Nathalie O'Hara

Das Vermächtnis der Kristallkönigin


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ins Bett begeben“, erwiderte Maya und verabschiedete sich bei Cerridwen und Siran.

      Sie ging den Flur entlang bis zur ihrer Zimmertür, strich mit der Hand sanft über die Schnörkel und die Tür ließ sie direkt zum gewünschten Wasserfall hinaus. Nachdem sie sich ausgiebig in dem klaren Wasser gebadet hatte und ihre Haare wieder angenehm nach Blüten dufteten, kehrte sie auf den Flur zurück, schloss die Tür um sie gleich im Anschluss wieder zu öffnen und das Wolkenzimmer zu betreten.

      Langsam schlich sie zu Sarahs Bett, setzte sich auf die Bettdecke und fragte: „Bist du noch wach?“.

      „JA ICH BIN NOCH WACH! MUSSTEST DU MICH SO BLAMIEREN?!!!“, fuhr Sarah sie an.

      „Ich habe dich doch nicht blamiert, ich fand es nur amüsant wie sehr du Siran angehimmelt hast“, antwortete Maya und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.

      „ES REICHT JETZT!“, fauchte Sarah, drehte sich um und zog sich die Decke über das Gesicht.

      Maya entschuldigte sich bei Sarah, die jedoch ziemlich beleidigt auf sie war. Nach einigen Minuten gab Maya auf und legte sich ebenfalls ins Bett. Doch je sehr sie es auch versuchte, sie konnte keinen Schlaf finden. Der ganze Tag mit seinen Erlebnissen ging ihr durch den Kopf. Außerdem fragte sie sich, wie es wohl den Kindern im Heim ergehen würde und was wohl morgen alles passieren wird. Sie wälzte sich die halbe Nacht herum, bis sie zu sehr später Stunde, endlich einen leichten Schlaf fand.

      15. Für Maya war die Nacht ziemlich kurz, denn sie wurde nach wenigen Stunden Schlaf von Sarah aus den Träumen gerissen. „MAYA, WACH AUF!“, schrie Sarah entsetzt.

      Maya rieb sich die verschlafenen Augen und blinzelte müde zu Sarah, die schon vor dem Spiegel stand.

      „BEI MIR WACHSEN KNOTEN IN DER BRUST!“, schrie Sarah, immer noch mehr als beunruhigt.

      „Was? Das kann nicht sein, warte ich schaue mir das an“, sagte sie und kletterte aus dem Bett. Doch als sie vor dem Spiegel stand, bemerkte sie, dass auch bei Ihr Knoten in der Brust gewachsen sind.

      „Oh mein Gott! Mir geht es genauso!“, sagte sie erschrocken, sprang durch den Raum und riss die Tür auf. „CERRIDWEN, CERRIDWEN!! KOMM SCHNELL!“, rief sie durch den Korridor und es dauerte nicht lange, da kam die alte Hüterin auch schon angerannt.

      „Was ist denn los?“, fragte diese erstaunt.

      „Bei uns wachsen Knoten in der Brust!“, rief Sarah entsetzt.

      Cerridwen trat näher, bückte sich und als sie die Brüste der Mädchen begutachtete, musste sie grinsen.

      Beide Mädchen sahen sie ob dieses Grinsens entsetzt an.

      „Wie ich euch bereits gesagt habe, vergeht die Zeit hier schneller als in eurer Welt. Deshalb seid ihr jetzt mitten in der Pubertät, wodurch auch das Wachstum eurer Brüste begonnen hat“, erklärte die Hüterin.

      Nachdem die beiden Mädchen eingehend ihre Brüste im Spiegel betrachtet hatten, gingen sie in die Küche um zu frühstücken.

      Nach dem Frühstück wurden die Aufgaben des Tages verteilt. Es dauerte nicht lange, da kam Siran durch das Portal spaziert um Maya für ihre nächste Lektion im Bogenschießen abzuholen. Seltsamerweise schien der Waldelf keinen Tag älter geworden zu sein, er wirkte immer noch wie ein junger Mann im Alter von 20 Jahren. Als sie die Hüterin danach fragte, wurde ihr erklärt, dass in der Zwischenwelt nur Menschenkinder altern, die sich dafür entschieden hatten, ihr weiteres Leben in Astorien zu verbringen. Aber auch nur während der Zeit, in der das Land unter massiven Problemen zu leiden hatte.

      „Kommen denn viele Menschenkinder hier her?“, fragte Maya.

      Cerridwen schüttelte den Kopf: „Meistens besuchen mich nur Verstorbene, die auf den Weg ins Jenseits sind. Und zwar jene, die ihren Tod noch nicht akzeptieren können. Ich muss sie dann darauf vorbereiten. Alle anderen gelangen direkt zu dem Fährmann, der sie hinüber bringt.“

      „Also gibt es das Jenseits wirklich?“, wollte das Mädchen wissen.

      „Aber natürlich gibt es das Jenseits. Wohin denkst du, gehen die Seelen denn sonst nach ihrem Tod? Sie kehren heim. Dort warten schon alle anderen Seelen auf sie, die ihren vorausgegangen sind“, erklärte Cerridwen und lächelte Maya freundlich an.

      Sarah bekam von diesem Gespräch nichts mit. Ihre Augen verfolgten jede Bewegung Sirans.

      Sie bewunderte seine muskulösen Unterarme, seine wundervollen blauen Augen und seine seidigen langen, dunkelbraunen Haare. Als sie selbst bemerkte, wie sehr sie ihn anstarrte, wandte sie schnell ihren Blick zur Cerridwen, um sie nach ihrer Lektion des heutigen Tages zu fragen. Während Siran mit Maya durch die Tür verschwand, drückte Cerridwen dem Mädchen einen geflochtenen Weidenkorb in die Hand. „Heute wird dir beigebracht, welche Kräuter man essen kann und wo du Obst und Gemüse pflücken kannst.“

      Mit einer schnellen Handbewegung ließ sie die Küchenwände verschwinden und Sarah fand sich in einem großen Garten wieder. >>Oh Mann, daran werde ich mich wohl nicht so schnell gewöhnen<<, dachte Sarah und folgte der Hüterin über einen schmalen Pfad, der durch die Wolken hindurch, zu einem üppig wachsenden Obstgarten führte.

      Hier fand man alles was das Herz begehrte. Wunderschön blühende Obstbäume, deren Blüten einen zarten, angenehmen Duft versprühten. Prächtiges Gemüse in den buntesten Farben und würzige Kräuter, die ebenfalls herrlich dufteten. Manche der Obstbäume trugen bereits Früchte, die Sarah das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen. Ein besonders großer Kirschbaum, war so prall voller Früchte, dass seine Äste teilweise bis zum Boden reichten. Sarah rannte hin und steckte sich die süßen, großen Kirschen in ihren Mund. Sie schmeckten herrlich!

      Auch die Apfelbäume und die Marillenbäume trugen schon größtenteils Früchte.

      Zwischen dem saftig grünen Gras wuchsen zahlreiche Pilze, bei denen Sarah aber nicht wusste, welche man essen konnte und welche giftig waren. Unzählige Kräuter versprühten einen würzigen Duft und das ganze Geruchsgemisch, das in der Luft lag, erinnerte das Mädchen an den Urlaub mit ihren und Mayas Eltern, die gut miteinander befreundet waren. Es war ein grauenvoller Urlaub, der Schlimmste den Sarah je erlebt hatte und der das Leben beider Mädchen nachhaltig verändern sollte.

      Es war im Jahr 2009 in Ägypten. Ihre Eltern waren gemeinsam mit Mayas Eltern auf einer zweiwöchigen Reise in Kairo. Abends schlenderten sie meistens durch die schmalen Gassen der Stadt. Besonders der bunte Basar hatte es ihnen angetan, da Mayas Mutter besessen davon war, Souvenirs für die Verwandten zu Hause zu kaufen. Sarah mochte die verschiedenen exotischen Düfte. Sie genoss das ganze Flair, das in der Luft lag wenn die Händler ihre Waren zum Kauf anpriesen. Eines Abends waren sie wieder gemeinsam am Basar unterwegs. Sarah erinnerte sich noch, dass ihre Mutter mit einem Verkäufer um ein violettes Tuch feilschte als plötzlich ein ohrenbetäubender Knall ertönte. Die ganze Luft erfüllte sich mit Rauch, sodass sie zuerst kaum ihre Hand vor Augen sehen konnte.

      Die Leute begannen zu schreien und als sich der Nebel lichtete, sah Sarah verletzte Menschen am Boden kauern, die stark aus klaffenden Wunden bluteten. Manche Personen lagen am Boden und bewegten sich nicht mehr. Sie wurden von Freunden oder Familienangehörigen, mit denen sie unterwegs waren, gerüttelt, in der Hoffnung, dass sie sich bewegen würden. Aber diese Menschen bewegten sich nie mehr.

      Nach dem ersten Schock suchte Sarah verzweifelt nach ihren Eltern aber es war schwierig, da die ganze Menge panisch durch die Gegend rannte. Der Händler, der mit ihrer Mutter um das Tuch gefeilscht hatte, lag schwer verletzt über seinen Verkaufstisch gebeugt und blutete stark aus dem Kopf. Aber Sarah hatte keine Zeit sich um den Händler zu kümmern. Sie zwängte sich durch die Massen und rief nach ihren Eltern. Ohne Erfolg. Wie durch ein Wunder war sie unverletzt und irrte verzweifelt über den Basar bis sie Maya kauernd am Boden sitzen sah.

      Weinend deutete sie auf zwei blutende Bündel, die tot neben ihr am Boden lagen. Entsetzt wandte Sarah ihren Blick ab, umarmte ihre Freundin um sie zu trösten und wollte sie von den Leichen wegzerren aber Maya wehrte sich und schlug Sarah sogar die Hände weg. Sarah ließ sie am Boden sitzen, um nach