Ute Dombrowski

Neues Vertrauen


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sollte, konnte er nicht anders, als die beiden Frauen miteinander zu vergleichen.

      Bianca hatte immer etwas gehabt, was er bei keinem anderen Menschen je gespürt hatte. Ob das mit Robin gutgehen würde? Der Kollege hatte den Täter erschossen und das machte ihm heute noch zu schaffen. Einerseits wusste er, dass es richtig gewesen war, aber dann kamen die Zweifel, denn es war für ihn das erste Mal gewesen, dass er jemanden getötet hatte. Zusätzlich machte er sich Vorwürfe, dass er den Tod von Bianca nicht verhindern konnte.

      „Kommen Sie, ich stelle Ihnen den Mann vor, mit dem Sie in Zukunft zusammenarbeiten müssen … dürfen.“

      Er ging voraus und öffnete eine Tür im Erdgeschoss. Sie traten ein und am Schreibtisch hob ein junger Mann den Kopf, der ihr bekannt vorkam.

      „Ah! Die wütende Frau.“

      Ferdinand runzelte die Stirn. Was wusste denn Robin von der Sache? Das war doch alles geheim geblieben.

      Robin kam zu ihnen und begrüßte Susanne mit einem Handschlag.

      „Ich bin Robin Hinschler. Ursprünglich aus Brandenburg. Da habe ich ja das richtige Handy vor dem Ertrinken im Rhein gerettet.“

      „Danke nochmal. Ja, ich war ein bisschen sauer. Ich bin Susanne Wescham aus Potsdam. Schön, einen Landsmann zu sehen.“

      „Könnt ihr mich aufklären?“

      „Sie wollte ihr Handy in den Rhein werfen und ich habe es gerettet.“

      „Warum das denn?“

      Die beiden Männer sahen Susanne an.

      „Ich hatte ein sehr unerfreuliches Gespräch mit meinem Freund beziehungsweise Ex-Freund. Er ist der Meinung, dass er mich nicht hierher begleiten müsste und als ich ihn auf dem Handy angerufen habe, war eine Frau dran. Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich das Thema jetzt beenden.“

      „Gut“, sagte Ferdinand, „dann lasse ich Sie mal bei Robin. Machen Sie sich bekannt. Wir sehen uns morgen früh um acht zur Einarbeitung, und ich hoffe, Sie haben schon Zeit. Der richtige Vertrag läuft dann zum fünften Januar.“

      Ferdinand ging raus und atmete durch. Würde es Schwierigkeiten geben oder konnten die beiden gut miteinander?

      Im Büro bot Robin Susanne einen Kaffee an. Sie nickte und zog den zweiten Schreibtischstuhl unter dem Tisch hervor. Als sie Robins Blick sah, zögerte sie.

      „Ist das IHR Platz gewesen?“

      „Ja, aber kein Problem. Wir sagen hier übrigens du, wenn …“

      „Susanne.“

      „Gut, ich bin Robin. Kommst du direkt aus Potsdam?“

      „Ja, ich habe in Potsdam-West gewohnt.“

      „Darf ich fragen, was dich hierher verschlägt?“

      Anscheinend hatte Ferdinand Wort gehalten und niemandem etwas erzählt.

      „Ich brauchte einen Neustart.“

      „Kenne ich“, sagte Robin und stellte eine Tasse Kaffee vor Susanne ab. „Ich bin damals vor meiner Ex geflohen. Sie hat mich nach der Trennung gestalkt. Wie geht es dir?“

      Susanne seufzte und nippte am Kaffee. Schon immer trank sie ihn schwarz, doch jetzt schien auch dabei eine Veränderung gut zu sein.

      „Hast du Milch?“

      „Oh, entschuldige.“

      Robin sprang auf und holte Milch aus dem Kühlschrank.

      „Danke. Mein Ex-Freund ist Künstler und Galerist. Er meinte, er könne sich nicht neu orientieren. Darum hat er eine Fernbeziehung vorgeschlagen, aber irgendwie fühlte es sich an, als wolle er mich nur loswerden. Am Telefon zeigte sich dann, dass ich richtig liege.“

      „Ging echt eine andere Frau ans Handy? Da würde ich auch ausflippen.“

      Sie nickten sich zu, tranken Kaffee und Robin erzählte von seiner Anfangszeit in Eltville. Im Gegenzug erzählte Susanne ihm von ihrer neuen Wohnung und wie sie sie gefunden hatte.

      „Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid. Eric hat mir damals seine Wohnung überlassen, als er zu Bianca gezogen ist. Sie haben mir auch beim Umzug geholfen.“

      „Mal sehen. Wie war sie denn?“

      „Wer?“

      „Diese Bianca.“

      „Sie war“, sagte Robin mit einem traurigen Lächeln, „etwas ganz Besonderes. Sie hatte ein Gespür für ihre Arbeit und war eine tolle Freundin.“

      Susanne schluckte. Sie hatte Angst, den Ansprüchen der Menschen hier nicht gerecht werden zu können.

      7

      Auf ihrem Platz im Büro stand ein Blumenstrauß. Susanne war früh gekommen, um allein zu sein und sich auf den ersten Arbeitstag einzustellen. Sie war sowieso ein Morgenmensch, konnte bei Bedarf aber auch mal eine Nacht durchmachen.

      Der gestrige Abend hatte mit fröhlichem Gelächter geendet. Sie hatte mit ihrer neuen Vermieterin und deren Freundin Lia zusammengesessen und den Einzug geplant. Für die erste Zeit reichten die Möbel, die vorhanden waren, später konnte Susanne immer noch neue kaufen. Viel wichtiger war die Tatsache, dass sich die Kommissarin wohl fühlte in der Gesellschaft der beiden herzensguten Frauen. Sie hatten gemeinsam gekocht und gegessen. Lia war groß, wunderschön, und sie war unvoreingenommen auf sie zu gekommen. Nach dem netten Abend hatte sie sehr gut geschlafen, auch wenn sie noch in die Ferienwohnung zurückgekehrt war.

      „Morgen Abend komme ich mit meinem Zeug und dann bleibe ich. Danke, Karin, danke, dass du dieses Haus hast, dass du mir begegnet bist, dass ich hier wohnen darf. Es fühlt sich gleich nicht mehr so fremd und einsam an.“

      Nach dem Aufstehen und einer Dusche war sie losgefahren, um die Einarbeitungszeit anzugehen. Sie freute sich, aber die Angst und der Respekt vor der toten Kommissarin saßen ihr lauernd im Genick. War Robin nur nett gewesen, weil er den ersten guten Eindruck nicht zerstören wollte? Nein, dachte sie, so eine Menschenkenntnis habe ich schon, ihm zu vertrauen, dass er es ehrlich meinte. Waren die Blumen von ihm?

      Sie fuhr den Computer hoch und nahm den Briefumschlag, den sie auf ihrem Platz gefunden hatte. Er enthielt ihre Schlüssel, ihren Dienstausweis und das Passwort für den Computer. Sie gab die Kombination ein und zuckte zusammen, als eine Frau und ein Mann sie fröhlich anstrahlten. Hinter ihnen war der Rhein zu sehen und im Moment, in dem das Foto aufgenommen wurde, fuhr ein riesiges Schiff flussabwärts hinter den beiden vorbei.

      Susanne war blass geworden. Das musste sie sein: Bianca. Der Mann an ihrer Seite war sicher Eric, ihr Freund und der schöne Staatsanwalt, den sie noch nicht persönlich getroffen hatte. Er sah ein wenig arrogant aus, aber Bianca strahlte etwas aus, das sofort ihr Herz erwärmte. Susanne wusste, dass die Frau im Dienst erschossen wurde, aber Genaueres hatte man ihr nicht gesagt. Susanne fuhr mit dem Zeigefinger über das schöne Gesicht.

      „Jemanden wie dich kann man nicht ersetzen.“

      „Nein, das kann man wirklich nicht.“

      Erschrocken drehte sich die Kommissarin um. Sie hatte Robin nicht gehört, doch jetzt stand er hinter ihr und legte ihr kurz eine Hand auf die Schulter. Su­sanne biss sich auf die Unterlippe.

      „Entschuldige, ich wollte nicht …“

      Robin setzte sich ihr gegenüber hin und nickte freundlich.

      „Ich weiß, sorry, dass ich nicht daran gedacht habe, den Hintergrund zu ändern. Irgendwie konnte ich den Computer nicht einschalten.“

      „Sie war eine von den Guten, das spürt man immer noch. Es tut mir leid, dass sie tot ist. Und es tut mir leid, dass ich mich so albern benehme. Es ist, als wäre sie hier und würde von mir verlangen, dass ich in ihre Fußstapfen trete. Aber das kann ich nicht.“

      „Nein,