Ute Dombrowski

Ganz für mich allein


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die Rücklichter blinkten und Maja öffnete die Klappe.

      Stöhnend wuchtete sie den Korb über den Rand und wollte sich gerade den Schweiß von der Stirn wischen, als sich eine Schlinge um ihren Hals legte. Entsetzt versuchte sie, das weiße Seil wegzuziehen, aber der Angreifer riss mit einer Hand ihre Arme herunter. Er drückte weiter zu und presste seinen Körper gegen ihren, sodass sie beinahe in den Kofferraum fiel. Ihre Kraft ließ nach, sie bekam keine Luft und der Schrei, der aus ihrem verängstigten Körper wollte, erstarb mit einem Stöhnen. Sie spürte, wie ihre Beine nachgaben, dann wurde es dunkel um sie herum.

      Der Mann ließ den leblosen Körper auf den Boden sacken, hob die tote Frau aber schnell hoch und packte sie in den Kofferraum. Leise drückte er den Deckel zu und verschwand eilig aus der Garage. Er vergewisserte sich, dass niemand auf der Straße war, nahm die Maske ab, steckte sie in die Tasche und lief zu seinem Auto zurück, wo er sich auf den Sitz fallenließ.

      „Zwei.“

      7

      Clemens Fringholm hatte ein paar Minuten später wütend auf die Uhr geschaut.

      „Wo bleibt die denn? Ich habe langsam die Nase voll von dieser Frau!“

      Er warf den Karton, den er soeben ausgeleert hatte, auf den Boden und wühlte in seiner Hosentasche nach dem Handy. Am anderen Ende läutete es, aber niemand nahm ab.

      „Na hoffentlich geht sie nicht dran, weil sie am Fahren ist!“

      Weitere zehn Minuten später war Maja immer noch nicht im Weingut angekommen.

      Clemens lief ins Haus und fuhr seine Mutter an: „Weißt du, wo Maja so lange herumtrödelt? Sie wollte gleich kommen, aber das ist schon eine Stunde her.“

      Charlien fing zu weinen an, weil ihr Vater die Oma so böse angeredet hatte. Irma Fringholm setzte das Mädchen von ihrem Schoß, wo sie gerade ein Bilderbuch angesehen hatten, auf den Boden.

      „Mein lieber Sohn, jetzt denke mal darüber nach, wie du mit deiner Mutter sprichst! Du bist schuld, dass die Kleine jetzt weint. Was ist denn los?“

      „Maja trödelt wieder herum und ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht vor Arbeit.“

      „Hast du mal angerufen?“

      „Ja, Mutter, was dachtest du denn?“

      Charlien war zu ihrer Oma gekrabbelt und schlang die Arme um ihre Knie. Als Irma sie hochnahm, hörte sie auf zu weinen.

      „Dann ist sie unterwegs und beim Fahren kann sie ja schlecht telefonieren. Also sei geduldig. Sie wird gleich da sein.“

      Clemens dachte nicht im Traum daran, dass seiner Frau etwas passiert sein konnte, darum wurde er immer wütender. Er lief im Wohnzimmer auf und ab und fluchte vor sich hin. Seine Mutter saß wieder auf der Couch und blätterte mit Charlien im Bilderbuch. Nun sah sie hoch und schüttelte den Kopf.

      „Nimm das Auto und fahre heim. Es macht mich ganz irre, wenn du hier herumrennst. Vielleicht hat Maja eine Panne oder sie ist hingefallen.“

      „Pah! Die kann was erleben. Sicher sitzt sie vor dem Fernseher und trinkt Kaffee oder tratscht am Festnetz mit ihrer dämlichen Freundin Sina. Ich bin gleich wieder da.“

      Er rannte aus dem Haus, setzte sich ins Auto, raste heim und wunderte sich, dass alles ruhig und dunkel war. Das Garagentor war geschlossen und Majas roter Kombi nirgends zu sehen. Clemens parkte vor dem Tor und schloss das Haus auf. Drinnen war es dunkel, die Einkäufe lagen ordentlich verstaut im Kühlschrank. Er lief hinaus und betrat die Garage durch die Seitentür. Verdutzt schaute er auf das Auto.

      „Was soll das denn? Wo ist die Alte hin?“

      Er drehte sich um, lief zurück ins Haus und riss im Laufen das Handy heraus: „Sie ist nicht zuhause und das Auto steht in der Garage. Mutter, ich glaube, die hat sie nicht mehr alle und ist abgehauen.“

      „Komm wieder her, dann reden wir.“

      Er legte auf, setzte sich in sein Auto und fuhr zurück zu seinen Eltern, die jetzt ratlos zusammen im Wohnzimmer saßen. Rupert Fringholm, der Vater von Clemens, hatte ein Glas Wein in der Hand und bereitete seinen Feierabend vor, Irma spielte mit Charlien.

      Clemens stürmte herein und ließ sich auf den Sessel fallen.

      „Von wegen Panne oder etwas passiert! Die treibt sich bestimmt mit ihrer Freundin irgendwo herum oder sie lässt sich von ihrem Ex vögeln.“

      „Aber Clemens, doch nicht vor dem Kind!“, rügte ihn seine Mutter.

      „Ach was, wer weiß, ob das überhaupt mein Kind ist.“

      Sein Vater räusperte sich und sagte ernst: „Also jetzt reicht es. Ruf die Polizei an und gib eine Vermisstenanzeige auf. Wenn man sie nun entführt hat?“

      Clemens lachte seinen Vater aus und erwiderte: „Die bringen sie direkt wieder zurück. Mir egal, dann ist sie eben abgehauen. Die wird schon merken, was sie verliert. Ich mache jetzt Feierabend und fahre heim. Aber ich werde nicht nach ihr suchen, sondern schön Fußball gucken und mich ausruhen. Kann Charlien bei euch bleiben?“

      Seine Mutter nickte und drückte das kleine Mädchen liebevoll an sich. Clemens stand auf und stapfte hinaus.

      Zuhause ging er zuerst in die Küche, holte ein Weinglas und goss es randvoll. Er stürzte den Riesling in einem Zug herunter, goss nach und lief hinüber ins Wohnzimmer, wo er den Fernseher einschaltete. Und nun tat er das, was seine Frau immer hasste: Er zog seine Socken aus und warf sie auf den kleinen Tisch. Dann legte er sich auf der Couch zurecht.

      Mitten im Fußballspiel läutete das Festnetztelefon und Clemens nahm schnaufend ab.

      „Was?“, blaffte er in den Hörer.

      „Hier ist Sina. Ist Maja da?“

      „Nein, ist sie nicht. Und wenn sie da wäre, würde ich sie dir auch nicht geben.“

      „Oh Mann, Clemens, was ist denn dein Problem? Maja wollte mich vor einer Stunde anrufen, um mir zu sagen, ob wir morgen gemeinsam zur Arbeit fahren. Das sprechen wir immer ab, also gib sie mir.“

      „Was hast du nicht verstanden an: Sie ist nicht da?“

      „Das ist merkwürdig. Kommt sie nicht immer abends zu euch auf das Weingut und fährt dann mit dir heim?“

      „Ja, aber da ist sie auch nicht. Und jetzt lege ich auf. Lass mich in Ruhe Fußball gucken und fahre morgen mal selbst auf die Arbeit. Tschüss.“

      Er legte auf.

      Sina Dunkelsberger hatte nur den Kopf geschüttelt. So ein Arsch, dachte sie. Warum hatte Maja diesen Kerl geheiratet? Sie konnte doch viel aufregendere Männer bekommen. Maja hatte Clemens geheiratet, als sie schwanger war, aber Sina konnte ihn von Anfang an nicht leiden.

      Hatte er Maja geschlagen?

      Sina war zusammengezuckt. Ihre Freundin hatte mal so etwas angedeutet. Vielleicht hatte der Kerl ihr wehgetan und sie lag irgendwo verletzt und brauchte Hilfe? Entschlossen griff sie nach ihrer Jacke, um zu Majas Haus zu gehen, welches sich zwei Straßenecken weiter im selben Ort befand.

      Sie klingelte und Clemens öffnete genervt die Tür. Als er Sina erkannte, stöhnte er.

      „Sie ist nicht hier! Willst du nachsehen?“

      Ohne ein Wort lief Sina an ihm vorbei ins Haus und durchsuchte alle Zimmer, während sie nach Maja rief. Enttäuscht kam sie nach fünf Minuten ins Wohnzimmer.

      „Was hast du mit ihr gemacht?“, fragte sie und baute sich vor dem Fernseher auf.

      „Geh weg!“, fauchte Clemens sie an. „Ich habe nichts mit ihr gemacht. Maja wollte einkaufen und dann ins Weingut kommen. Das ist schon eine Weile her. Sie ist abgehauen. Basta!“

      „So ein Quatsch, ich gehe jetzt und komme mit der Polizei wieder.“

      Eilig