Michael Schenk

Sky-Troopers 2 - Die Beutewelt


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der Blaubanner-Schwert.

      „Bewegung, rechtsweisend voraus, achthundert Meter“, meldete einer der Ausgucks aus dem Masttop. Automatisch blickte Jones in die angegebene Richtung, konnte jedoch nichts entdecken. Die beiden Matrosen oben im Mast standen allerdings höher, konnten viel weiter sehen und hatten auch einen guten Blick in die Tiefe der See.

      Auch Debris blickte auf das Wasser hinaus. Jeder von ihnen wusste, wie rasch aus einer Übung ein Kampf ums Überleben werden konnte, falls die Schniefer auftauchten.

      „Bewegung, rechtsweisend voraus, fünfhundert“, klang die Stimme an Jones Ohr. Es war eine schnelle Annäherung, kein Wunder bei der raschen Fahrt, welche die Blaubanner-Schwert machte. „Wale voraus“, vervollständigte der Ausguck.

      Na also, eine der zahlreichen Walgruppen, welche die Meere bevölkerten. Jones ging näher an die Reling. Das Schiff passierte die Lebewesen in kaum zweihundert Meter Entfernung. In dem klaren Wasser konnte Jones die grau gesprenkelten Leiber der Wale erkennen. So gefährlich sie mit ihren zwölf langen Kopftentakeln auch wirkten, so waren sie im Grunde doch harmlos.

      Jones sah hinter der Walgruppe ein paar blitzende Fontänen. Fische sprangen über die Wellen. Wellensprinter nannte man sie und sie waren sehr schmackhaft. Jones sah eine junge Matrosin zur Reling gehen, eine Angel in der Hand. Die dachte wohl ebenso. Er sah der Frau einen Moment zu. Entweder hatte sie Glück oder ein besonderes Talent, denn in kürzester Zeit hatte sie einen Wellensprinter am Haken.

      Ein anderer Matrose packte den Fisch, als er über der Reling war, und warf ihn zielsicher in einen bereitgestellten Eimer. Jones hörte einen schwachen Ruf von der Brücke und glaubte Malters Stimme zu erkennen. Die Matrosin mit der Angel hielt den Haken hoch, an dem sich ein undefinierbarer Klumpen befand.

      „Proteinriegel“, hörte er die Frau lachend rufen. Scheinbar war der Kapitän mit der Lüftung des Geheimnisses zufrieden, denn die Matrosin warf ihre Angel erneut aus.

      „Bewegung, rechtsweisend voraus, siebenhundert!“, rief der Ausguck.

      Jones seufzte. Solche Rufe würden nun immer häufiger ertönen. Langsam näherte sich die Blaubanner-Schwert Newam, dem Inselkontinent, an dessen südlicher Küste die Stadt des Blaubanners lag. Dicht vor Newam lag einer der Laichplätze der Wale. Kein Wunder, dass hier so viel Betrieb war. Jones dachte an den Walbullen der letzten Nacht und grinste. Da hatte er selbst es deutlich besser gehabt.

      „Bewegung, rechtsweisend, fünfhundert. Wal voraus“, meldete der Ausguck erneut. Gleich würden sie die Walgruppe passieren. Jones blickte automatisch wieder zur rechten Reling des Schiffes. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die junge Matrosin ihre Angel fallen ließ. Ihr Kopf sackte nach hinten in den Nacken. So, als wolle sie nach oben in die Luft sehen. Aber Jones sah den klaffenden Schnitt und die Blutfontäne, die aus der durchtrennten Kehle sprühte.

      „Schniefer!“, schrie er instinktiv, noch bevor der leblose Körper den Halt verlor und vornüber ins Wasser stürzte.

      Auch auf der Brücke hatte man den Vorfall bemerkt. Aus dem Durchgang unter der Brücke stürzte der diensthabende Signaltrupp hervor, rührte die Trommel im Stakkato des Alarmsignals, welches der Trompeter von sich gab. Plötzlich war überall Leben auf dem Schiff. Männer und Frauen stürzten zu ihren Gefechtsstationen, mit harten Schlägen klappten die Panzerungen des Raketenturms nach unten.

      „Schniefer!“, schrie der Ausguck aus dem Masttop.

      „Wo?“, kam die gebrüllte Frage von Venloe.

      „Rechtsweisend, dreihundert voraus. Fremdes Objekt.“

      Venloe erblickte Jones. „Unter Deck, Lieutenant, aber sofort!“

      Jones erinnerte sich an den Befehl von der Admiralität. Er zögerte. Keiner verließ freiwillig das Deck, wenn …

      Weiter kam er in seiner Überlegung nicht, denn urplötzlich war Bewegung im Wasser. Rechts und links vor dem Bug erschienen die gläsernen Helme von Schniefern über der Wasseroberfläche. Innerhalb von Augenblicken hatte die schnell fahrende Blaubanner-Schwert sie erreicht, und noch bevor das Schiff aus dem Kurs gerissen werden konnte, enterten die Bestien.

      Sie schienen regelrecht über die Reling zu quellen. Es war Jones ein Rätsel, wie die Biester es bei der hohen Fahrt geschafft hatten, sich am Rumpf festzuhalten und dann die fast drei Meter hohe Bordwand zu erklimmen. Jedenfalls waren sie da und Jones hatte die zweifelhafte Ehre, ihnen als Erster zu begegnen, denn außer ihm war kein anderes lebendes Besatzungsmitglied am Bug.

      Jones war klug genug, es nicht mit ihnen aufnehmen zu wollen. Er hechtete einfach zur Seite und rollte sich in raschen Bewegungen auf den Turm des Dampfkatapultes zu, dort, wo die nächsten Besatzungsmitglieder waren. Unter der Brücke schmetterte die Signaltrompete ein anderes Signal und alarmierte die Seesoldaten, dass die Blaubanner-Schwert gerade geentert wurde.

      Jones hörte ein unangenehmes Zischen nahe dem Ohr und wusste, dass gerade ein Lanzengeschoss auf ihn abgefeuert worden war. Er erreichte eine der Kisten, die neben dem vorderen Mast befestigt waren, und hechtete dahinter in Deckung. Erst jetzt kam er dazu, die Bolzenpistole zu ziehen, die jeder Mann und jede Frau an Bord stets im Halfter trug. Doch das glatte Hartholz der Waffe gab ihm kein Gefühl der Sicherheit.

      Um die Kiste herum schwirrten die Flammenkugeln der feindlichen Lanzen und zwei oder drei Mal klatschte etwas gegen die Kiste. Jones schauderte unwillkürlich zusammen, als ihm klar wurde, dass es sich dabei um Schniefer-Säure handelte. Die Biester hatten ihre Unterwasserhelme abgelegt, um auch ihre Säure in den Kampf bringen zu können.

      Er spürte einen heftigen Schlag an der Schulter und schrie unwillkürlich auf. Der Schrei wurde erwidert und Nässe spritzte auf seinen Nacken. In einem panikartigen Reflex richtete er sich auf, erfüllt von der Angst, getroffen zu sein. Als er sich halb umwandte, sah er, dass es sich um eine Matrosin der Katapultbesatzung handelte, die von Schniefer-Säure getroffen worden war. Schon wurde ihr Gesicht von der ätzenden Substanz zersetzt. Jones sah wie hypnotisiert zu, wie sich die Knochen aufzulösen begannen, Gewebe, Blut und Hirnmasse verflüssigt wurden. Noch immer schrie die sterbende Frau, schlug instinktiv um sich.

      Für einen Moment war das Grauen vor der entsetzlich zugerichteten Matrosin stärker als seine Furcht. Er rollte hinter der Kiste hervor, die Bolzenpistole im Anschlag, und direkt vor ihm stand eine der Bestien.

      Für einen Sekundenbruchteil sah er sie ganz deutlich vor sich. Ihr Bild schien sich in sein Gedächtnis einbrennen zu wollen. So groß wie ein Mensch und auch von menschlicher Statur. Selbst der Kopf und das Gesicht ähnelten einem Menschen. Nur die Ohren waren flacher und die Augen wirkten unnatürlich groß. Über dem schmalen Schlitz, der ihr Mund war, ragte der kurze Rüssel der Nase auf, mit dem sie ihre furchtbare Säure versprühen konnten. Dies hatte ihnen letztlich die Bezeichnung als „Schniefer“ eingebracht. Die Haut war ungewöhnlich bleich, obwohl auch sie Landbewohner waren, und, wie die Menschen, den sonnendurchfluteten Tag bevorzugten.

      Der Bolzen aus Jones Pistole warf den Schniefer haltlos nach hinten auf den Rücken, aber es waren genug andere da, um Jones sofort weitere Ziele zu bieten. Er tötete einen weiteren Schniefer, sah aus den Augenwinkeln, wie Bestien auf der anderen Schiffseite nach hinten liefen, zur Brücke. Aus einer Panzerblende des Raketenturms wurde mit einer Bolzenpistole geschossen, ein wahrer Hagel von Lanzengeschossen war die Antwort und die Pistole verstummte.

      Ein Schniefer zerrte an der Eingangstüre des Turms. Jones feuerte und verfehlte, dann war seine Waffe leer und er tastete verzweifelt nach seinem Ersatzmagazin. Doch die Magazintasche an seinem Gürtel war leer. Er hatte die Reservemunition verloren, als er sich hektisch in Deckung rollte.

      „Shib“, fluchte er unwillkürlich. Drei Meter entfernt sah er das Magazin liegen. Drei Meter, die ebenso Kilometer sein konnten.

      Ein graues Bein ragte plötzlich neben ihm auf. Jones rollte sich zur Seite, entging nur knapp dem Stoß einer Kampflanze. Der Schniefer holte erneut aus, doch sein Schädel platzte auseinander, als der Schuss aus einem Bolzengewehr ihn traf. Die tote Bestie stürzte halb über Jones, nagelte ihn mit ihrem Gewicht förmlich auf die Planken des Decks. Blut quoll