      Woher sollen sie auch wissen, daß wir bereits direkt darauf zusteuern, daß die Herren Konzernlenker in ihren gläsernen Vorstandsetagen lernen müssen umzudenken, um weiter am Markt bestehen zu können.

      Die Regierungsebene darf man in diesem Fall ganz ausklammern, und die Sozialwissenschaftler sind wahrscheinlich die Einzigen, die solche Planspiele in ihren Schubladen liegen haben könnten, von der Wissenschaft und der Finanzwelt wollen wir gar nicht erst reden.

      Das ganze Thema ist so allumfassend, daß ich das Gefühl habe mir platzt der Kopf.

      Muss unbedingt diese Planspiele auf einem Rechner simulieren der in der Lage ist alle Ansatzpunkte zu ordnen und die Szenarien zu berechnen. Werde einmal Herbert Lichtendorph eine email senden, um an ihn ein paar neue Aufgaben zu delegieren.