Erik Kejser

Ja, so ist das Leben, eben.


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einstimmig abgelehnt.

      Wieder in Wien, schnappte ich in dieser hyperaktiven Zeit, meine Schi, meinen Freund Leo S. und wir begaben uns zwecks „Schifoan“ auf’s Stuhleck. Die Sonne schien so stark, dass meine Metallic Lieblings-Noname Schi mich so stark blendeten, dass sie fast eine Bindehautentzündung verursachten. Wir „murmelten“ heiter die Pisten herunter, bis kurz vor Betriebsschluss eine kleine Delle in der Piste mich verschluckte. Als ich meine Sonnenbrillen vom Schnee befreit hatte, traute ich meinen Augen nicht: Beide Schi gebrochen, bzw. gestaucht! Ich konnte es nicht fassen. Um wenigstens die Bindung zu retten, schlenderte ich unter den schadenfrohen Blicken der „„Nichtskönner“ zur Tal/Zugstation. Eine Station bis Semmering, dann Umsteigen, Richtung Wien. Nach fünf Minuten hielt der Zug „Wir sind schon da? Leo aussteigen! Schnell!“ Wir sprangen vom Zug in den Tiefschnee und standen vor einem roten Haltesignal. Der Zug fuhr wieder langsam an. Leo stieg relativ gemütlich ein. Doch ich musste durch den Tiefschnee laufen, denn die ÖBB beschleunigte. Ich wäre fast unter die Räder gekommen, konnte mich aber mit letzter Kraft unter Verlust meiner Schi raufhieven. Leicht angeschlagen saß ich also Gott sei Dank wieder im Zug.

      In der Station Semmering erzählte ich dem Fahrdienstleiter vom meinem Missgeschick. Fahrdienstleiter ruft zum weit entfernten Lokführer: „Koarl, bleib do! Der Bua do hot seine Schi zum Hoitesignal dazua gstöd. Ha, Ha.“

      Lokführer: „Kummt’s hea Bursch’n. Foa ma.“

      Leicht verdutzt kletterten wir auf den Führerstand und fuhren im Retourgang Richtung Haltesignal. Mit ehrlichen Mitgefühl blickte er auf meine ramponierten Schi: „ Nau de hot’s oba gaun sche herbeitelt. Oba nix wegschmeißen, de Bindung kaunst no brauchen.“ Eben. Danke.

      Wieder in Wien, beschlossen wir etwas „Entspannungspolitik zu betreiben. „Check point Charly“ war der Zwölf Apostelkeller im ersten Wiener Gemeindebezirk. Es gibt einen extrem teuren Ribiselwein, filterlose Zigaretten (die gefürchteten Dreier) und nach dem ersten Viertel jede Menge Selbstbewusstsein. Genau nach dem ersten Viertel entert eine Horde Mädchen, so um die fünfzehn Stück, den größten, bereits reservierten Tisch des Lokals. Nach einem kurzen Lauschangriff trauten wir unseren Ohren nicht: Die Mädels waren aus der DDR!

      Leo und ich beschlossen uns wichtig zu machen. Charly und Pepsch (Josef) kapitulierten vor der weiblichen Übermacht. (Hatten vermutlich noch zu wenig Blut im Alk.) Bei einer besonders hitzigen politischen Debatte rief Leo laut: „No, aber wirklich nicht!“

      Eigentlich war uns Politik zu diesem Zeitpunkt scheißegal.

      Um unseren Standpunkt untermauern zu können, mischten wir uns nach ordern einiger neuer Ribisel, unter die Kommunistenmädels. Nichts ahnend schlitterten wir in eine Diskussion, die sich gewaschen hatte. Auf den Vorwurf: „Ihr habt’s ja nicht einmal Bananen, meinten die politisch geschulten Gören: „Aber zehn geschmeidige Finger.“ Großes gekichere. Ich muss zugeben, uns blieb diese ordinäre Pointe vorerst verborgen. Auf die Frage: „Wollt ihr nicht wieder ein Einig-Vaterland sein?“, antworteten sie „Na sicher, wenn der Westen unser System übernimmt.“

      Wenn wir nicht gesessen wären, hätte es uns auf den Arsch gesetzt.

      Es war richtig gespenstisch wie diese Ideologie sich in so kurzer Zeit in diesen Mädchen festsetzen konnte. Sicher, es waren ausgesuchte, parteitreue Mädchen, sonst hätten sie nie nach Wien fahren dürfen. Das der Kommunismus meiner Meinung die beste Regierungsform ist, bin ich mir sicher. Nur funktioniert’s nicht. Das liegt aber an den Menschen die ihn praktizieren. Trotzdem war es unheimlich wie diese siebzehnjährigen jungen Frauen auf alles eine Antwort wussten. Und sie hatten Recht. Sie meinten wir sehen alles nur aus dem Blickwinkel des Westens. Die Kommunisten haben ihre Diktatoren, der Westen hat Amerika, das Land wo der Blödeste automatisch Präsident wird.

      Es waren so hitzige Debatten, dass wir unser eigentliches Ziel aus den Augen verloren hatten. Als ich einen Blick zu Charly und Pepsch riskierte und die sich vor Lachen auf die Schenkel schlugen versuchte ich die Diskussion unauffällig abzuwürgen. Doch das besorgte Leo ziemlich drastisch. Mitten im Satz, begann er zu würgen und kotzte ohne Rückfrage auf die Tafelrunde. Die Osis traten unter der Parole: “So eine Sau!“ den Fluchtweg an. Wir hatten also doch noch gewonnen. Um gröberen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, beschlossen meine zwei übrigen Freunde und ich sich ebenfalls ins Niemandsland abzusetzen. Leo lag am Tisch, wie ein politisch Verfolgter nach stundenlangem Verhör.

      Vor dem Lokal beschlossen wir etwas zu warten, um zu sehen ob die Lage sich zuspitzt. Nach zehn Minuten erschien Leo, mit durchsichtigen Gesicht: „ Hundert Schilling haben’s mir konfisziert und dann auseghaut.“ Wir wollten ihn nicht auslachen, deshalb drehten wir uns dabei um.

      Bereits in frühester Kindheit entdeckte ich mein musikalisches Genie, wurde aber von meiner Mutter sabotiert. Ich wünschte mir zu Weihnachten eine Kindergitarre bekam aber eine Kindergeige. Die Haare des Fidelbogens skalpierte ich und flocht mir Zöpfe für meine Indianermontur. Mit verschiedenen Schnittmustern (Winnetou Hefte) schneiderte ich mir eine originalgetreue Ausrüstung mit Kopfschmuck, (Gänsefedern an den Spitzen eingefärbt aus dem Burgenland), einschließlich Zelt am Balkon.

      Zurück. Auf einer alten Wandergitarre klimperte ich jahrelang, keine Sau verriet mir wie die Saiten heißen, Griffe, Noten. Im Arenbergpark versuchte ich mir verzweifelt einige Griffe abzukupfern. Zwecklos.

      In der letzten Klasse Handelsschule lernte ich endlich meinen Mentor Manfred P. einen ruhigen, introvertierten Typ kennen. (Bis heute einer meiner besten Freunde, zurzeit an der Schwelle der Champions League der Ersten Bank).

      Er zeigte mir die wichtigsten Gitarrengriffe und fast vollständig die Tonleiter. Jetzt ging mir ein Licht auf und mein Stern begann unmerklich zu strahlen.

      Unser Bandname schwankte noch zwischen Rocking Chair (Schaukelstuhl) und Alvin Woodcock Band (Albert Waldschnepfe).

      Mein Elektrobrett’l tauschte ich gegen einen geringen Aufpreis, (ich war bankrott) gegen einen Bass ein. Schlagzeuger Helmut, total untalentiert, Sänger Walter, Spezialfach Englisch, As Tears go by war bei Ihm „Adios, good by, ergänzten die Band.

      Jetzt noch den Probekeller. Wir marschierten von Lokal zu Lokal und fragten, ob wir im Keller musizieren dürften. Ein freundlicher Gastwirt in der Erdbergstraße meinte: „Nau sicher Burschen. I hob an ganz tiafn Keller, a biß’l herrichten müß`st eahm halt.“

      Wir schleppten zwei Tage Kübeln mit Schutt und Dreck. Mit Leitungen aus der Firma meines Vaters, installierte unser Elektrofreak Walter alle Leitungen neu. Wir geigten fast jeden Tag und begannen, von ganz unten, den Zenit der Rock’n Rollbranche zu erobern. Nach ungefähr drei Wochen besuchte unser Gastwirt den Keller: „Burschen, de Leit beschweren sie. Des geht net.“ Als wir gesenkten Kopfes unsere spärliche Anlage aus dem Lokal transportierten rief uns ein Gast nach: „Sche spülst Bursch’n, sche spülts.“

      Kein Probelokal. Doch unser Schlagzeuger wusste Rat. Sein Cousin, Profimusiker, (mehrere Gigs in Deutschland und der Schweiz), meinte: „ Ab und zu könnt’s in meinem Keller spielen, wenn keiner da ist.“

      Wann ist keiner da? Na gut. Verstärker dürfen wir auch benutzen. Es war das Musikerparadies. Ich bevorzugte einen Orange-Verstärker, damals eigentlich wegen der Farbe. Wir spielten sofort eine Klasse „erdiger“, doch plötzlich standen zwei ziemlich langhaarige, ziemlich große Studententypen im Proberaum: „Wieso spielts ihr über unsere Verstärker und außerdem und überhaupt.“ Leicht geschockt erklärten wir – Cousin, war eh das letzte Mal, etc.

      Musiker sind entspannte Typen. Sie „genossen“ einige Takte unserer Musik, worauf mich das John Lennon Double darauf aufmerksam machte, dass die vier Bass-Saiten exakt mit den Gitarrensaiten stimmen müssen. Ich nahm das damals nicht so genau, spielte einfach auf einem anderen Bund. Als wir „Sympathie for the Devil“ von den Stones anstimmten, meinte ich ein leichtes Zucken der Ohren unter den langen Haaren bemerkt zu haben. Sie meinten: „ Na ja, so ähnlich, hört’s einmal zu.“ Die beiden stimmten Verstärker und Gitarren im Tiefschlaf ab und rissen an, dass die Rolling Stones ihre Gitarren in eine Ecke gestellt hätten. „Probt’s nur weiter, wir haben auch so angefangen.“

      Nach