Josef Mugler

Die Adria entlang von Görz bis Bar


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man vor allem der Innenausstattung mit gut erhaltenen Resten aus dem 6. Jahrhundert. Mosaike aus dieser Zeit sind ebenfalls gut erhalten. Unter dem heutigen Fußboden liegen noch ältere Mosaiken aus dem 4. Jahrhundert. Bauteile von römischen Tempeln und Häusern der Umgebung sind ebenfalls eingearbeitet.

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      Ausschnitt aus dem Altarmosaik der Sankt Euphrasius-Basilika von Poreč (2009)

      Die Geschichte der Stadt verlief nicht viel anders als die ihrer Nachbarstädte: Kriege wechselten mit Seuchen. Die Altstadt erlitt schließlich bei einem Bombenangriff durch die Alliierten 1944 schwere Schäden und ist daher nicht ganz original erhalten.

      Zwischen 1902 und 1935 konnte man Poreč/Parenzo auch mit einer Schmalspurbahn von Triest aus erreichen. Diese Parenzana führte von Koper/Capodistria bis Santa Lucia, das als Bahnstation für Portorož/Portorose diente, überwiegend so nahe am Meeresufer entlang, dass bei starkem Schirokko die Gischt über die Waggons hinweg fegte. Eine Bora mit 160 km/h warf 1910 sogar die Wagen eines Zuges um – mit mehreren Todesopfern als Folge. Die Trasse zweigte nach Portorož ins Landesinnere ab und erreichte nach vielen Windungen, Brücken und Tunnels bis Poreč die ansehnliche Länge von knapp über 120 Kilometern. Natürlich war sie dadurch nur für den Lokalverkehr brauchbar – von Triest bis Poreč war das Dampfboot schneller.

      Nach Stilllegung der Parenzana wurden die Gleise entfernt, aber nicht zerstört. In Abessinien, dem heutigen Äthiopien, das Italien ab 1935 zu erobern versuchte, hätte man eine neue Verwendung dafür gefunden. Doch die Briten, die sich an der Befreiung Abessiniens beteiligten, versenkten das Frachtschiff mit den Gleisen der Parenzana, die seither irgendwo auf dem Meeresboden ruhen. Die Trasse der Parenzana gibt es aber immer noch. Sie wurde zu einer beliebten Radroute ausgebaut.

      Das nächste Städtchen nach (= südlich von) Poreč ist Vrsar. Hier lässt es sich bei frischem Fisch, exquisitem Refosco und schönen Frauen gut leben. Das war jedenfalls die Meinung von Giacomo Casanova im 18. Jahrhundert. Heute ist Vrsar ein malerisches Städtchen mit engen Gassen und natürlich gibt es hier auch eine sehenswerte Kirche und so weiter…

      Zwischen Vrsar und Rovinj passieren wir den Limski-Kanal (Canal di Leme), eine etwa 10 km in das Landesinnere reichende Bucht, die fälschlicherweise auch Fjord genannt wird. Hier sammelten sich einst Kreuzfahrer zum Aufbruch ins Heilige Land. Als ausgezeichneter Platz für die Austern- und Muschelzucht ist die Bucht schon Jahrhunderte lang bekannt. Früher reichte die Bucht noch viel weiter ins Land hinein, bis nach Dvigrad, einer heute verlassenen Geisterstadt aus sehenswerten Ruinen.

      Rovinj, italienisch Rovigno, ist ein Touristenmagnet, vor allem wegen der malerischen Altstadt. Ursprünglich lag diese Altstadt auf einer Insel (Monterosso), die 1763 mit dem Festland verbunden wurde. Angeblich entstand die Stadt genau an der Stelle, an welcher der Steinsarg der Heiligen Euphemia aus Byzanz angeschwemmt wurde. Die Habsburger bemühten sich um die Stadt, die im 19. Jahrhundert die größte Istriens war. Sie bekam einen Eisenbahnanschluss und war daher wie Pula direkt mit Wien verbunden. Ein Theater, ein meeresbiologisches Institut, eine Tabak- und eine Zementfabrik und die älteste Fischverarbeitungsfabrik der ganzen adriatischen Ostküste wurden gegründet. 1888 wurde das Seehospiz San Pelagio gegründet, das 1906 von der Stadt Wien erworben und von Bürgermeister Karl Lueger persönlich eröffnet wurde.

      Rovinj vorgelagert sind einige kleinere Inseln, die vor 1000 Jahren noch mit dem Festland verbunden waren. Auf der „Roten Insel“ (Crveni Otok), auf welcher schon die Römer Villen errichtet hatten, entstand im 6. Jahrhundert ein Kloster, in dem zur Türkenzeit der heiliggesprochene Johannes Kapistran wirkte, und 1890 ließ hier Baron Hütterrodt ein Schlösschen errichten und einen gediegenen Park sowie einen weiteren (Zeleni Rt) auf dem nahen Festland anlegen. Erzherzog Karl Stephan, der sich auch auf der Insel Lussin niedergelassen hatte, war Besitzer der Katharineninsel, verkaufte diese aber 1906 vermutlich im Vorfeld seiner Übersiedlung nach Saybusch in Polen an den Grafen Milewski, der hier ebenfalls ein Schlösschen und einen Park errichten ließ.

      Für Rovigno sind Besuche der drei Kaiser Franz, Ferdinand und Franz Joseph dokumentiert. Wahrscheinlich war auch Karl, der vierte der österreichischen Kaiser hier, 1917 oder 1918, als seine Truppen das Küstenland gegen die Italiener verteidigten. Die hier ansässigen Italiener wurden in Scharen (vor allem in die Steiermark) abgesiedelt, damit sie die Verteidigung nicht sabotieren konnten. Manchen der später Zurückgekehrten blühte nach 1945 das Schicksal der Vertreibung noch einmal.

      An der Spitze des Hügels, wo heute die Kathedrale der Heiligen Euphemia steht, standen früher, als die Stadt Revignum hieß, römische Tempel. Der Campanile, eine Kopie von San Marco in Venedig, ist 60 m (nach anderen Angaben: 65 m) hoch und die Aussicht fantastisch.

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      Rovinj (1968)

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      Rovinj (2005)

      Von Rovinj führt keine Straße an der Küste entlang, sondern man muss landeinwärts über Bale und Vodnjan, das sich mit Rovinj darum streitet, den höchsten Campanile Istriens zu haben, und hunderte Reliquien von Heiligen vorzuweisen hat, nach Pula weiterfahren. Draußen, jenseits des Kanals von Fažana, tauchen nun die Brionischen Inseln auf.

      Brijuni

      Brijuni ist der kroatische Name von Brioni, unter welchem der Archipel aus 14 Inseln und vielen kleinen Klippen immer noch besser bekannt ist. Die größte Insel ist fünf Kilometer lang und bis zu drei Kilometer breit, hieß Brioni Grande oder Maggiore und heißt heute Veliki Brijuni. Die höchste Erhebung von Brioni Grande, der Monte Guardia, ist knapp unter oder über 50 m hoch, je nachdem ob man die Gebäudehöhe der (ehemaligen) Festung Tegetthoff einbezieht oder nicht.

      Seit 1983 ist der Archipel Nationalpark. Das ist Segen und Fluch zugleich: Auf Brioni Grande wandert der Gast unter „paradiesisch“ zutraulichen Wildtieren durch eine gepflegte Parklandschaft. Vorsicht ist allenfalls vor herumfliegenden Golfbällen geboten. Für Investoren, auf welche die abgewohnten Hotelbauten warten, bedeutet der Nationalparkstatus empfindliche Beschränkungen. Viele wollten hier schon investieren: zum Beispiel der einst aus Istrien vor den Kommunisten geflüchtete Umberto Angeloni, der mit seiner Männermodemarke „Brioni“ ein Vermögen machte. Auch Prinz Ernst August von Hannover wollte den ganzen Archipel für sich und seine Caroline von Monaco allein haben.

      Irgendwann, jedes Jahr ist vom nächsten Jahr die Rede, wird es so weit sein: Eine Luxushotellandschaft wird kommen, muss kommen, heißt es. Brioni war einmal eine Tourismusdestination von höchster Qualität, seit es aus dem Pest- und Malariaschlaf früherer Jahrhunderte erweckt worden war. Der Prinz, der es wachgeküsst hat, hieß Paul Kupelwieser. Er war das vorletzte von zehn Kindern des berühmten Malers Leopold Kupelwieser. Und der wiederum stammte aus einer Kleinindustriellenfamilie, die im niederösterreichischen Piesting zu Hause war, rund 50 km südlich von Wien am gleichnamigen Flüsschen, das für den Antrieb der Hämmer benutzt wurde.

      Paul Kupelwieser wurde 1843 geboren, studierte Berg- und Hütteningenieurwesen und wurde Generaldirektor der Witkowitzer Eisenwerke (nahe Mährisch Ostrau), einer Waffenschmiede der alten Monarchie. Er lieferte unter anderem Panzerplatten und Kanonen für die Marine im wichtigsten Kriegshafen der Monarchie, Pola, und lernte wohl bei einem seiner Besuche Brioni kennen. Er stieg aus seiner Managerposition aus und kaufte 1893 zwölf der Brionischen Inseln, um – wie er sagte – seinen Kindern etwas Bodenständiges und Bleibendes zu hinterlassen.

      Diese Entscheidung erregte überall Kopfschütteln. Brioni war eine malariaverseuchte Wildnis. Aber Kupelwieser schaffte das Unglaubliche: Er rodete und kultivierte mit Hilfe fähiger und fleißiger Helfer, darunter auch Kompanien von Strafgefangenen, die er sich auslieh, die Hauptinsel Brioni Grande und gewann den späteren Nobelpreisträger Robert Koch für die Bekämpfung der Malaria, was tatsächlich relativ rasch gelang. Ab 1901 war Brioni praktisch malariafrei. Dadurch konnte Kupelwieser Brioni als Seebad entwickeln und in ganz