Ute Dombrowski

Verlogenes Versprechen


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blöd.“

      Max Hähmann, ihr Mitarbeiter und Laborspezialist, nickte zustimmend.

      „Wir können uns nicht leisten, dass uns ein unberechenbarer Typ wie der ins Handwerk pfuscht. Andererseits …“

      Er sah Ramona gebannt an.

      „Nein!“, wehrte sie ab. „Nein, auf keinen Fall. Der hat mit seinem Arzt über seinen Besuch bei mir gesprochen.“

      „Und wenn er der passende Kandidat wäre?“

      „Das Risiko ist zu groß. Ich mache mit den anderen weiter. Wie soll ich es meinem Kollegen erklären, wenn der Kerl einen Herzstillstand erleidet? Nein, es würde die ganze Forschungsarbeit zunichte machen. Die, die niemanden haben, das sind die richtigen Objekte.“

      „Gut, du bist die Chefin. Hat Kevin etwas mitgekriegt?“

      „Nein. Gott sei Dank. Er würde es nicht verstehen.“

      „Ich habe die letzte Probe noch einmal modifiziert.“

      „Und?“

      „Die Reaktion der Enzyme ist nicht zufriedenstellend. Die Ratten der letzten Versuchsreihe sind auch tot. Was sollen wir tun?“

      „Ich komme später zu dir, dann überprüfen wir noch einmal den Verlauf. Heute kannst du mir erstmal zuhören. Ich habe meinen Artikel für das Fachblatt fertig.“

      Sie gingen in Ramonas Arbeitszimmer und schlossen die Tür. Kevin hatte auf der Treppe gesessen und schüttelte jetzt den Kopf. Er hatte seine Mutter und Max schon öfter belauscht, konnte das Gehörte jedoch nicht einordnen. Machten sie etwas Verbotenes? Illegale Tierversuche? Aber seine Mutter hatte ihm gesagt, sie forsche nach einem Mittel gegen Krebs! Das war doch etwas Positives, sie könnte Menschenleben retten, wenn sie Erfolg hatte.

      Das, was er eben gehört hatte, ließ ihn verzweifelt zurück. Hatte seine Mutter von Menschen gesprochen, die starben? Von Menschen, die keine Angehörigen hatten und die sie als Objekte bezeichnete? Und wie abfällig sie über Janosch gesprochen hatte! Kevin wusste nicht, was er denken sollte. Ein beklemmendes Gefühl hatte sich in ihm ausgebreitet und er konnte kaum atmen. Das alles schien so ungeheuerlich, dass er beschloss, es auszublenden und zu vergessen.

      Janosch war zuhause aus dem Auto gestiegen und hatte sich, ohne nachzudenken auf den Weg an den Rhein gemacht. Er lief langsam und sein Blick sah nicht die Schönheit des Flusses, er spürte nicht die Strahlen der Sonne, die einen Vorgeschmack auf den Frühling brachte, und er nahm die Menschen, die einen Bogen um ihn machten, nicht wahr. Irgendwann saß er auf einer Bank und starrte ins Leere. Mochten die Leute doch denken, dass er betrunken oder verrückt war, es machte ihm nichts aus. Seine Gedanken und Gefühle konzentrierten sich auf Ramona.

      Er war erschüttert über ihren Umgang mit ihm, andererseits hatte er sogar Verständnis, denn er war sich schon bewusst, dass er sich das Gespräch erschlichen hatte. Aber er hatte ja nicht gelogen, sondern Kevins Annahme nur nicht korrigiert. Sein größtes Entsetzen hatte er gefühlt, als er in Ramonas eisige Augen geblickt hatte. Und ja, er war sich sicher, dass sie herzlos reagierte.

      „Sie tötet mich“, flüsterte er.

      Ja, so war es: Prof. Dr. Zackig wollte ihm nicht helfen, also würde er sterben und im Moment schien ihm das genau das Gleiche zu sein wie Mord. Das musste er verhindern. Aber wie?

      Die Gedanken in seinem Kopf überschlugen sich, die rasante Achterbahnfahrt wollte nicht enden. Plötzlich wusste er, was er tun musste. Damit würde er sie zwingen, ihm zu helfen.

      „Ja!“, sagte er lauter und schlug in die Luft. „Ja!“

      Die Idee, die ihn ausfüllte, war so logisch, so einfach.

      „Dass ich da nicht gleich dran gedacht habe.“

      Entschlossen und mit neuem Mut stand er auf und lief heim. Er holte die Unterlagen des alten leerstehenden Weingutes des alten Mannes heraus und begann sie zu studieren. Der Mann war der Stiefvater seiner Mutter gewesen und hatte ihr das Weingut nach seinem Tod vererbt. Sie hatte es Janosch überlassen, als sie spürte, dass sie krank wurde. Erst nach Mitternacht legte er sich zufrieden ins Bett. Morgen, dachte er, morgen würde er sich alles ansehen, es vorbereiten und dann seine Idee in die Tat umsetzen.

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