er die Tür zum Treppenhaus auf, rannte die sieben Stockwerke hinunter, durch einen Nebenausgang auf den Hof. Hastig lief er zu einem Flachdachgebäude hinüber.
Über dem Eingang hing ein Banner „Wie oft tust du es?“.Darunter „Blut rettet Leben“.
Wie wahr, dachte Aidan und betrat die Blutbank des St. Andrews Krankenhauses.
„Hi Aidan. Was kann ich für dich tun? Ist es mal wieder so weit?“
Rebecca grinste frech. Die Frau hatte wie immer knallroten Lippenstift aufgelegt und mit ihren langen schwarzen Haaren sah sie wie Schneewittchen aus. Den passenden Zwerg hatte sie bereits geheiratet.
Der Kardiologe hatte keine Lust auf Spielchen und funkelte die Krankenhausangestellte wütend an. „Du weißt ganz genau weshalb ich hier bin“.
„Mmhhh. Ich glaube, wir haben kein AB mehr“, säuselte sie.
Seine Geduld war am Ende, er packte Rebecca hart am Handgelenk und zischte: „Laß ´den Unsinn.“
Ihr höhnisches Grinsen verschwand augenblicklich aus ihrem Gesicht. Als Aidan sie wieder los ließ, rieb sie sich das schmerzende Handgelenk und holte die gewünschten Blutkonserven.
„Hier“. Rebecca überreichte ihm mehrere Plastikbeutel.
„Denk´ an unsere Abmachung“, drohte er „Du willst doch sicher nicht, dass dein Mann von der Nummer mit Dr. Briggs erfährt, nicht wahr?“
Schlagartig erstarrte Rebecca und ihr Kopf deutete ein Nicken an.
Damals hatte Aidan Blutkonserven aus einem der OP-Säle gestohlen und war auf der Suche nach einem ruhigen Raum. Auf einer benachbarten Station war er hinter einem Getränkeautomaten auf eine schmale Tür ohne Beschriftung gestoßen. Diese hatte er geöffnet und zwei Personen, die sich gerade ihrer Wollust hingaben, überrascht. Obgleich er die Tür sofort wieder schlossen, hatte er Dr. Briggs von Station 3.07 und die schwarzhaarige Angestellte von der Blutbank erkannt.
Nachdem er in einer Putzkammer sein Bedürfnis gestillt hatte, kam ihm eine Idee.
Arbeitete nicht auch der Ehemann der Krankenhausangestellten in der Blutbank?
„Rebecca Darling, ist das Fax...“, rief eine Männerstimme aus dem Nebenraum und im nächsten Augenblick erschien ein kleinwüchsiger Mann mit deutlich hervorstehendem Bauch und Glatze. Er brach mitten im Satz ab, erkannte den Kardiologen und brummte: „Ach, sie schon wieder. Wie viel Blutkonserven braucht die Kardiologie denn? Wenn die täglichen Konserven nicht reichen, müssen sie das schriftlich mitteilen. Wir müssen uns hier an die Vorschriften halten. Ansonsten kann ja jeder herkommen und sich Konserven abholen wie es ihm beliebt.“
An Rebecca gewandt: „Darling, hast du das Fax an MediCare schon raus geschickt?“
Der Mann ignorierte den Arzt. Aidan hatte das was er wollte und verließ die Blutbank.
Es war nicht weiter auffällig, dass ein Arzt mit einigen Plastikbeuteln Blut über das Klinikgelände ging. Aidan kehrte jedoch nicht auf seine Station zurück, sondern eilte die kleine eiserne Treppe an der Westseite des Klinikgebäude hinunter. Die Kellertür war nie verschlossen. Er befand sich in einem Raum, in dem nur wenig Licht durch die schmalen Kellerfenster eindrang. Ein guter Ort, um ungestört zu sein. Bis jetzt war ihm hier unten auch noch nie jemand begegnet.
Der Arzt setzte sich auf den kalten Steinboden und riss mit zitternden Händen die erste Blutkonserve auf. Gierig saugte er daran und merkte wie die Flüssigkeit seine Kehle hinunter lief. Nach dem dritten Beutel hörte das Zittern endlich auf. Nichtsdestotrotz öffnete er einen Beutel nach dem anderen. Das Verlangen nach dem Inhalt war zu stark, um es in koordinierten Bewegungen zu kontrollieren. Zeit und Raum existierten nicht mehr. Die leer gesaugten Behälter warf er einfach neben sich, griff zum nächsten, um ihn noch schneller als den vorherigen zu leeren. Das Blut wärmte seinen Körper und je mehr Blut er schluckte, um so mehr Befriedigung verspürte er.
Als er alle Blutkonserven ausgetrunken hatte, lehnte er sich erschöpft an die Wand und genoss gleichzeitig das wohlige Gefühl, das sich nun wieder in seinem Körper ausgebreitet hatte.
Später, im Personalbereich, duschte er. Als er sich vor den Spiegel stellte, war dieser vom heißen Wasser ganz beschlagen. Mit der Hand wischte er ihn frei. Ein Mann Anfang 30, mit dunklem Haar und dunklen Augen lächelte ihn zufrieden an. Seine Haut hatte wieder eine rosige Farbe angenommen und die innerliche Unruhe war zu einer unendlichen Gelassenheit geworden. Auf dem Nachhauseweg fragte er sich allerdings, wie lange die Dosis dieses Mal halten würde. Die Blutbank war eine Alternative. Doch Rebecca zierte sich in letzter Zeit und er musste sich bald mehr um die andere Quelle kümmern oder bei ihr andere Seiten aufziehen.
Er verscheuchte die grüblerischen Gedanken. Ihm würde schon noch was einfallen. Heute jedoch wollte er den Tag genießen. Ob seine Mitbewohnerin wohl zuhause war?
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