Stefan Landfried

Blutdienst


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mit der anderen Hand Bier nach. »Komm, mein Freund. Wir wollen trinken und uns amüsieren. Skål!«

      » Skål!«, stimmte er mit ein.

      Die Halle füllte sich nach und nach. Krieger, die in der Schlacht gedient hatten, kamen und betranken sich. Sie strotzten vor Kraft und manche waren begierig darauf, erneut in die Schlacht zu ziehen. Auch ein paar Huren waren anwesend. Hier und da verschwanden einige Männer in die dunklen Ecken der Halle, um sich mit ihnen zu vergnügen. Immer wieder hörte man einen Aufschrei. Thortryg unterhielt sich mit einigen wohlhabenden Händlern, die ihm wohl zu seiner Herrschaft beglückwünschten.

      Nachdem die Händler gegangen waren, stand Thortryg auf und erhob seine kräftige Stimme.

      »Bürger und Krieger von Karpgat, herzlich willkommen zu meinem Herrschaftsfest.«

      Die Menge jubelte und klopfte auf die Tische.

      »Es gibt heute allerdings noch einen Mann, den wir feiern sollten. Er hat in der Schlacht gegen meinen Bruder heldenhaft gekämpft. Wie ein wahrer Wolf!«

      Wieder hallten Beifall und Gejohle bis auf die Straßen Karpgats.

      »Ohne ihn wäre ich heute nicht hier. Ohne ihn würde mein Bruder hier herrschen.«

      Kurze Stille trat ein.

      »Meine Freunde, hier ist Sigvart Fenris! Komm zu mir!«

      Unter lautem Beifall stieg ich von der Bank auf und machte mich auf den Weg zu Jarl Thortryg. Männer klopften mir auf die Schulter und mir war es schon unangenehm, zu Thortryg gehen zu müssen. Als ich ihn erreichte, grinste er unablässig und schloss mich in seine Arme.

      Er packte mich bei den Schultern und donnerte: »Sigvart, ich bin froh und stolz, dich zu meiner persönlichen Leibwache ernennen zu dürfen. Schwörst du mir ewige Treue, auf dass wir dieses Land beschützen und für das Volk einstehen?«

      Ich schaute ihm fest in die Augen. Sie hatten wieder dieses unlöschbare Feuer, das jeden Mann ermutigte, ihm zu folgen.

      Ich ging auf die Knie. »Ich schwöre, mein Herr.«

      Der Jubel in der Halle war nun vollkommen losgelöst. Thortryg wies einen Mann der Wolfshorde an, ein Päckchen zu bringen, das er mir übergab. Es war ein Wolfsmantel von einem rein schwarzen Wolf. Thortryg beugte sich zu mir und sprach: »Ein Wolfsfell, das deiner würdig ist, Fenris.«

      Ich verbeugte mich und streifte das Wolfsfell über. Thortryg zeigte auf einen leeren Platz neben dem Thron. »Setz dich, Sigvart Fenris. Setz dich und feiere mit deinem Wolfsrudel.«

      Erneut brach Beifall aus, als ich mich hinsetzte und einen Krug Met bekam. Thortryg hob eine Hand und gebot der Menge zu schweigen. Seine Stimme erhob sich laut über alle anderen.

      »Meine Freunde. Heute wollen wir feiern. Deshalb erhebt euer Horn mit dem Göttertrunk und leert mit mir die erste Runde.«

      Die Männer stimmten in den Spruch mit ein:

      »Das Horn soll im Sonnenlauf kreisen.

      Ein Jeder soll sprechen und trinken..

      Skål! Skål!

      Erhebt das Horn dem Jarl zu Ehren!

      Skål! Skål!

      Erhebt das Horn den Göttern zu Ehren!

      Skål! Skål!

      Trinkt aus eure Hörner!

      Skål! Skål!

      Unbesiegt werden wir sein.«

      Mit diesen Worten Schloss Thortryg den Trinkspruch und nahm einen kräftigen Schluck. Die Männer in der Halle und auch ich taten es ihm gleich. Die Männer nahmen wieder ihre Gespräche auf und es herrschte ein reges Treiben in der Halle. Becher und Hörner wurden gefüllt und geleert und erneut gefüllt. Die Sklavinnen hatten ihre Mühe, den Männern nachzuschenken. Große, schwielige Hände griffen immer wieder unter ihre Kleider und an ihre Brüste. Eine solche Tat wurde stets mit großem Gelächter belohnt. Hier und da entflammte ein Streit und dann rangen Männer miteinander, bis einer aufgab oder sich ein Krieger der Wolfshorde dazwischen stellte.

      Ich beobachtete Borg, wie er wieder mal versuchte, seine Kraft zu beweisen, indem er jedermann zum Armdrücken herausforderte. Thortryg kam auf mich zu und setzte sich neben mich. Er grinste so breit, dass es so aussah, als würden nur noch die Ohren seinen Mund davon abhalten, einen Kreis zu schlagen. »Sigvart, mein Freund. Dies ist eine Heldennacht. Für alle, die in der Schlacht gefallen sind, und für alle, die als Helden aus ihr hervortraten.«

      Er hob sein Horn in meine Richtung und wir stießen an.

      »Ja, Herr. Eine schöne Nacht und ein tolles Fest.« Ich rutschte etwas unruhig auf dem Stuhl hin und her. Ich war nervös, weil ich unbedingt etwas erfragen musste.

      »Herr, mit Eurer Erlaubnis würde ich gerne morgen zu meiner Familie gehen, um ihr zu berichten, was geschehen ist. Sie sollen erfahren wer ich nun bin. Ich habe es damals meinem Vater versprochen und dieses Versprechen muss ich einhalten.«

      Thortryg sah mich fragend an. Er runzelte die Stirn und überlegte wohl, was er sagen könnte. Sein nachdenklicher Blick verwandelte sich schließlich wieder in ein Grinsen und er trank einen Schluck.

      Ich wurde bereits etwas ungeduldig, da er mir auf dem Schlachtfeld schon keine Antwort darauf gegeben hatte. Doch er drehte seinen Kopf in meine Richtung und sprach: »Du bist ein ehrenvoller Mann, und auch wenn ich dich nicht gerne ziehen lasse, sollst du deinen Wunsch erfüllt bekommen. Aber ich verlange etwas dafür.«

      Meine Augen wurden groß. Was wollte er denn jetzt noch? »Was verlangt ihr, Herr?«, fragte ich unsicher.

      »Sorg mit mir dafür, dass die Männer hier …« Er wies mit ausholender Geste in die Weite des Saals und sein Grinsen wurde noch breiter, »… diese Nacht nicht wieder vergessen.«

      Ich erhob meinen Becher auf sein Wohl und wir stürzten beide den Met unsere Kehlen hinab.

      An viel kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, dass Borg nicht besiegt worden ist und Thortryg mich eindeutig unter den Tisch gesoffen hat. Als ich am nächsten Morgen erwachte, lagen zwei Frauen an meiner Seite. Auch wenn ich mich nicht mehr erinnerte, merkte ich doch, dass meine Leistengegend wohl hart gearbeitet hat in der Nacht. Sobald ich aufstand, brachte mir direkt eine Dienerin eine Wasserschüssel. Ich wusch mich und streifte mein Leinenhemd über die Schultern. Ich tat mir schwer bei meiner Hose, denn als ich mich bückte, spürte ich den Met in meinem Kopf herumwirbeln. Nachdem ich die Hose endlich bezwungen hatte, torkelte ich die Stufen hinab in die Halle.

      Auf den Tischen und Bänken lagen schnarchende und furzende Männer, die es nicht mehr geschafft haben, die Halle zu verlassen. Auch Borg zählte zu ihnen. Ich nahm mir einen Becher dünnes Bier, um meinen Kopf wieder zu ordnen, und setzte mich zu ihm auf die Bank. Mein Blick wanderte in der Halle umher und ich entdeckte Thortryg schlafend auf seinem Thron. Es sah etwas unbequem aus, wie er da halb saß und halb lag, und ich vermutete, dass er wohl mit Rückenschmerzen aufwachen würde. In den am Abend dunklen Ecken zeigten sich nun die nackten Leiber der Männer und Frauen, die sich ihrer Lust ergeben hatten. Es bewegte sich kaum jemand in der Halle, und so trank ich meinen Becher aus und steckte mir noch ein Stück kaltes Fleisch in den Mund, ehe ich nach oben ging, um meine Sachen zu holen, bevor ich zu meiner Familie aufbrach.

      Ich verließ gerade die Halle, als eine Stimme von hinten mich aufhielt.

      »Wo willst du denn hin?«

      Ich drehte mich um und sah Borg in der Tür stehen, noch leicht wankend.

      »Ich darf für kurze Zeit zu meiner Familie gehen und ihr berichten, was geschehen ist.«

      Borg taumelte auf mich zu und erhob seinen Finger dicht vor meinem Gesicht. Sein Atem roch nach Bier und Fleisch. In seinem Bart hingen noch Essensreste – oder Erbrochenes. Da war ich mir nicht ganz sicher.

      »Und da willst du ohne mich hin? Was soll ich denn hier ohne dich?«

      Ich