D. G. Berlin

Fakten Wissen Denkblasen?


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ihren Inhomogenitäten und deren Lage und Größe zu machen, sind komplizierte Umrechnungen und eine stattliche Anzahl von Annahmen notwendig. Annahmen und Umrechnungen, die von Theorien und Modellen, Vorstellungen und Vermutungen ausgehen.

      Es ist doch entschieden zu bezweifeln, dass das mit gebührender Sicherheit gelingen kann. Hilfreich war es in diesem komplexen und komplizierten Prozess bestimmt, zu wissen, wonach genau man sucht und wie das Bild aussehen muss, wenn es die Paradigmen bestätigen soll. Obwohl viele Physiker die Ostereier ernst nehmen, müssen wir ihr Triumphgeheul nicht teilen.

      Die häufigen Mitteilungen, man hätte nun noch Dieses und Jenes aus der Hintergrundstrahlung ablesen können, was eindeutig jene und diese Annahme, Vorstellung oder Theorie bestätige, können wir mit dem müden Lächeln eines wissend Ungläubigen in den sich füllenden Korb neben dem Schreibtisch schieben. All die Grafiken vom Baby-Universum und die Verkündungen von aus den Daten der Hintergrundstrahlung gewonnenen Erkenntnisse muss man wohl nicht sonderlich ernst nehmen.

      Die Urknallvorstellung ist eine eindrucksvolle Theorie, kein Zweifel. Sie hatte sich schnell bei der überwiegenden Mehrheit der Naturwissenschaftler durchgesetzt; notgedrungen auch bei der Mehrheit von uns Gläubigen. In den Medien wird sie nach wie vor propagiert. Aber deshalb muss diese Vorstellung noch lange nicht auch das tatsächliche Geschehen richtig beschreiben. Wie man den Film auch laufen lässt, ob vorwärts oder rückwärts oder kreuz und quer, ein überzeugendes Bild vom Anfang des Universums will sich nicht so recht herstellen.

      Im Mai 2004 veröffentlichten 33 Wissenschaftler aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Polen, Brasilien und Indien einen offenen Brief, in dem sie sich gegen die Urknalltheorie wandten. Sie bezeichneten sie als eine Theorie, die von „zurechtgepfuschten Faktoren“ und jederzeit rückwirkend „verstellbaren Parametern“ lebt. Diese Praxis sei vergleichbar mit jener der alten Kosmologie, die eine Vielzahl von Epizykeln benötigte, um die Position der Erde im Mittelpunkt des Universums erhalten zu können, kritisierten die Wissenschaftler. (New Scientist Mai 2004)

      Das Urknallmodell mit den Epizykeln des Ptolemäus zu vergleichen, ist schon ein starkes Stück, aber möglicherweise ein sehr treffender Vergleich. Die 33 Briefunterzeichner kann man noch, wenn man das will, in eine Ecke der Missachtung stellen, indem man behauptet, zu den Unterzeichnern hätten ja gar keine international besonders renommierte Wissenschaftler gehört. Man kann es auch bei einer Veröffentlichung in New Scientist belassen und so weitestgehend totschweigen. Aber aus der Welt sind die Zweifel so noch keineswegs.

      John Maddox, langjähriger Herausgeber der international renommierten Wissenschaftszeitschrift Nature, hatte schon 2002 die Urknalltheorie als ein Rahmenmodell bezeichnet, das der Kosmologie 25 Jahre Frieden und Ruhe brachte. Die Tage der Ruhe seien nun aber, da die Widersprüche zwischen Erwartung und Wirklichkeit auftreten, gezählt.

      (John Maddox in: Was zu entdecken bleibt; 2002)

      Heute sind viele Physiker von der Urknalltheorie nicht mehr so sehr überzeugt. Und aus den Zweifeln resultieren Versuche, andere Erklärungen für die Herkunft des Universums zu finden. Deshalb könnte die Urknalltheorie tatsächlich in absehbarer Zeit dort sein, wo tatsächlich Ruhe und Frieden in Ewigkeit herrschen.

      In jüngerer Zeit argumentieren Physiker, den Urknall dürfe man sich ja auch nicht als eine Explosion vorstellen. Er sei vielmehr der Beginn von Raum und Zeit und der Expansion des Raumes. Da sei nichts explodiert. Am Begriff Urknall könne man festhalten, da er sich eingebürgert hat, aber man müsse mit ihm mehr die Entstehung und Entwicklung des Raumes verbinden.

      Das entkrampft die Sache mit dem Knall etwas. Aber auch ein so verstandener Urknall-Prozess steht für den Beginn von Raum und Zeit und Materie und allem. Ob es nun knallte oder nur blubbte, wie der Anfang geschehen konnte, ist trotzdem nicht geklärt.

      Aber so einfach ist es ja nicht, eine plausible Erklärung für den absoluten Beginn zu finden. Einige Physiker, die inzwischen mehr oder weniger konsequent vom Glauben an das herkömmliche Urknall-Modell abgefallen sind, mühen sich um neue Szenarien, Denkmodelle und Hypothesen. Einige seien hier angeführt.

      Einige Abtrünnige postulieren eine Big-Bounce-Hypothese. Danach soll es die Raum-Zeit schon seit ewigen Zeiten und in einer unendlichen Ausdehnung gegeben haben. Es soll sich dabei aber um einen absolut materiefreien Raum als hoch energetisches Quantenvakuum gehandelt haben. (Leere, nicht Nichts!)

      Diese Raum-Zeit war instabil und begann irgendwann, sich zusammenzuziehen. Das konnte aber nur bis zu einer minimalen Größe, mit einem Radius von cirka 10^-25 cm, erfolgen. Als diese erreicht war, entstand bei dann hohem Druck und Dichte der Vakuumenergie die Materie. Die Raum-Zeit dehnte sich wieder aus und die Materie nahm ihren eigenen Evolutionslauf. Der „Große Rückprall“ vermeidet die Singularität, behält aber den Urknall bei. Der ist hier ein Phasenübergang in Form einer Symmetriebrechung als Übergang von einem vakuumdominierten zu einem materiedominierten Universum. Die Raum-Zeit bedarf dann keiner Entstehungs-Erklärung; es gab sie schon seit ewigen Zeiten.

      Es gibt noch andere Weltenstehungs-Szenarien. Ich möchte hier aber nur noch zwei aus der jüngeren Zeit kurz erläutern.

      Der Begriff Universum ist die Bezeichnung für alles Existierende. So verstanden soll das Universum alles umfassen, was je existierte, aktuell existiert und in aller Zukunft noch existieren wird. Aber ein solches Universum muss ja nicht nur alles das umfassen, was uns bekannt und zugänglich ist. Vielleicht ist das, was wir als Universum ansehen, nur eine an den uns erfahrbaren Raum gebundene, zeitlich begrenzte Existenzweise des Allumfassenden, eine spezifische Welt der Materie, der Galaxien, Sterne, Planeten und Strahlung, wie wir sie beobachten.

      Es ist dann durchaus denkbar, dass diese uns erfahrbare Welt eine Vorgängerwelt hatte, aus der sie hervorging. Die Singularität kann dann gedacht werden als Übergang zwischen verschiedenen Seinsweisen des Universums, die miteinander in Beziehung stehen. Dann aber muss das Universum, in dem wir leben, die Fortsetzung von Vorausgehendem sein und sich aus diesem ergeben. Die Singularität wäre so nur eine Phase, in dem sich der Zusammenbruch des Vorausgehenden und die Geburt des Nachfolgenden repräsentiert.

      Ein solches Modell stellt hohe Anforderungen an unsere Vorstellungen von Raum und Zeit. Eine Seinsweise des Allumfassenden, die sich von der uns bekannten unterscheidet, kann sich nicht nur in den gegenständlichen Inhalten unterscheiden, sondern vor allem in dem, was wir Raum und Zeit nennen. Tatsächlich sind auch Physiker schon auf diese Idee gekommen.

      Paul Steinhardt von der Universität Princeton, sein Doktorand Justin Khoury, Burt Ovrut von der Universität von Pennsylvania in Philadelphia und Neil Turok von der Universität Cambridge haben 2002 ein Modell in die Öffentlichkeit gebracht, das sie Ekpyrotisches Universum tauften. Der sperrige Name ist an das griechische Wort ekpyrosis angelehnt, mit dem man in der Antike einen Weltenbrand bezeichnete. In der modernen Fassung geht das Modell des „Weltenbrandes“ aus der Stringtheorie, genauer aus der heterotischen M-Theorie hervor.

      Strings sind bekanntlich jene unwirklichen 1-dimensionale Fäden unbekannten Natur, die aus unbekanntem Grund in verschiedenen Modi schwingen sollen und so in einer unbekannten Systematik die Teilchen und Kräfte hervorbringen sollen. Über die M-Theorie ist auch nicht viel mehr bekannt, als dass sie 10 Raumdimensionen erfordert. Von diesen sollen 6 zu winzigen Gebilden in der Dimension von etwa der Planck-Länge eingerollt sein.

      Dieses 10+1(zuzüglich einer Zeitdimension)-dimensionale Universum soll sich ursprünglich in einem materie- und strukturlosen Primärzustand befunden haben. Quantenfluktuationen sollen dann dafür gesorgt haben, dass Strukturen entstanden. Dabei spielen 3-Branen die Hauptrolle. Unser Universum, wohl besser Welt, soll eine 3-Bran sein.

      Was Branen sind?

      Branen sind Gebilde, die die Stringtheoretiker erfunden haben, um die 1-dimensionalen Strings in mehrdimensionale Strukturen zwingen zu können. Eine 2-Bran ist nichts anderes als ein uns als Membran bekanntes 2-dimensionales Gebilde; eine 3-Bran ein 3-dimensionaler Raum.

      Wenn Sie mitgezählt haben, dann fehlt hier nun aber