Cornelius Dettmering

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debattiert und versucht unseren Gedanken Struktur zu geben. Es wird sich einiges ändern und die Zusammenhänge sind doch sehr kompakt.“

      „Ich hatte Dich aber mit seiner neuen E-Mail-Adresse ankopiert“, sagte Fiorenza und legte ihren Kopf auf seine Oberschenkel.

      „Schön“, er ordnete seine Papiere, raffte sie förmlich zu einem Bündel zusammen, und schickte sich an den gemeinsamen Liegeplatz zu verlassen.

      „Fio“, sagte er, „lass mich aufstehen.“

      „Du wirst noch ein Weilchen hier liegen bleiben müssen, denn wir müssen noch die Gästeliste für unser Sommerfest durchsprechen. Mache dich ja nicht so einfach aus dem Staube.“

      „Hat das nicht Zeit bis morgen früh?“

      „Nein hat es nicht, denn die Tischkärtchen sind auch noch nicht gedruckt.“

      „Tischkärtchen, das ist nun wirklich wichtig, denke ich.“

      Er ließ seinen Kopf ein wenig auf seinem Hals hin und her baumeln. Das machte er manches Mal so, wenn er zum Scherzen aufgelegt war.

      „Also gut dann reiche mir die Liste der Auserwählten.“

      Sie reichte ihm ebenjene Liste und machte es sich erneut auf seinen Extremitäten gemütlich.

      Nachdem er hinter fast alle Namen ein Häkchen gemacht hatte, reichte er die Liste Fiorenza mit den Worten:

      „Was ist eigentlich das von Dir erdachte Thema dieses Abends?“

      „Da bin ich mir noch nicht sicher, vielleicht wird dies auch das erste themenfreie Fest in diesem Hause?“

      „Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, stichelte er ein wenig weiter, „alle Welt erwartet ein Thema auf Deinen Festen!“

      „Du böser, verwunschener Frosch, ich denke es wird Zeit Dich an die Wand zu werfen, um Dein loses Plappermaul zu stopfen.“

      „Wird Dir nicht gelingen.“

      Sprach´s und verließ mit einem riesigen Satz die gemeinsam genutzte Liege um sich in die blauen Fluten des Pools zu werfen. In diesem versank er umgehend, um am anderen Ende des Beckens auftauchend seinen Kopf in Richtung Fiorenza zu drehen, um sie ins Wasser zu locken.

      „Kommst du Herzallerliebste mein?“

      „Bin gleich bei Dir mein königlicher Kröterich, darf ich Dir ein paar Würmer zum Abendbrot reichen?“

      „Kann ich dankend drauf verzichten edle Prinzessin, bin heute so gar nicht auf dies´ Getier eingestellt.“

      „Ja aber geliebter Froschlurch, wie soll das enden, wenn Sie so gar nichts mehr verspeisen möchten? Sie werden durch den Hungertod kläglich verenden und vertrocknet in einer Ecke zu finden sein!“

      „Fio, ich werde mich jetzt dort oben an den gedeckten Tisch setzen und hübsch dinieren.“

      Sagte er, in einem der Situation entsprechenden schelmischen Ton, und schickte sich an das Becken zu verlassen, und sich in ein großes blaues Badetuch einhüllend an den Tisch zu setzen.

      „Bin gleich da“, rief sie ihm nach und verließ ebenfalls die Fluten.

      Sie saßen vergnügt am Tisch und kappelten ein wenig wie sie es immer taten, wenn sie unbeschwert sein konnten. Es waren kaum zehn Minuten vergangen, da klingelte das Telefon und Heronimus wurde von Herbert Lichtendorph verlangt. Heronimus konnte es unter gar keinen Umständen leiden, wenn man ihn bei seinen Mahlzeiten störte und ließ sich durch Fiorenza, wohl wissend daß er am anderen Ende der Leitung zu vernehmen war, mit den entsprechenden Worten entschuldigen.

      Sie wählte, daß wusste er nun schon seit vielen Jahren zu schätzen, immer die passenden Worte, im Gegensatz zu ihm, der in solchen Fällen immer bewußt weniger diplomatisch war als sie.

      Er war auch überhaupt nicht neugierig und fragte mit keiner Silbe nach dem Begehren Herberts und genoss in aller Ruhe sein Abendbrot.

      „Willst du gar nicht wissen, was Herbert wollte?“

      „Nein, will ich nicht, du kannst es mir aber gerne trotzdem erzählen“, erwiderte er witzelnd.

      „Er sagte nur etwas vom AA und daß man Dich dort gerne sehen würde.“

      „So etwas in der Art hatte ich befürchtet, die werden langsam nervös, aber ich werde sie wohl über den letzten Stand der Dinge informieren müssen – oder was meinst du Fio? Sollten wir sie im Dunkeln tappen lassen?“

      „Solltest du machen, aber ohne Deine Zeit hier abzukürzen bzw. früher abzureisen – unterstehe Dich Hero! Die müssen sich eben noch ein wenig Gedulden ehe sie sich über eine neue Weltordnung Gedanken machen können.“

      „Du kannst aber auch manches Mal recht gnadenlos sein Fio, es geht hier schließlich um das Wohl der Menschheit, meinst du nicht auch, daß man da ein wenig diplomatischer sein sollte?“

      „Musst du gerade sagen, du diplomatischster aller Diplomaten.“

      Sie hatte sich hinter ihm stehend in seine Haare verkrallt und schüttelte seinen Kopf hin und her.

      „Ja, gerade ich, wer denn sonst stürzt die Welt in solch´ wagemutige wirtschaftliche Divergenzen und diplomatische Verwicklungen? Ist es der Kanzler, der Außenminister, oder van Saia, der englische Premier? Nein, bleibt wieder einmal alles an mir hängen.“

      „Du Armer“.

      Sie kraulte seinen Hinterkopf, und er schnurrte, wie ein Faun nur schnurren konnte, zufrieden und viel zu laut.

      *

      10

      Arc von Tis saß zusammengekauert unter einem großen blauen Handtuch und inhalierte tief die ätherischen Öle der Feige, um seiner Erkältung den Garaus zu machen. Er hatte dieses alte Hausrezept in den feuchten Kellern seines elterlichen Hauses wiedergefunden, seine Großmutter hatte ihn bereits damit gequält. Nun also zelebrierte er inzwischen selbst diese perfide Heilmethode und stellte immer wieder aufs Neue fest, daß dies die einzig sinnvolle war. So unbeliebt diese auch bei ihm war half sie doch am allerbesten von allen Mitteln, die er im Laufe der Jahre von seinen Ärzten verschrieben bekommen hatte.

      Nachdem er diese Tortur eine geraume Zeit hatte über sich ergehen lassen, zog es ihn zu weitaus Interessanterem, einem riesigen Papierstapel den er in den letzten sieben Monaten mit Litern von blauer Tinte getränkt hatte um seine neue Weltordnung zu Papier zu bringen.

      Er war einer dieser gnadenlosen Weltverbesserer, die es nicht lassen konnten Vorhandenes zu hinterfragen, Unumstößliches zu widerlegen und Neues überzeugend in die Köpfe der Zuhörer als Saat seiner Ideen zu verbringen und zu pflegen, kurz, er war einer jener Menschen die es gewohnt waren Überzeugungsarbeit auf höchster Ebene, in allerfeinster Form zu leisten.

      Er war die graue Eminenz der Wirtschaftspolitik und von allen als solcher akzeptiert.

      Er beobachtet schon seit geraumer Zeit das Tun Heronimus Fauns und hatte sich schon sehr früh mit den Folgen dessen Arbeit beschäftigt. Sie kannten sich bereits aus der Grundschule, ihre Wege kreuzten sich immer wieder erneut und der Meinungsaustausch der beiden fand immer wieder frische Nahrung und gipfelte meist in immer neuen phantastischen Weltbildern.

      Arc von Tis ließ sich an seinem Schreibtisch nieder und verschachtelte weiter seine Theorien die er, mit Heronimus durchgegangen, in ihre vorerst endgültige Fassung bringen wollte.

      Er lebte hier sehr zurückgezogen, nur die Brandung des Atlantiks erinnerte ihn manchmal daran daß es ihn und seine Frau Faramé ziemlich weit nach Süden jenseits seiner Heimat Island getrieben hatte.

      Mit ihr und seinen zwei Chamäleons lebte er hier nun schon im vierten Jahr. Das Haus war eigentlich viel zu groß und hatte viel zu viele Zimmer, die er immer wieder durchschritt um seine Gedanken besser ordnen zu können, wenn das Wetter es ihm versagte dies an den langen Küsten selbst