Elke Maria Pape

Der Fall Bahran


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      Sie schwieg ein paar Sekunden.

      „Jetzt schon!”

      „Mist!”

      „Durch einen dummen Zufall ist es raus gekommen.”

      „Das tut mir leid.”

      „Nur kein falsches Mitleid. Auf Mitleid kann ich wohl kaum hoffen bei dieser Geschichte.”

      „Nein, es meine es ehrlich, Karla. Aber ein anderes Thema. Wie läufst beruflich bei euch da draußen?”

      „Da draußen! Das klingt, als säßen wir auf einem der letzten bewohnten Außenposten.”, lachte sie. Sie schien doch noch ganz die Alte zu sein. „Nein, ehrlich gesagt, ist hier im Moment nichts los. Ich hatte schon daran gedacht, mir Urlaub zu nehmen, bis die Nachricht kam.”

      „Welche Nachricht?” Zacharias war enttäuscht. Dann wurde sie also schon wo anders eingesetzt. Zu schade.

      Karla schien etwas verwirrt zu sein. „Deshalb rufst du doch an, oder nicht?”

      „Na, ja, ich hatte vor, dich zu fragen, ob du es dir vorstellen kannst, uns eine Zeitlang, wahrscheinlich nur ein paar Wochen, auszuhelfen. Grünes Licht von oben habe ich schon. Aber du hast wahrscheinlich andere Aufgaben, das sehe ich ein.”

      „Oh Mann, Zacharias. Die Hitze scheint dir aber wirklich zu Kopf zu steigen.”

      „Warum? Ist denn der Vorschlag so schlimm?”

      „Heute Mittag habe ich einen Anruf von eurem obersten Chef erhalten.”

      „Ich verstehe nicht!”

      „Er hat alles schon geklärt, Zacharias. Ab Montag bin ich ganz die Eure.”, antwortete sie kess.

      „Nein, wirklich?”

      „Ja!”

      „Er hat mir nichts davon gesagt, dass er längst mit dir telefoniert hat, das schwöre ich. Mensch, Karla, ich bin begeistert. Wir sind hier nur zur zweit und brauchen dringend Hilfe. Alle anderen hat ein tückischer Sommergrippevirus erwischt.”

      „Hab ich schon gehört. Ist denn dein noch verbleibender Kollege damit einverstanden, dass ich zu euch komme?”

      Auf der anderen Seite des Büros hockte Steffen Döber über einem Berg von Akten und sah mit grimmiger Miene kurz auf.

      „Mein Kollege, der ist ganz begeistert.”, antwortete Zacharias und grinste breit, während Steffen eine abwehrende Handbewegung machte und genervt den Kopf schüttelte. „Der freut sich schon auf dich! Hat dir unser Chef schon von dem Fall erzählt?”

      „Ja, ansatzweise. Mord an einer Wunderheilerin. Die Tote war wohl sehr bekannt bei euch?”

      „Scheint so. Ich selber hatte noch nie von ihr gehört, obwohl mir der Name auch bekannt vorkam. Aber es stimmt, hier in der Stadt muss sie eine bekannte Persönlichkeit gewesen sein.”

      Karla stöhnte. „Kann mir schon denken, was das heißt. Jede Menge Verdächtige, Zeugen, die etwas zu wissen glauben, eine endlose Kundenkartei und so weiter.”

      Zacharias nickte. „Davon kannst du ausgehen. Du siehst also, wir brauchen dringend deine Hilfe.”

      „Kannst du mich Montag vom Zug abholen?”

      „Ja, sicher. Willst du bei uns wohnen? Wir haben Platz genug.”

      „Nein, ich habe entfernte Verwandte in der Stadt. Dort werde ich auf die Schnelle unterkommen. Außerdem will ich ja nicht das verlobte Glück stören.”

      „Wir haben geheiratet.”

      „Oh, gratuliere!”

      „Schon letztes Jahr!”

      „Das freut mich für euch, ehrlich. Wir wollten uns ja auch immer mal treffen, weißt du noch? Und wie das so ist, Ruck Zuck hat man sich aus den Augen verloren. Aber jetzt führt uns wenigstens der Beruf wieder an einen gemeinsamen Ort. Pass auf, mein Zug kommt Neun Uhr dreißig, wenn er pünktlich ist. Auf Gleis sieben.”

      „O.K. dann warte ich in der Eingangshalle auf dich.”

      „Nein, die finde ich doch gar nicht. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Stadt stehe ich auf Kriegsfuß. Mit riesigen Bahnhöfen sowieso.”

      Zacharias gab sich große Mühe, nicht zu lachen. „Na, gut, wenn du möchtest, hole ich dich am Gleis ab. Gleis sieben, sagtest du?”

      „Ja, aber wir müssen einen bestimmten Abschnitt ausmachen, sonst find ich dich doch dort nicht. Wie wär’s zum Bespiel mit Abschnitt C?”

      „Gleis sieben, Abschnitt C, Montag neun Uhr dreißig, geht klar!”

      „Danke. Vielleicht tut es mir ganz gut, mal für eine Weile hier weg zu kommen. Dann bis Montag.”

      „Ja, Karla bis Montag.”

      Steffen Döber wischte sich den Schweiß von der Stirn. Trotz seiner kurzen Hose hatte er das Gefühl am Schreibtischstuhl zu kleben. „Oh, Mann, die Frau findet sich noch nicht mal am Bahnhof zurecht. Was soll das nur geben? Und was war das mit den zwei Männern?”, hakte er neugierig nach.

      Zacharias lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über seinem Kopf. „Warts nur ab!”, sagte er mit voller Überzeugung.

      Kapitel 5

      Donnerstag, der 04. August

      „Vielleicht solltest du ein klein bisschen abnehmen, nur eine kleines bisschen.” Seine Frau lächelte ihm spöttisch über den Küchentisch zu. Ihr Gesicht wirkte locker und entspannt, fast wie bei einem jungen Mädchen dachte er. Hans Schieferstein schluckte seinen aufkommenden Ärger herunter und lächelte zurück. „Ja, du hast recht.”, sagte er. „Bei dieser Hitze ist es wirklich angenehmer wenn man keine überflüssigen Kilos mit sich rumschleppt.” Den ganzen Morgen hatte er überlegt, wie er ihr es sagen sollte. Sogar frische Brötchen hatte er in der Früh geholt, um alles schön her zu richten und um sie noch etwas hinaus zu zögern. Die Nachricht, die sie wahrscheinlich, mit größter Sicherheit sogar, umhauen würde.

      Er hatte Angst, dass sie vor Sorge durchdrehen würde, nur deswegen hatte er ihr noch nichts gesagt. Aber lange konnte man es nicht mehr vor ihr geheim halten, alle Lokalsender berichteten bereits darüber.

      „Entschuldige.” Jetzt bildeten sich kleine Sorgenfältchen auf ihrer Stirn. „Ich wollte dich nicht beleidigen, wirklich nicht.” Sie griff über den Tisch und berührte seine Hand.

      „Schon gut, das hast du nicht.” Sein Gewicht hatte ihr nie etwas ausgemacht, wieso jetzt? Er erwischte sich erneut bei diesem Gedanken und er merkte, dass es ihn störte. Er war schließlich nie schlank gewesen.

      „Ich muss dir etwas sagen, Marianne!”

      „Später! Lass uns zuerst die Tatsache ausnutzen, dass es noch nicht ganz so heiß ist. Wir können noch eine Weile im Garten arbeiten.” Jetzt klang sie wieder fröhlich, fast euphorisch.

      Er schüttelte den Kopf. „Nein, glaub mir. Ich war eben draußen. Es ist bereits unglaublich schwül und es weht nicht der Hauch von einem Windchen.”

      Sie lachte. „Ach, das macht doch nichts!”

      „Ich muss dir etwas sagen!”, wiederholte er.

      „Was ist denn los mit dir heute Morgen?” Sie sah ihn fragend an und schob sich ein großes Stück Brötchen in den Mund. Die Erdbeermarmelade, die sie zu dick aufgetragen hatte, tropfte auf ihr Frühstücksbrettchen. „Du bist schon die ganze Zeit so komisch.”, sagte sie mit halbvollem Mund.

      Er wartete, bis sie den Bissen heruntergeschluckt hatte. Dann räusperte er sich. „Es geht um Frau Bahran, Marianne!” Seine Stimme war so leise, dass sie Mühe hatte, ihn zu verstehen.

      „Was sagst du? Frau Bahran? Du irrst, ich habe diese