Michael Stuhr

DAS GESCHENK


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hat.

      „Zuerst war meine Mutter not amused – kennt ihr den Ausdruck?“

      „Wie die Queen“, sage ich. „Die ist manchmal auch not amused, oder?“

      „Genau!“, grinst Felix. „Aber dann hat mein Dad gesagt, und peng, war alles okay!“

      Plötzlich gibt es hinter den Pinien einen gewaltigen Knall und einen Lichtblitz. Die Silhouetten der Bäume stehen dunkel vor einem rötlich erhellten Hintergrund.

      „Feuerwerk!“, jubelt Fleur und da steigt auch schon die nächste Rakete in den dunklen Himmel. Sie zerplatzt in tausend funkelnde Sterne.

      Im Restaurant stehen einige Leute von ihren Tischen auf und kommen auch ein paar Schritte weit an den Strand, um besser sehen zu können.

      Immer neue Lichteffekte tauchen am Himmel auf und das Feuer gibt den Farben eine Intensität, die man sonst nicht erleben kann. Das Spektakel steigert sich bis zu dem Moment, wo gleich fünf große Raketen in einer Kaskade von schillernden Farben gleichzeitig explodieren.

      „Wow, das war geil“, sagt Fleur, aber jetzt geht es erst richtig los: Wieder fängt es mit ein paar kleineren Raketen an, die in immer schnellerer Folge aufsteigen. Jetzt gibt es auch jaulende Geräuscheffekte bei jedem Start, sodass es sich anhört, wie ein einziger an- und abschwellender Ton. Immer greller, immer bunter leuchtet der Himmel in allen denkbaren Farben. Man weiß gar nicht mehr, wo man hinschauen soll.

      Vom Restaurant her hört man einstimmiges „Ah!“ und „Oh!“ Ein kleiner Hund fegt kläffend über den Strand, springt immer wieder in die Höhe und versucht, die Lichter zu jagen und zu fangen.

      Ich zeige Felix, was er für witzige Sprünge macht und sie lacht hell auf. „Crazy!“

      Mittlerweile nähert das Feuerwerk sich dem Ende und im Finale ergießen sich acht anemonenförmige Strukturen über den Nachthimmel, die sich immer mehr ausbreiten bis sie schließlich ineinanderfließen.

      „Hey, war das nicht toll?“ sagt Pauline.

      „Klasse“, nickt Fleur.

      „The best war der Hund“, meint Felix.

      „Was denn für’n Hund?“ will Fleur wissen.

      „Na den da.“ Felix will Fleur den niedlichen kleinen Kerl zeigen, aber er ist schon wieder zwischen den Tischen des Restaurants verschwunden. „Ups, ist weg!“, stellt sie fest und wendet sich uns wieder zu.

      „Hör mal, Pauline, das war ja ´ne tolle Nummer von deinem Vater eben“, meint Fleur gerade.

      „Ja, er macht solche Sachen immer heimlich. Mir soll’s recht sein, wenn so was dabei rauskommt“, grinst sie und entfaltet im schwachen Licht der Restaurantbeleuchtung hinter uns den 50 Euro Schein.

      Barfuß schlendern wir zum Ufer und lassen uns in den immer noch warmen Sand fallen. „Autsch!“ schreit Pauline auf.

      „Was ist los?“, will Fleur wissen.

      „Hab mir den Hintern an ’ner Muschel aufgeschnitten, glaub ich.“

      „Schlimm?“

      „Ach, nicht wirklich“, meint Pauline. „Hab mich nur erschreckt. Au, mein armer Arsch!“

      „Macht nix, hast ja genug davon“, grinst Fleur und bekommt dafür von Pauline eine Handvoll Sand in die Haare.

      Eine zeitlang schauen wir schweigend auf das dunkle Meer. Leichte Wellen spülen kleine weiße Gischtstreifen an den Strand. Die Luft ist mild und es riecht würzig nach Kräutern und Pinien.

      „Dann lasst uns mal überlegen, was wir brauchen Mädels.“ Fleur wirft ein Steinchen, mit dem sie gerade gespielt hat, ins Wasser und wendet sich uns zu.

      „Also wir brauchen“, sprudelt Pauline sofort heraus, so als hätte sie nur auf’s Stichwort gewartet. Während sie aufzuzählen beginnt, benutzt sie die Finger: „schicke Badeanzüge, coole Freizeitklamotten, gute Frisuren und jeder einen Titel, den er singen kann.“

      „Oh Mann, das Singen“, stöhnt Fleur entsetzt auf, „Mon dieu, das kann ich doch gar nicht! Während andere singen, plärre ich wie ein Esel!“

      Felix schmeißt sich rückwärts in den Sand und kugelt sich vor Lachen. „Wie ein Esel“, stammelt sie zwischendrin immer wieder atemlos. „Sie muss singen, und peng sie ist ein Esel! – Crazy!“

      „Ja“, meint Fleur mit einem verzweifelten Grinsen, „soll ich mal eine Kostprobe geben?“ Und schon fängt sie an, ‚My heart will go on’ zu kreischen, bis wir uns alle vor Lachen im Sand wälzen und nur noch stöhnen können: „Hör auf!“ – „Hör bitte auf!“ – „Gnade!“

      Pauline fasst sich als erste und verkündet atemlos: „Okay, Fleur, du hast uns überzeugt! Für dich brauchen wir dringend ein Lied mit möglichst wenig Text und vor allem nicht in so ´ner hohen Tonlage“ Was könnt ihr denn singen?“ wendet sie sich an mich und Felix.

      Felix kaut auf ihrer Unterlippe und mir bricht der Angstschweiß aus. An das Singen hatte ich gar nicht gedacht. Oh je, auf was habe ich mich da eingelassen? Mir fällt absolut kein Titel ein, den ich singen könnte. „Ich besitze gar keinen Badeanzug“, sage ich stattdessen. „Und wenn man dazu High Heels tragen muss, so was hab ich auch nicht.“ Betroffen schauen wir uns an.

      Schließlich meint Pauline „Macht euch mal darüber keine Gedanken, Badeanzüge kann ich euch leihen, damit bin ich bestens ausgestattet, leider. Und was die High Heels betrifft, wenn wir keine auftreiben können, peppen wir einfach mit Schmuck und Nagellack eure Füße auf und ihr geht auf Zehenspitzen. Dazu schicke luftige Schals und coole Sonnenbrillen und euer Outfit ist perfekt. Wir haben ja schließlich ein bisschen Kapital, oder?“

      Aufmunternd blickt sie in die Runde und fügt bestimmt hinzu: „Morgen früh treffen wir uns alle bei mir. Jede bringt mit, was sie hat. Auch Freizeitklamotten. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht für jede von euch was Passendes zusammengestrickt bekommen!“

      Alle nicken, nur Felix schüttelt den Kopf, während sie sich Sand von einer Hand in die andere rieseln lässt. „Lustiges Land. Crazy!. An der Strand alle halbnackt und für Misswahl anziehen! Real funny, denkt ihr nicht so?“

      „Wie soll so jemand aus England das auch verstehen?“, ertönt es da neben uns.

      Celine hat sich mal wieder heimlich herangepirscht! Was kann man von der auch anderes erwarten?

      „Es kommt bei so einer Wahl doch nicht nur auf den Körper an, sondern auch darauf, wie man sich präsentiert! Und wie man sich sonst so gibt! Aber von so was habt ihr ja keine Ahnung. Seid nicht zu enttäuscht, wenn ihr nur die hinteren Plätze belegt“

      „Aber du machst doch auch mit, also ist der allerletzte Platz sowieso schon vergeben“, kichert Fleur, ohne sich zu Celine umzudrehen.

      Wir prusten los und Celine wirft den Kopf in den Nacken. „Wir werden ja sehen, ob ihr morgen auch noch so eine große Klappe riskiert. Ich an eurer Stelle würde mir genügend Taschentücher einpacken, wegen der Tränchen.“

      „Na dann vergiss du mal morgen deine Papiertüte nicht. Du wirst sie dringend brauchen.“

      „Wozu das denn?“

      „Um sie über den Kopf zu ziehen natürlich. Wer sieht schon gern Verlierer? Und für dich ist der Heimweg dann auch nicht so peinlich.“

      „Oh“, wirft Felix noch ein, „oben zwei Löcher in der Tüte machen, für deine Augen, weißt du. Vielleicht kommt da ein Baum und peng!“

      Celine hat genug von uns und schreitet hoch erhobenen Hauptes von dannen. Wegen der vielen Sandkuhlen und der Dunkelheit ist es aber mehr ein Davonstolpern.

      „Vergiss nicht, für den Intelligenztest zu üben, Celine Chérie!“, ruft Fleur ihr noch hinterher

      Wieder prusten wir los, bis Pauline meint: „Hört mal Mädels, ganz im Ernst: die sieht saugut