Gesa Walkhoff

Kleinstadt-Hyänen


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      Gesa Walkhoff

      Kleinstadt-Hyänen

      Zickenalarm in Gifhorn

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Julia

       Das Wiedersehen

       Daniela

       Miriam

       Nephele

       Thekla

       Vorbereitungen

       Unter Druck

       Spielchen

       Entdeckungen

       Lügen

       Eifersucht

       Explosionen

       Vertuschung

       Prüfungen

       Entscheidungen

       Showdown

       Epilog

       Impressum neobooks

      Julia

       Für Bahni, Rienelt, Anike, Mareile und Sven.

       Keine Ahnung, wie ich das ohne euch hätte schaffen können.

      „Hrrrgrrrrmpf!“

      Julia presst ihre Zähne so fest aufeinander, dass ihre Kiefermuskulatur weiß hervortritt. Mit einem scharfen Laut zieht sie die Luft durch ihre Nase ein und stößt sie in einem heftigen Schwall durch den Mund wieder aus. Sie schließt ihre Augen und versucht, sich zu beruhigen. Als sie sie wieder öffnet, merkt sie, dass sie den Hörer noch immer mit eisernem Griff umklammert hält. Mit angewidertem Blick, als sei er zuvor in eine Jauchegrube gefallen, wirft sie ihn zurück auf die Gabel des Telefons, das auf ihrem Schreibtisch im Gifhorner Rathaus steht.

      „Dieser jämmerliche Darmausgang wird mich kennenlernen! Den hänge ich an seinen Klöten am Glockenturm der Nicolai-Kirche auf. Das schwöre ich beim Leben meiner Mutter!“

      Noch einmal schließt Julia die Augen und saugt Luft durch ihre Nasenlöcher ein. Sie stützt ihre Ellbogen auf der Schreibtischunterlage auf, faltet ihre Hände wie zu einem Gebet und lässt ihre Stirn auf ihre Fingerspitzen sinken. So verweilt sie reglos, wie in tiefe innere Einkehr versunken. Plötzlich, als sei mit einem Mal alles Leben aus ihr gewichen, sackt sie in sich zusammen und lässt sich rücklinks gegen die Lehne ihres voluminösen Schreibtischsessels fallen. Ihr Blick ist starr geradeaus ins Leere gerichtet. Nachdem sie weitere Minuten, die ihr wie eine Ewigkeit erscheinen, reglos in dieser Position verharrt hat, hebt sich ihr Brustkorb und senkt sich wieder, wobei sie einen tiefen Seufzer ausstößt. Langsam, als sei jede ihrer Bewegungen mit einer immensen Kraftanstrengung verbunden, beugt sich Julia vor und langt nach ihrem privaten Mobiltelefon, das auf der echtledernen Schreibtischunterlage liegt. Sie tippt eine Nummer ein, hält das Gerät ans Ohr und wartet.

      „Ahrens“, meldet sich eine schneidige Frauenstimme.

      „Ich bin‘s, Mutter“, grüßt Julia kleinlaut zurück.

      „Was ist passiert?“ fragt ihre Mutter alarmiert.

      Julia seufzt erneut. Mit einem Mal fühlt sie sich entsetzlich müde und es fällt ihr unsagbar schwer, sich zu konzentrieren. So, als habe ihr jemand den Stecker gezogen. Das ist ein Zustand, den sie bislang nicht kannte, denn sie, die Bürgermeisterin der beschaulichen Kleinstadt am Südrand der Heide, findet für jedes Problem eine Lösung. Selbst, wenn sie einmal keine solche ad hoc parat hat, vermag sie doch stets, im Nullkommanichts eine Strategie aus dem Hut zu zaubern, wie sie eine aussichtlos erscheinende Angelegenheit doch noch zu ihren Gunsten herumdrehen kann. Geht nicht, gibt’s nicht in Julias Welt. Sie ist jederzeit auf alles vorbereitet und nichts und niemand kann sie aus dem Konzept bringen. Dafür bewundern sie die einen und fürchten sie die anderen. Doch dieses Mal ist es anders. Noch nie hat sich Julia so hilflos gefühlt. Das macht ihr Angst.

      „Reiß dich zusammen, Kind, und raus mit der Sprache!“, herrscht Dorothea Ahrens ihre Tochter an. Unter ihrer offenkundigen Ungeduld ist ihre Besorgnis deutlich herauszuhören, denn auch sie kennt ihre Tochter so nicht.

      Für einen Moment herrscht Stille in der Leitung. Dann platzt Julia heraus: „Ich bin aufgeflogen.“

      Ihre Mutter seufzt mitleidig. „Vielleicht ist es gut, dass es endlich `raus ist.“

      Empört fährt Julia aus ihrem Sessel in die Höhe. „Bist du wahnsinnig geworden?“, faucht sie.

      „Nicht in diesem Ton!“, ermahnt Dorothea ihre Tochter.

      Julia rollt die Augen. Niedergeschlagen lässt sie sich erneut gegen die Lehne ihres Schreibtischsessels fallen und fährt sich mit der freien Hand über das Gesicht. „Entschuldige bitte, Mutter, aber deine Bemerkung war wenig hilfreich.“

      Dorothea seufzt erneut. So, wie eine Mutter es eben tut, wenn sie meint, genau zu wissen, was richtig für ihr Kind ist, das Kind das aber nicht einsehen will. „Sei froh, dass das Versteckspiel ein Ende hat! Ich habe diese ganze Scharade schon immer für reichlich albern gehalten. Wie lange hättest du das noch durchziehen wollen? Es war doch nur eine Frage der Zeit, bis alles herauskommt. Also kneif die Arschbacken zusammen und steh dazu!“

      „Pffff!“, zischt Julia durch ihre Vorderzähne hindurch. „Damit ist meine Karriere als Bürgermeisterin beendet. Das wird mir niemand verzeihen.“

      „Möglich“, bestätigt ihre Mutter knapp, „aber ich habe dich trotzdem lieb.“

      Wider Willen muss Julia schmunzeln. Doch lange hält ihre Erheiterung nicht an. „Meine berufliche und vermutlich sogar meine private Existenz hängen daran“, erklärt sie düster.

      Durchs Telefon hört sie, wie ihre Mutter zustimmend