Nathalie O'Hara

Das Vermächtnis der Kristallkönigin


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Mayas Kleid hingegen bestand aus zwei verschiedenen Stoffen, hatte lange Fledermausärmel und verlief ab der Taille glockenförmig bis zum Boden. Der vordere Teil des Kleides, von der Brust über den Bauch bis zum Boden hin, war in strahlend weißem Stoff geschneidert. Die beiden Seitenteile des Kleides inklusive beider Ärmel bestanden aus dunkelblauem Stoff. Ein Zickzacksystem aus einer dunkelblauen Kordel sorgte dafür, dass man das Kleid bei der Brust enger oder weiter stellen konnte. Goldene Bordüren zierten die Säume der Seitenteile und waren bei beiden Ärmeln in der Höhe des Ellbogens aufgenäht.

      Als die Mädchen angekleidet waren, bekamen sie von Dorida noch passende Schuhe ausgehändigt.

      Fertig angezogen standen sie vor dem großen Spiegel und bestaunten sich gegenseitig. Dorida zupfte an ihren Rockzipfeln und überreichte Ihnen jeweils eine kleine, mit Edelsteinen verzierte Truhe. In Sarahs Truhe befand sich eine silberne, filigrane Halskette mit dem tränenförmigen Amulett darauf, dass sie einst im Verlies des Klosters gefunden hatten. Außerdem bekam sie noch einen hübschen Kristallring und eine silberne Tiara. Sie schmückte sich mit diesen Kostbarkeiten, kämmte sich ihre goldblonden Haare und setzte sich die Tiara auf den Kopf.

      Mayas Truhe enthielt dieselbe Halskette, ebenfalls einen Kristallring nur in einem kräftigen Saphirblau und statt der Tiara bekam sie einen Stirnreif aus Elfensilber.

      „Ohh, ich bekomme gar kein Krönchen!“, rief sie enttäuscht und nahm den Stirnreif aus der Truhe. Aber als sie ihn auf ihren Kopf setzte, erkannte sie, dass er einen wunderschönen Kontrast, zu ihren langen, seidigen schwarzen Haaren bildete. Der kleine Amethyst, der sich vorne am Reif befand, funkelte wie ein kleiner Stern.

      Als die Mädchen fertig angekleidet waren, bedankten sie sich bei Dorida und gingen in die Küche, wo sie schon von Cerridwen erwartet wurden.

      Sarah war etwas enttäuscht als sie Siran nicht erblicken konnte, ließ sich das aber so gut es ging, nicht anmerken.

      „Gibt es kein Essen?“, Mayas Magen knurrte laut.

      „Geduld junge Dame, wir feiern nicht hier!“, antwortete die alte Hüterin und führte die Mädchen zum Wasserfall.

      Dort stand unter unzähligen blühenden Bäumen, ein prächtig gedeckter Tisch, mit vielen leckeren Köstlichkeiten.

      Es gab bunte Früchte, würziges Brot, dampfende Suppen, gekochten Spargel, verschiedene Saucen, gefüllte Pilze, gebratene Fische, zwei köstliche Torten, viel frisches Gemüse und Kelche, gefüllt mit teurem Wein. Sogar gegrilltes Fleisch lag auf den Silbertabletts. Maya lief das Wasser im Mund zusammen.

      Als auch Sarah den Tisch sah, strahlte sie über das ganze Gesicht. Weniger wegen dem leckeren Essen, sondern wegen Siran, der neben dem Tisch auf sie wartete. Er kam auf die Mädchen zu, umarmte sie warmherzig und drückte Ihnen einen Kuss auf die Stirn. Als sie gegessen hatten, war es Zeit für die Geschenke. Cerridwen überreichte jedem Mädchen, ein in Leder gehülltes Paket, mit dem Beisatz dass sie es erst an ihrem 20. Geburtstag öffnen dürften. Siran hatte sich ganz besondere Geschenke für die Mädchen ausgedacht. Er pfiff durch seine Finger und das Gebüsch neben dem Wasserfall begann zu rascheln. Die Zweige bogen sich entzwei und eine schwarze, seidig glänzende Stute trabte hindurch. Die Stute war gesattelt und gezäumt und trug auf ihrem Rücken ein Lederbündel.

      Sie blieb vor Siran stehen, er streichelte sie über den seidigen Hals und nahm das Bündel von ihrem Rücken. Gespannt warteten die Mädchen darauf, dass er es öffnete. Ein leises Wimmern war aus dem Bündel zu hören und Siran holte einen kleinen, süßen Welpen hervor. Langsam ging er zu Sarah und überreichte ihr das flauschige Knäuel.

      „Wenn Ihr gut für ihn sorgt, wird ein großer Beschützer aus ihm heranwachsen“, sagte er. Sarah strahlte Siran an und drückte glücklich den kleinen Welpen an sich. „Vielen vielen Dank“, flötete sie und taufte das Hündchen Naris, als Erinnerung an denjenigen, der es ihr schenkte. Maya bekam einen neuen Köcher mit Pfeilen und einen edlen Bogen aus Elbenholz geschenkt. Bewundernd ließ sie ihre schlanken Finger über das geschliffene Holz gleiten als Siran ihr die Zügel der Stute in die Hand drückte.

      „Das ist Ophelia, Eure neue Gefährtin. Auf ihrem Rücken werdet Ihr jedes Ziel schnell und sicher erreichen“, sprach er.

      Als die Geschenke überreicht waren, saßen sie noch neben dem rauschenden Wasserfall, tranken Wein, lachten und scherzten gemeinsam. Cerridwen hatte die Runde schon längst verlassen, als sie immer noch einen Kelch nach dem anderen tranken und zu einer noch viel späteren Stunde betrunken um das Lagerfeuer tanzten.

      19. Als Maya am Tag ihres 19. Geburtstages die Augen öffnete, schmerzte ihr Kopf und alles drehte sich.

      Ihr war kotzübel. Sie konnte sich nicht erinnern wie sie am Vortag ins Bett gekommen war. Sie zog die Decke wieder über ihren Kopf aber es dauerte nicht lange, bis sie vor lauter Übelkeit nicht mehr liegen konnte. Mit eingeschränkten Körperfunktionen kroch sie aus ihrem Bett und suchte auf allen Vieren die Tür in den Korridor. So sehr sie es auch versuchte, es gelang ihr einfach nicht die Tür zu öffnen. Völlig entkräftet von den Nachwirkungen des Weines, sank sie am Boden zusammen und schlief vor der geschlossenen Tür wieder ein.

      Etwas Raues, Feuchtes strich über ihr Gesicht und es fühlte sich nicht sehr gut an. Als Sarah erwachte, hatte sie einen üblen Geschmack im Mund und wachte zwischen dichtem Gestrüpp auf. Das Erste was sie sah, waren die violetten Augen der schwarzen Stute, die ihr gerade den salzigen Schweiß von der Stirn leckte. Grummelnd drückte Sarah die Pferdenase von ihrem Gesicht weg, aber Ophelia ließ sich nicht beirren und leckte unaufhörlich weiter.

      Sarah rappelte sich hoch und bemerkte erst jetzt, dass sie unter einem warmen, Fell gelegen war. Ein Fell, das irgendjemand über sie gebreitet hatte, allerdings hatte sie keinerlei Erinnerungen daran. Es fröstelte sie und sie wickelte das Fell um ihre Schultern, öffnete die Tür und ging zu Cerridwen in die Küche.

      Dort bekam sie eine Tasse heißen Lavendeltee und etwas Schnittlauchbrot zu essen. Viel bekam sie nicht hinunter, daher ging sie über den Korridor zu ihrem Zimmer, öffnete die Tür und stolperte fast über die am Boden schlafende Maya, bevor sie sich in ihr Wolkenbett legte um dort ihren Rausch auszuschlafen.

      Maya wurde unsanft durch einen Tritt in den Bauch geweckt, als Sarah an ihr vorbei in das Bett torkelte. Sie war so müde, dass sie selbst nach diesem Tritt weiterschlafen hätte können, wenn sich die Türe nicht wieder geöffnet hätte und Siran mitten im Raum gestanden wäre.

      Er griff ihr unter die Arme und half ihr hoch. Allerdings nicht so wie sie dachte, um sie in ihr Bett zu legen.

      Er half ihr hoch um sie zum Wasserfall zu bringen und ihren Kopf mehrmals in das kalte Wasser zu tauchen.

      Ihre Haare trieften vor lauter Wasser und hingen ihr ins Gesicht, aber sie fühlte sich besser. Nachdem sie sich angekleidet hatte, brachte er ihr das Reiten bei.

      Aber nicht nur das. Die lernte auch, wie man während des Ritts mit dem Bogen schießt und wie man ein Pferd richtig pflegt. Zu guter Letzt brachte er ihr bei, wie man ohne Proviant und andere Hilfsmittel in der freien Natur überlebt.

      Nach diesem sehr anstrengenden Tag fiel sie müde in ihr Bett und fand schnell einen guten und tiefen Schlaf.

      20. Leichte Sonnenstrahlen fielen durch das Wolkendach und kitzelten Maya an der Nase.

      Sie gähnte und streckte sich ausgiebig, bevor sie aus dem Bett stieg. Als sie den Schrank öffnete, befand sich kein übliches weißes Kleidchen mehr darin. Dieses Mal wartete ein dunkelgrünes, langes Kleid auf sie. Der Stoff über der Brust und auch Teile der Ärmel bestanden aus weißem Stoff. Ein paar Elemente waren noch in dunkelbraunem Leder gehalten, aber größtenteils war das Kleid aus dunkelgrünem Leinenstoff genäht. Als sie es aus dem Schrank holte, fand sie auch noch zwei braune Lederstiefel und einen kleinen Lederbeutel im Schrank.

      Sie zog das Kleid an, band sich den kleinen Beutel, der an einem Gürtel befestigt war, um die Taille und schnürte sich die Stiefel zu. Als sie vor dem Spiegel stand und ihre Haare kämmte, bemerkte sie wie fraulich sich ihr Körper verändert hatte. Sie war mittlerweile auf eine Größe von 1,70 m gewachsen und hatte dementsprechend