Katharina Gato

Bittere Erdbeeren


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dass sie lüge? Wie oft hatte sie zu Unrecht Prügel bezogen? Kathi blieb eine Situation in Erinnerung, die sie nicht mehr losließ.

      Es war bestimmt schon ein Jahr her, die Mutter hielt Mittagsschlaf. Auf einem kleinen Tischchen in der Essdiele lagen Mutters gesammelte Fünfzigpfennigstücke für die Waschmaschine im Keller. Sie wusste nicht, wie viele es waren, aber nie, niemals hätte Kathi trotz Hunger und Sehnsucht nach etwas Süßem ein Stück entwendet. Niemals!

      Nachdem die Mutter wach war und sie die Münzen durchgeschaut hatte, schrie sie: „Kinder! Beide! Kommt sofort hierher!“

      Kathi und Britta standen vor dem Tischchen und Kathi lief es heiß-kalt vor Angst durch den Körper. Britta stand ganz still da, man hörte nicht einen einzigen Atemzug von ihr.

      Als wenn sie nicht da sei, so wie meist. Mama schaute beide durchdringend an: „Sagt die Wahrheit, wer von Euch hat ein Fünfzigpfennigstück gestohlen?“

      „Ich nicht“, schoss es sofort aus Kathis Mund.

      „Ich auch nicht“, antwortete Britta still.

      Die Mutter packte Kathi am Oberarm und drückte fest zu. „Sag die Wahrheit, Kathi und gib das Geld zurück, dann passiert dir nichts weiter!“

      „Ich war es doch aber nicht, Mama!“, weinte Kathi verzweifelt.

      „Du lügst, sag die Wahrheit!“ Und die Mutter drückte weiter zu, die Fingernägel bohrten sich in ihren kleinen Oberarm. „Bis das Blut spritzt!“, schrie die Mutter erregt.

      „Mama, bitte nicht, weinte nun Britta.“

      Kathi biss die Zähne zusammen, sie wollte ehrlich bleiben, sie wollte es aushalten.

      So oft hatte sie auch vor Brittas Augen geübt, Schmerz auszuhalten. Der Vater sagte hin und wieder zu ihr: „Indianerherz kennt kein Schmerz.“

      So übte sie mit dem Kopf immer wieder gegen die Wand zu schlagen, dass sie keine Kopfschmerzen bekam, für den Fall, dass die Mutter ihr auf den Hinterkopf schlug oder Backpfeifen gab. Sie haute Arme und Beine gegen die Wände, um keine Schmerzen mehr zu empfinden. Manchmal brach sie sich den ein oder anderen Knochen, Finger oder Fuß und wusste nicht, ob es von den Übungen oder durch die Misshandlungen der Mutter ausgelöst wurde. Die Schmerzen kamen oft später oder gar nicht.

      Brittas erschrockenes und die Ausrufe beim Üben spornten sie noch an und Kathi war stolz darauf, so viel ertragen zu können.

      Doch jetzt, dieser schreckliche Schmerz im Oberarm, das Blut lief langsam zum Ellenbogen, weiter über den Unterarm herab und tropfte vom Handgelenk auf den Boden, da ertrug sie es nicht länger. Keine Übung darin, diesen Schmerz auszuhalten. Kathi schluchzte: „Ja, Mama, ich war es, ich habe das Geld genommen.“ Sofort lockerte sich der Griff und Kathi atmete tief durch.

      Dieses Erlebnis hatte sie nie vergessen. Sie wurde gezwungen zu lügen! Kathi gestand etwas, was sie nie getan hatte. Und Britta steckte ihr später das Geldstück zu, damit sie es zurückgeben konnte.

      Das ging Kathi durch Kopf und Herz. Die Mutter war sich doch sowieso sicher, dass sie stiehlt, dachte sie trotzig. Also warum sollte sie es dann nicht auch tun? So, hatte sie einen neuen Zeitvertreib, wenn sie aus dem Klassenzimmer flog: „Jacken kontrollieren“.

      Kathi war die absolute Außenseiterin, aber mit bestimmten Aktionen machte sie auf sich aufmerksam. Sie schoss in der Pausenhalle häufig mit dem Turnbeutel die Deckenlampen kaputt. Die Haftpflichtversicherung ihrer Eltern schrieben regelmäßig Mahnungen.

      Am Ende des zweiten Schuljahres standen zwei Sätze im Zeugnis, die ihr Schulleben bestimmten: Kathi ist eine Träumerin. Kathi prügelt sich häufig auf dem Schulgelände, anbei die Unfallprotokolle.

      Kathi brauchte Steigerungen. Dieses Gefühl der Angst und dass doch alles gut geht. Sie kletterte aufs Schuldach. Sie klaute die Handtasche vom Pult der Lehrerin und schmiss sie ins Gebüsch – ohne etwas zu stehlen, denn sie mochte sie. Sprang aus dem Klassenfenster und brach sich den Fuß.

      Das Verarzten, Röntgen, Verbinden ihrer körperlichen Wunden tat so gut. Obwohl sie wusste, dass das nicht richtig war, gestand sie sich dieses Gefühl nicht wirklich ein. Sonst hätte sie es viel mehr genießen können, dieses warme Gefühl, versorgt zu werden.

      Aber um ihr Glück, ihre kleine verschüttete von Angst und Verletzung geschundene Seele, die voller Liebe war, kümmerte sich niemand. Und sie wusste nichts davon. Sie lebte einfach irgendwie und dachte, so muss das eben sein. Sie liebte die Mama und den Papa, die Schwester und die Lehrerin, Frau Voigt und Frau Schlichting, Frau Star und die Tauben unterm Sims, die gurrten, um sie damit beruhigten. Sie wollte sie alle beschützen und sie sollten glücklich sein. Dafür tat Kathi alles, was ihr möglich war. Die fünfzig Pfennig aus der Jackentasche, davon kaufte Kathi der Mama eine 5er Packung Milde Sorte, die rauchte sie so gern.

      Und wenn sie abends mit diesen heiß-kalt-Gefühlen im Bett lag und ihr Nachtgebet sprach: „Lieber Gott, danke, dass ich lebe. Lass es Papa, Mama, Oma, Opa, Britta und auch den Tauben immer gut gehen“, die Tür leise aufging und vom Papa ein: „Schläfst du schon, Kathi?“, kam, dann musste sie ganz kurz überlegen, ob sie antworten sollte. Denn eine Antwort bedeutete, warme Arme und ihren Papa ganz für sich. Geborgenheit und Liebe spüren. Wenn dann die Dinge passierten, die sie nicht wollte, wusste sie schon, das hatte sie in ihrem jungen Leben schnell begriffen: „Das wollte Papa, das wollten die Männer, das ist das Wichtigste für sie.“ Und wenn das so war, dann musste und wollte sie ihm das geben, denn sie liebte ihn doch!

      „Nein ich schlaf noch nicht“. Ganz steif lag sie da, kniff die Augen zu und dachte wieder einmal, wie sie einen Jungen aus dem eingebrochenen See im Winter vor dem Haus rettete, oder durch ein Feuer in ein brennendes Gebäude lief, um ganze Familien zu retten.

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