Ruth Broucq

Scharfe Klingen (-Stadt)


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arbeiten musste. Mit einem Blick auf die Uhr, machte sie ihren Liebsten auf ihre Pflicht aufmerksam: „Ich muss arbeiten, Udo. Es ist schon viel zu spät, ich muss mich beeilen. Was machst du denn jetzt? Soll ich dich irgendwo hinbringen?“

      Udo schüttelte den Kopf, entschied: „Nein, für mich ist es noch zu früh. Aber fahr du ruhig, dann pack ich schon mal ein paar Sachen zusammen, und geh anschließend ins Sportcafe. Da kannst du mich abholen. Was denkst du, wann du da sein wirst?“

      „Ich weiß nicht, vielleicht fahre ich mal direkt nach der Arbeit zur Beate, und frage wegen dem Gästezimmer? Ich denke, das ist sinnvoll. Dann muss ich ja auch noch ein paar Sachen von zu Hause holen, schließlich muss ich auch was zum umziehen haben.“ Überlegte sie.

      Udo nickte: „Ja, mach das mal mit der Beate klar. Das wäre natürlich eine gute und schnelle Lösung. Aber ich will nicht dass du alleine in eure Wohnung fährst. Da komme ich besser mit. Wer weiß was für Unfug deinem Mann einfällt. Dann machen wir das anschließend zusammen, wenn du mich abgeholt hast. Also ich bin im Cafe. Bis später!“

      Mit Mühe und Not hatte Ruth es mit leichter Verspätung geschafft ihre übliche Tagesarbeit zu bewältigen.

      Sie war als Werbeleiterin in einer großen Fassadenfirma beschäftigt, hatte dafür zu sorgen, dass Adressmaterial von Kunden reingeholt wurde. Dazu fuhr sie Werbedamen in Wohngebiete, die dann von Tür zu Tür gingen und für die Fassadenverkleidungen warben.

      Als sie anschließend ins Büro kam lief sie ihrem Chef über den Weg, der sie gleich mit der Frage stoppte: „Sag mal Ruth, wo ist denn dein Mann? Die Putzkolonne musste ohne ihn raus fahren. Wenn der krank ist, musst du wenigstens Bescheid sagen. So geht das nicht!“

      In ihrer Überraschung erwiderte sie wahrheitsgetreu: „Ich weiß nicht ob er krank ist. Ich war nicht zu Hause.“

      Bert stutzte, wunderte sich: „Wieso? Schläfst du woanders, nicht zu Hause? Oder seit wann lebt ihr neuerdings getrennt?“

      „Seit gestern, Chef! So, reicht diese Auskunft? Ich bin eilig, muss mir ne neue Wohnung suchen.“ Rief sie ihm im Hinausgehen zu.

      Ruth war auf direktem Weg zur Wuppertalerstraße gefahren, traf aber ihre Freundin nicht an. Nach kurzer Überlegung fuhr sie nach Hause um sich einige Kleidungsstücke einzupacken.

      Zu ihrer Erleichterung waren weder Robert noch die Kinder zu Hause. Sie nutzte die Gelegenheit schnell zu duschen und eine große Reisetasche zu packen. Bevor sie die Wohnung verließ wählte sie noch Beates Telefonnummer, ohne Erfolg. Dann machte sie sich auf den Weg zum Sportcafe.

      Es war schon später Nachmittag, als sie endlich die Tür zu dem Billardsaal öffnete.

      Eine laute Diskussion übertönte sogar das klappern der Billardkugeln. Wie gebannt blieb sie an der Tür stehen.

      Ihr Liebster stritt sich laut mit einem hageren, dunkelhaarigen Mann, sie brüllten sich an. Sie hörte gerade noch dass Udos Gegner schrie: „Du bist ein Schwein, die Manuela jetzt, mit dem Säugling, sitzen zu lassen. Und ihr dann noch die Pfandscheine abzunehmen. Wovon soll sie denn leben, ohne Arbeit? Vor allen Dingen, wie soll sie denn das Kind ernähren? Pfui Teufel, du bist nicht mehr mein Freund Udo!“

      Udo lachte laut, erwiderte ironisch: „Freu dich doch, Wolfram! Das ist doch die Gelegenheit, auf die du schon so lange gewartet hast. Jetzt kannst du sie haben und ihr beweisen, dass du der Bessere bist. Viel Spaß!“

      Außer Ruth, schien sich keiner der Anwesenden dafür zu interessieren. Die Männer widmeten sich ihrem Spiel, als sei rings herum alles normal.

      Welch seltsame Gesellschaft. Waren diese Leute so gleichgültig oder taub?

      Als Udo sie sah, winkte er ihr zu, während er seinem Gegner einfach den Rücken zuwandte.

      Ruth fühlte förmlich den kritischen Blick, mit dem dieser Wolfram ihre Schritte verfolgte, ohne dass sie ihn ansah.

      Als der Mann auf sie zusteuerte, stellte sich Udo dem Gegner in den Weg und sagte drohend: „Wage es nicht, Wolfram! Verzieh dich, oder dein zweiter Arm geht auch zu Bruch!“

      Wenn sie geglaubt hatte, aufgrund dieser Drohung würde sich Jemand einmischen, hatte sie sich getäuscht, lediglich allgemeines Gelächter war die Reaktion. Statt Hilfe oder Vermittlung erfüllte reine Schadenfreude den Raum.

      Tatsächlich wich dieser Wolfram plötzlich zurück, und schlich, wie ein geprügelter Hund, hinaus.

      „Wer war das denn? Und wie hast du das mit dem Arm gemeint? Was war denn mit seinem Arm?“ fragte Ruth neugierig.

      Udo winkte ab: „Unwichtig. Erklär ich dir ein anderes Mal. Wieso bist du umgezogen? Warst du doch in deiner Wohnung anstatt bei der Beate?“ verlangte er hart eine Erklärung.

      „Ja, sicher. Die Beate war nicht zu Hause, da hab ich die Zeit genutzt ein paar Sachen zu holen und außerdem musste ich mich umziehen und duschen. Aber ich rufe die Beate gleich mal an. Kann ich hier telefonieren?“ berichtete sie.

      Ärgerlich knurrte Udo: „Du solltest doch nicht alleine in eure Wohnung gehen. Habe ich dir das nicht extra gesagt? Wieso hörst du nicht auf mich? Das musst du dir aber ganz schnell abgewöhnen, mein Fräulein. Auf solche Alleingänge stehe ich absolut nicht. Wer weiß, was deinem Mann alles einfällt, wenn du mit ihm alleine bist?“

      „Aber er war doch gar nicht zu Hause. Auch die Kinder nicht, was soll mir denn passieren?“ widersprach sie.

      „Dann hast du mal Glück gehabt. Es hätte auch anders sein können, schließlich war er gestern total aggressiv. Also tu demnächst was ich dir sage, ich weiß schon warum ich voraus denke!“ erwiderte er im Befehlston. „So, und jetzt ruf endlich die Beate an, schließlich müssen wir eine Bleibe haben, bis wir eine Wohnung gefunden haben.“

      „Da hast du aber Glück gehabt, dass du mich erwischt hast. Ich hole nur ein paar Sachen, bin dann gleich wieder weg.“ Kam es hastig aus dem Hörer. „Was gibt es denn? Was Besonderes? Oder kann ich dich morgen zurückrufen?“

      „Nein, warte bitte, was bist du denn so eilig? Ich brauche eine Unterkunft. Ich hab mich von Robert getrennt, kann ich dein Gästezimmer haben? Nur bis wir eine Wohnung gefunden haben?“ erklärte Ruth schnell, in ihrer Sorge, dass Beate das Gespräch beendete.

      „Nein? Echt? Ja klar könnt ihr hier schlafen. Du fragst doch sicher nicht für dich alleine? Ja, wie machen wir das denn jetzt? Hm, also ich lege dir den Schlüssel unter die Matte vom kleinen Häuschen. Oder, nein, besser unter meine Matte vor der Eingangstür. Klingel bei den Italienern, ich sag denen kurz Bescheid. In Ordnung? Alles Weitere besprechen wir später. Wenn du in meiner Wohnung bist kann ich dich ja da anrufen. Also, bis dann.“ Sagte sie und die Leitung war tot.

      Beate war Ruths Freundin aus Jugendtagen, mit der sie schon die Schulbank gedrückt hatte, und die in der gleichen Straße gewohnt hatte. Auch später hatten sich die Freundinnen nicht aus den Augen verloren, trotz unterschiedlicher Lebenswege, waren sie immer locker in Verbindung geblieben. Sogar Beates Mutter, zu der Ruth nie einen besonders herzlichen Draht gehabt hatte, war Ruth behilflich gewesen, indem sie ihr Räume vermietet hatte, und Ruth erlaubt hatte, in ihrem Mietshaus, ein „horizontales Gewerbe“ auszuüben. Obwohl Beate sich eine Zeitlang, auch im gleichen Haus, in diesem Gewerbe betätigte, und für Ruths Geschäft Konkurrenz gewesen war, hatte es ihrer Freundschaft nicht wirklich geschadet.

      Deshalb war die Freundin Ruths erster Gedanke gewesen, als sie eine vorübergehende Bleibe gesucht hatte, denn Beates Wohnung wurde nur zeitweilig von dieser benutzt, weil Beate meist bei einem Freund wohnte. Ruth hatte an der Zusage ihrer Freundin keine Sekunde gezweifelt.

      Anschließend wählte Ruth Roberts Rufnummer, und als er sich meldete, erklärte sie ihm energisch: „Ich bin´s, ich war heute Mittag in der Wohnung, um mit dir zu sprechen, aber ich hab dich ja nicht angetroffen. Also hör mir zu, ich wohne momentan bei der Beate, im Gästezimmer. Sobald ich eine Wohnung gefunden habe, hole ich die Kinder zu mir. Solange musst du dich um sie kümmern. Das ist ja kein Problem für dich, das hatten wir ja schon einmal. Ich melde mich, sobald