liebe dich.“
„Ich dich auch.“
Sie legte auf, startete den Motor und schaltete das Licht ein. Während ihr Blick die Ausfahrt suchte, klopfte es an die Scheibe ihres Wagens. Erschrocken wandte Bianca den Kopf zur Seite und schaute in die sanften Augen eines gutaussehenden Mannes. Sie ließ die Scheibe einen Zentimeter hinunter.
„Ja bitte?“
„Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken, aber bei Ihnen brennt nur eine Rückleuchte.“
„Oh danke, das muss neu sein. Ich werde mich morgen sofort darum kümmern.“
„Nichts zu danken“, sagte der Mann mit einem gewinnenden Lächeln und verschwand in der Dunkelheit.
Bianca atmete auf und fuhr heim zu Michael, der sie schon sehnsüchtig erwartete. An der Tür küsste er sie innig und nahm ihr den Mantel ab.
„Wie wars?“
„Paragraphen werden mich durch meine Träume verfolgen. Ansonsten ging es. Wieder eine Woche rum, noch dreimal, mein Süßer, dann ist es vorbei.“
„Es ist immer schrecklich, wenn du einmal im Monat für eine ganze Woche weg bist.“
„Jetzt bin ich ja zuhause. Und du musst morgen mal nach meinem Rücklicht sehen. Ich hatte eben beinahe einen Herzinfarkt. Ich wollte gerade noch schauen, wo der Ausgang von diesem riesigen Parkplatz ist, da klopft ein Typ an meine Scheibe. So im Dunkeln war das sehr unangenehm. Man weiß ja, was da alles passieren kann.“
„Ja, wir arbeiten gerade an einem Fall, wo eine Frau auf dem Parkplatz in Oestrich erdrosselt wurde.“
Bianca lief es eiskalt über den Rücken, wenn sie an den Schrecken von vorhin dachte und ließ sich von Michael alles über den Fall berichten.
„Sie wurde nicht ausgeraubt und auch nicht missbraucht?“
„Nein, irgendwer hat diese nette junge Frau aus einem anderen Grund ermordet. Wir stehen noch ganz am Anfang. Die Eltern sind zusammengebrochen vor Schmerz. Es war schlimm. Wie sagt man den Eltern, dass ihr einziges Kind tot ist? Erwürgt von einem bösen Menschen …“
„Es gibt kein Rezept für so etwas. Das tut mir sehr leid, Michael. Ich wünschte, ich wäre bei dir gewesen.“
„Werde du mal eine gute Chefin, das reicht mir schon.“
Er küsste sie zärtlich und zog sie nach dem Essen auf die Couch, wo sie sich liebten. Bianca fühlte sich in Michaels Armen sicher und gab sich ihm ganz und gar hin.
Am nächsten Morgen saßen sie im Büro mit Jürgen und Michaels neuem Partner zusammen, um den Fall zu besprechen. Bilder des Opfers lagen auf dem Tisch und Jürgen hatte eben zusammengefasst, was er an Spuren gefunden hatte.
„Ich denke, die hatte was mit einem heißen Kerl, hat ihn abserviert, der war sauer und hat sich gerächt. Oder ein Ex ist aufgetaucht und hat sie erwischt und umgelegt.“
Bianca sah zu Benedikt Mayfardt, dem neuen Partner von Michael. Der blonde, sportliche Mann hatte vor zwei Wochen seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert, aber vom Erwachsensein war er noch weit entfernt. Allerdings hatte er einen guten Spürsinn und Michael hatte sein anfängliches Entsetzen über das spätpubertäre Verhalten seines neuen Kollegen abstellen können. Seine blauen Augen leuchteten stets und Bianca hatte so eine Ahnung, dass dieser schöne Mann wusste, wovon er sprach. Ständig redete er über die Damen, die sich ihm ganz zwanglos hingegeben hatten.
„Dann sei froh, dass du nicht der Typ warst, mit dem sie ihn betrogen hat“, sagte Bianca lachend.
„Warum?“, fragte Benedikt naiv.
Nun lachten auch Michael und Jürgen los, aber der junge Mann stand auf der Leitung.
„Na, wir haben ja noch keine männliche Leiche gefunden, die dazu gehört, also kann unser Kollege noch nicht ruhig schlafen“, brummte Jürgen gemütlich.
„So eine hübsche Frau“, sagte Bianca nachdenklich. „Wenn sie nicht ausgeraubt wurde, dann hat Benedikt vielleicht recht. Eine Beziehungstat. Wo wollt ihr anfangen?“
Michael plante: „Benedikt kann mal schauen, ob ihre Familie etwas über die Ex-Freunde weiß, ich rede nochmal mit der Frau vom Taschenladen und höre mich im Ort um. Man kannte sie dort recht gut. Vielleicht finde ich jemanden, der etwas beobachtet hat.“
Sie erhoben sich, die Männer verließen das Haus und Bianca meldete sich beim Chef, um sich mit Bürokram ärgern zu lassen.
An der Tür sagte Jürgen leise zu Michael: „Schade, dass sie nicht mehr mitmischt. Ich habe immer ihren siebten Sinn bewundert. Und unser Kleiner kann sie nicht ersetzen.“
4
Fabienne nahm die rote Rose, die vor ihrer Tür lag und warf sie in die Mülltonne. Ein leises Stöhnen drang durch ihre sanft geschwungenen, sinnlichen Lippen. Er hatte es schon wieder getan. Hörte das denn niemals auf? Seit Jahren verfolgte sie dieser Irre, schenkte ihr Blumen oder Pralinen, fotografierte sie heimlich oder lud sie ganz offensiv zum Essen ein, außerdem hatte er stündlich angerufen und brachte das Leben von Fabienne aus dem Gleichgewicht.
Vor einem Jahr hatte sie mit der Hilfe von Bianca ein Annäherungsverbot erwirkt, aber das schien ihm herzlich egal zu sein. Sicher hockte er gerade wieder irgendwo in einem Busch oder im Auto und ließ sie nicht aus den Augen.
Fabienne Chubrieux war eine aufregend schöne Frau. Sie tat alles dafür, um nicht aufzufallen, kleidete sich in matten Farben, band die langen kastanienbraunen Haare stets zu einem Knoten zusammen, schminkte sich nicht und bewegte sich leichtfüßig, fast tänzerisch. Es war ihr ganz und gar nicht bewusst, dass sie gerade deshalb den Menschen, die ihren Weg kreuzten, besonders ins Auge fiel. Ihre Natürlichkeit und Anmut waren etwas Besonderes und jeder, der einen Blick in ihre meerblauen Augen werfen durfte, fühlte sich magisch angezogen.
Schnell öffnete sie die Haustür und trat ein, danach drehte sie den Schlüssel im Schloss und atmete auf. Es war eine Weile ruhig gewesen und sie hatte schon begonnen sich sicher zu fühlen, aber nun war die Angst zurückgekommen. Missmutig ließ sie die Rollläden herunter und setzte sich mit angezogenen Füßen auf ihren Lieblingssessel.
Der Mann, der sie Tag für Tag belauerte, hatte angegeben, in sie verliebt zu sein. Fabienne wusste sogar, wer er war: Lars Grückbelt. Schon der Name war furchtbar. Er war fünfunddreißig Jahre alt und arbeitete als Lehrer in Geisenheim, wo er Weinbau-Technik unterrichtete. Sie waren sich bei einer Ausstellung in Wiesbaden begegnet und er war ihr sofort unsympathisch gewesen. Zuerst hatte er nur auf sie eingeredet, später hatte er versucht sie anzufassen und zu umarmen. Fabienne hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er keinerlei Chancen bei ihr hatte.
Es war zu spät gewesen: Für Lars wurde Fabienne zum Nabel der Welt und das Ziel seines Lebens wurde es, ausdauernd und aufdringlich um sie zu werben. Gerade, als es besonders schrecklich war und sie ihre alte Freundin und Psychologin Cordelia Bückler aufsuchte, um sich beraten zu lassen, wie sie jemals wieder zur Ruhe kommen konnte, begegnete ihr Bianca Bonnét.
Cordelia hatte sie einander vorgestellt und erklärte, dass sie das schon seit längerer Zeit geplant hatte, denn auch Fabienne verfügte über einen siebten Sinn. Sie war wie Bianca hochsensibel und konnte Dinge spüren, ehe sie passierten, und sie konnte Stimmungen sofort erfassen. Die beiden Frauen hatten sich auf Anhieb gemocht und eine tiefe Freundschaft war entstanden. Bianca hatte sie bei ihrer Auseinandersetzung mit Lars unterstützt. Alles landete vor Gericht und dem Stalker wurde ein Annäherungsverbot ausgesprochen. Ihre neuen Geheimnummern hatte er immer direkt herausgefunden, aber das gab Fabienne später auf, denn sie war Künstlerin und stand in der Öffentlichkeit, da musste sie erreichbar sein.
Sie nahm ihr Handy und wählte Biancas Nummer. Diese meldete sich fröhlich.
„Hallo, meine Schöne! Ich bin vom Lehrgang zurück. Wie gut, dass du anrufst, wir müssen dringend mal wieder ausgehen.“
„Bianca,