Ewa A.

Du in meinem Kopf


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Mom hinüber. Mittlerweile putzte sie den Herd, weswegen ich mich beim Aufstehen und Abräumen des Tellers in die Geschirrspüle bemühte, mich wie gewöhnlich zu bewegen. »Ich geh auf mein Zimmer. Es war ein langer Tag und ich bin ziemlich erledigt.« Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht, Mom.«

      »Gute Nacht, Schätzchen«, erwiderte sie matt und ich verzog mich schleunigst. Im Flur schnappte ich mir meinen Rucksack, huschte die Treppe hinauf und den Gang entlang in meine eigenen vier Wände. Ausatmend lehnte ich mich mit dem Rücken von Innen gegen die verschlossene Zimmertür und schaltete das Licht ein. Das wäre geschafft.

       Okay wie stellen wir es morgen früh an, dass du zu meinem Körper kommst?

       Morgen früh geh ich zur Schule - so wie immer.

       Aber ...?

       Vergiss es. Es ist mein Körper, mein Leben und die werde ich nicht gegen die Wand fahren, weil du glaubst, es nicht abwarten zu können.

      Connor schnaufte, was wohl bedeutete, dass ihm das ganz und gar nicht passte.

       Okay. Gleich nach meiner letzten Stunde gehen wir ins Medical Center und suchen dich. Versprochen.

       Und wenn sie dich nicht zu mir lassen?

       Wird uns etwas einfallen.

      Ich stellte meinen Rucksack neben dem Schreibtisch ab und begann meine Hose aufzuknüpfen.

       Hm, vielleicht ist das ja doch alles nur ein Traum und morgen früh wache ich wieder in meinem Körper und in meinem Bett auf?

       Ja, das wäre natürlich super. Aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht mehr daran. Für mich fühlt es sich leider verdammt echt an. So verrückt es auch ist.

      Inzwischen hatte ich mir meine Jeans samt Socken von den Beinen gestreift und zog nun das T-Shirt aus. Es landete auf dem Turm, der aus den zuvor abgelegten Klamotten bestand. Verbissen wühlte ich im Bett unter der Decke nach meinem Schlaf-Shirt. Doch selbst als ich es in den Händen hielt, blieb Connor stumm.

      Für dich nicht?, hakte ich nach.

      Doch, doch, mhm, kam lediglich von ihm.

      Anscheinend grübelte er und ich befreite mich schweigend von meinem BH, den ich ebenso auf den Kleiderberg warf. Während ich da stand und mein Schlaf-Shirt überwerfen wollte, huschte mein Blick ständig auf meinen Busen. Im ersten Moment begriff ich nicht, was vor sich ging. Ich wunderte mich, bis mir auffiel, dass Connor noch immer verdächtig still war. Meine Augen wurden rund, während sie schon wieder zurück von meinem Schlaf-Shirt auf meinen Körper starrten. Mit einem empörten Luftschnappen bedeckte ich hastig meine Brüste.

      »Connor!«, platzte es laut aus mir heraus. Du siehst, was ich sehe, oder?

      Mhm, kam es wieder einsilbig.

       Sag mal. Geht es noch. Schau weg! Los!

       Wie soll ich das denn bitteschön machen? Ich habe keine Lider, die ich verschließen kann.

       Arrgh! Du hast doch Gewalt über meine linke Körperhälfte?

       Ja, sozusagen.

      Erneut weiteten sich meine Augen. Moment mal! Du fühlst doch auch, was ich fühle?

      Doch bevor er antwortete, dämmert es mir. Sein leises Soszusagen war gar nicht mehr nötig. Und schon zerrte ich meine unwillige linke Hand von meiner Brust.

       Los, kneife das Auge zu. Auf was wartest du?

       Aber wie soll ich dann sehen, was ich tun soll?

       Oh, keine Angst, das übernehme ich schon.

      Connor brummelte. Na, gut.

      Mein linkes Lid schloss sich und so hantierte ich einäugig mit meinem Shirt, bis ich es übergezogen hatte.

      Du siehst nichts, oder?, fragte ich zwischendurch.

       Nein?

       Connor?

       Ein bisschen vielleicht.

       Oh-nee.

       Dann schau einfach irgendwo anders hin beim nächsten Mal.

      Nun schnaubte ich unwillig vor mich hin.

       Aber, Hazel, ... deine Mutter hat recht.

      Mir schwante bereits Schreckliches und meine Wangen begannen zu glühen. Mit was?

       Das würden Jungs wirklich gerne von dir sehen.

       Boah, ich wusste es. War ja klar. Du Spanner!

       Mann, das war ein Kompliment.

       Oh, nein, war es nicht.

       Verdammt, es war aber als solches gedacht.

       Ohne Scheiß, du solltest deine Art Komplimente zu machen gründlich überdenken. Nicht jede Frau findet es toll, auf ihre Brüste angesprochen zu werden. Oder wie fändest du es, wenn ich dir ungefragt sagen würde, dass …

       Ich eine tolle Brust habe?

       Nein, dass du… dein Gehänge nicht zu verstecken bräuchtest.

       Pf, als würde ich ohne Hose durch die Gegend …

       Genau, und als würde ich jedem gerne meinen nackten Busen vor die Nase halten.

       Trotzdem würde ich es als Kompliment entgegennehmen.

       Ähm, einmal vielleicht, von einer Person, die dir nahesteht und dir wichtig ist. Aber nicht, wenn dir das öfters passiert von Wildfremden, die glauben, sie hätten das Recht dazu, dir - im schlimmsten Fall noch in aller Öffentlichkeit - zu sagen, wie sie deinen Körper finden. Als würde es mich interessieren, was sie über mich denken. Was geht sie mein Körper an?

       Okay, ich habe verstanden. Heikles Thema. Tut mir leid, ich wollte nur nett sein.

      Obwohl Connor richtig lag, meinen wunden Punkt getroffen zu haben, und er eingeschüchtert klang, fraß sich das, was ich schon zu oft erlebt hatte, aus mir heraus.

       Es ist verdammt nochmal nicht in Ordnung, von anderen ungefragt bewertet zu werden und sich das Ergebnis auch noch anhören zu müssen.

       Ja, ja, es war voll daneben von mir.

      Connor wollte es nicht verstehen und plötzlich war all meine Wut, meine Energie dahin. Ich war nur noch leer und müde. Jeder Gedanke, ob von Connor oder mir, war mir zu nah, zu viel. Mein Kopf wog schwer wie Blei. Ich hörte ein Seufzen und wusste nicht mehr, woher es kam – von mir oder meinem ungebetenen Gast. Verzweifelt rieb ich mir über das Gesicht. Wir sollten schlafen.

       Ja, wird wohl besser sein.

      Schweigend legte ich mich ins Bett, deckte mich zu und löschte das Licht. Die letzten Stunden durchlebte ich nochmal im Schnelldurchgang. Wieder wallte eine leise Wut in mir auf, auf Connor, auf Dylan, im Grunde auf alle männlichen Wesen, aber auch auf die beiden Mädchen, die Joggerinnen. Manchmal brauchte es nicht mal Worte, sondern nur einen Blick oder ein Nichtstun, um zu verletzen. So leicht war es und doch so kompliziert.

       Ich dachte, wir schlafen?

       Tun wir doch.