Oliver Speier

Lykanta


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auf den Weg machen. Wie sich gleich zeigen sollte, war das Leben grausam. Gerade heute, da ich keinen Gedanken an Susi oder Stefan verschwendet hatte, lief ich in sie hinein, als ich um die Ecke bog.

      Gut, hineinlaufen war übertrieben. Sie standen einige Meter entfernt von mir an seiner Zimmertür und knutschten eng umschlungen miteinander. Ich kam etwas aus dem Schritt und hätte am liebsten umgedreht, doch jetzt gab es kein zurück mehr. Mit starrem Blick und erhobenen Hauptes schritt ich so schnell ich konnte an ihnen vorbei. Eifersucht, Scham und Trauer fluteten meine Gedanken. Am liebsten hätte ich laut auf die beiden eingeschriehen. Nur mit Mühe unterdrückte ich diese Regung und lief wortlos an ihnen vorbei.

      Susanne stand mit dem Rücken zu mir und bemerkte mich nicht. Stefan hingegen bekam bei meinem Anblick große Augen und versuchte sich von ihr zu lösen. Als ihm dies endlich gelang, hatte ich sie schon passiert und einige Schritte Abstand zwischen uns gebracht.

      " Lyk warte doch mal, wir müssen mit dir reden! ", ertönte seine nervöse Stimme hinter mir.

      Ich ignorierte sein Flehen und beschleunigte meine Schritte. Reden wollte er? Nicht zu fassen. Ich kochte innerlich. Am liebsten hätte ich umgedreht und den beiden die größte Szene des Jahrhunderts hingelegt, womit ich mich natürlich total blamiert hätte. Nein, ich würde total gelassen davon schreiten und die Zwei mit ihren Schuldgefühlen im Gang stehen lassen.

      So ganz klappte mein Vorhaben dann doch nicht. Als ich die Kurve erreicht hatte, konnte ich mich nicht beherrschen und warf einen Blick zurück. Beide starrten mir mit schuldbewusster Miene hinterher. Mein Frust brauchte ein Ventil und so zeigte ich ihnen den Stinkefinger, ehe ich um die Ecke bog und zum Fahrstuhl eilte.

      In mir kochte es. Diese zwei lausigen Verräter. Ich hatte mein Leben für den einen riskiert und mein Herz für die andere geöffnet und wie wurde es mir gedankt? Am liebsten hätte ich jetzt auf etwas eingeschlagen, doch da war nichts um meine Aggression abzubauen. So musste der Fahrstuhlknopf herhalten, auf den ich nun wütend einhämmerte.

      Was glaubten die Zwei eigentlich? Dachten sie, ich würde alles mit einem freundlichen Nicken akzeptieren? Pah, weit gefehlt! Reden wollten die? Sollten sie doch miteinander reden, ich brauchte sie nicht, ich würde meinen Weg auch ohne die beiden machen.

      Ich erreichte die Schießanlage und musste zu meiner Verärgerung feststellen, dass ich zu früh war. Missmutig lehnte ich mich an die Wand und hing meinen Gedanken nach. Dabei malte ich mir aus, wie ich eine Bilderbuchkarriere unter den Vampiren hinlegte.

      Ich würde in den Rängen der Vampire immer weiter nach oben steigen. Alle würden mich verehren und begehren, besonders Susanne und Stefan. Ich jedoch würde sie ignorieren und ihnen dadurch zeigen, wie wenig sie mir bedeuteten. So kindisch diese Gedanken auch waren, dadurch ging es mir gleich besser.

      Als Tower auf mich zukam, hatte ich mich wieder soweit unter Kontrolle, dass man mir meine Wut nicht ansah. Zudem lenkte mich sein Anblick gehörig ab. Da hatte sich aber jemand ins Zeug gelegt, um mich zu beeindrucken. Trotz meiner schlechten Laune musste ich grinsen. Er trug heute nur eine Lederhose und eine ärmellose Lederjacke, die er zu allem Überfluss nur halb zugeknöpft hatte. Seine Muskelpakete kamen dadurch gut zur Geltung und ich hatte den Verdacht, er hatte kurz vorher noch ein paar Hanteln gestemmt, um sie extra aufzupumpen. Meine Erheiterung blieb Tower nicht verborgen und er blickte zuerst irritiert über seine Schulter, ehe er mich misstrauisch begrüßte.

      " Hi Lyk, was ist den so komisch, dass du mit einem Dauergrinsen dastehst? "

      Schmunzelnd deutete ich auf seinen nahezu freien Oberkörper.

      " Man könnte fast denken, du versuchst mich mit deinen Muskeln zu beeindrucken. "

      Ein ertappter Ausdruck huschte über sein Gesicht, ehe er fröhlich auflachte.

      " Ok, ich gebs ja zu Lyk. Du hast mich auf frischer Tat ertappt. Aber du bist so ein leckeres Schnittchen, da darf man nichts unversucht lassen um vielleicht doch noch dein Interesse zu wecken. Könnte ja sein, du versuchst es dann doch mal mit einem Mann! "

      Wie immer schaffte er es mit seiner direkten Art meine Stimmung aufzuhellen. Lachen machte ich einen Schritt zur Seite, um ihn an die Eingangstüre zu lassen. Dabei meinte ich in neckischem Tonfall.

      " Och Tower, Männer hab ich schon einige probiert, bin aber immer wieder gerne auf die Frauen zurück gekommen. "

      Er verharrte in der offenen Tür und blickte mich erstaunt an.

      " Du hast es echt schon mit Männern gemacht? "

      Lachend schob ich ihn weiter.

      " Glaubst du ich hab gleich gewusst, dass ich auf Frauen stehe? Natürlich hab ich es zuerst mit Männern versucht, doch es war immer eine Katastrophe. "

      Er wollte natürlich gleich wissen, warum und weshalb es mit den Männern nie geklappt hatte, doch ich blockte ab. Erstens war das zu privat und zweitens war es lustig ihn fast vor Neugierde platzen zu sehen. So vergingen die ersten Stunden recht spaßig. Wir hatten kaum Kundschaft und Tower nutzte den Umstand, um mit mir Reparaturarbeiten in den Bahnen zu erledigen.

      Die meiste Zeit stand ich nur neben ihm und durfte Dinge anreichen. Dadurch hatte ich ausreichend Gelegenheit seinen muskulösen Körper zu betrachten. Ich musste zugeben, dass er schon ein beeindruckender Anblick war. Alles an ihm war groß und mächtig. Gleichzeitig strahlte er dabei aber auch eine Ruhe und Sicherheit aus, die mir ein Gefühl der Geborgenheit gab.

      Wenn er da war, konnte mir kein Mitglied der Blutsäufer etwas anhaben und auch andere Männer würden sich hüten mich blöd anzumachen. Wie es mit ihm wohl wäre? Bisher hatte ich noch nie einen Mann wie ihn gehabt. Dies bezog ich nicht auf seine Hautfarbe, obwohl ich noch nie etwas mit einem dunkelhäutigen Mann oder einer Frau gehabt hatte.

      Es war eher seine Ausstrahlung. Da war nichts zaghaftes oder kultiviertes an ihm. Er strahlte etwas dominantes, wildes aus. Genau das jedoch sprach mich an. Ich wollte ja dominiert werden. Nicht im Alltag, aber beim Sex törnte mich so etwas an. Zwar hatten sich meine Fantasien dabei immer um eine Frau gedreht, doch Tower war da ein Kaliber für sich. Wie würde er sein beim Sex? Hart? Bestimmend? Ob ich ihn überhaupt in mich aufnehmen konnte bei seinen Ausmaßen?

      " Lyk, stimmt was nicht? "

      Towers Frage riss mich aus meinen Gedanken und ich schreckte auf. Er grinste und deutete auf die Werkzeugkiste.

      " Gibst du mir nun bitte die Rohrzange, ich hab schon dreimal danach gefragt. "

      Mit leicht geröteten Wangen beugte ich mich hinunter zur Werkzeugkiste. Wenn Tower wüsste, über was ich da eben nachgedacht hatte, würde sein Ego ganz schön anschwellen.

      Ich rief mich zur Ordnung und konzentrierte mich auf seine Anweisung. Unsicher blickte ich auf mehrere Zangen. Welche sollte da bitte eine Rohrzange sein? Wie ein Rohr sah keine aus, also entschied ich mich für eine die Vorne relativ Rund war. Tower blickte mich amüsiert an, als ich sie ihm entgegenhielt.

      " Äh Lyk, dass müssen wir noch üben. Das ist eine Spitzzange, ich will die Rote mit dem gekrümmten Vorderteil. "

      Leicht beschämt wechselte ich die Zangen. Tower musste mich jetzt wohl für total unbegabt in so was halten. Dabei hatte ich schon mal eins dieser Ikeaschränkchen alleine aufgebaut. Was mich zwar drei Tage und zig Anläufe gekostet hatte, aber am Schluss hatte ich es zusammen. So schlecht war ich also gar nicht. Tower machte sich einen Spaß daraus, mir nun Namen der Werkzeuge zuzuwerfen und mich damit aufzuziehen, dass jeder zweite Griff falsch war.

      Um ihn etwas abzulenken, begann ich ihn auszufragen.

      " Sag mal Tower, bist du die ganze Zeit nur hier in der Schießanlage? "

      Er schüttelte den Kopf.

      " Ne, ich bin nur vier Tage pro Woche hier, die Restlichen übernimmt Hermann. Ab Morgen hat er wieder Dienst. "

      Neugierig bohrte ich weiter.

      " Und was machst du in deiner Freizeit? Bist du da auch am jagen, wie die anderen hier? "

      Er unterbrach seine Arbeit und blickte mich amüsiert